juris PraxisReporte

Anmerkung zu:BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 15.03.2024 - V ZR 115/22
Autor:Hans Christian Schwenker, RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Erscheinungsdatum:31.05.2024
Quelle:juris Logo
Normen:§ 894 BGB, § 873 BGB, § 925 BGB, § 117 BGB, § 125 BGB, § 139 BGB, § 1 SchwarzArbG 2004, § 370 AO 1977, § 134 BGB, § 138 BGB, § 59 GwG, § 16a GwG, § 311b BGB
Fundstelle:jurisPR-BGHZivilR 11/2024 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Markus Würdinger, Universität Passau
Zitiervorschlag:Schwenker, jurisPR-BGHZivilR 11/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

Keine Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages aufgrund einer Schwarzgeldabrede



Leitsatz

1. Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist (Bestätigung von Senat, Urt. v. 17.12.1965 - V ZR 115/63 - NJW 1966, 588, 589; Urt. v. 05.07.2002 - V ZR 229/01 - NJW-RR 2002, 1527).
2. Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 01.08.2013 - VII ZR 6/13 - BGHZ 198, 141; BGH, Urt. v. 10.04.2014 - VII ZR 241/13 - BGHZ 201, 1; BGH, Urt. v. 11.06.2015 - VII ZR 216/14 - BGHZ 206, 69; BGH, Urt. v. 16.03.2017 - VII ZR 197/16 - BGHZ 214, 228).



A.
Problemstellung
Nach der neueren Rechtsprechung des VII. Zivilsenats führen Verstöße gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Vertrags über Werk- oder Dienstleistungen (vgl. dazu: Geisler, jurisPR-BGHZivilR 17/2013 Anm. 1; Nassall, jurisPR-BGHZivilR 12/2014 Anm. 2). Der V. Zivilsenat hatte zu entscheiden, ob entsprechend eine Schwarzgeldabrede auch bei einem Grundstückskaufvertrag zur Nichtigkeit des Vertrags führt.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der Beklagte verkaufte der Klägerin eine Wohnung; in dem Vertrag erklärten die Parteien zugleich die Auflassung. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 120.000 Euro beurkundet. Tatsächlich vereinbart war ein Preis von 150.000 Euro. Den Differenzbetrag von 30.000 Euro hatte die Klägerin dem Beklagten bereits vor dem Beurkundungstermin in bar gezahlt. Nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von 120.000 Euro an den Beklagten wurde die Klägerin als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Nachdem der Beklagte gegenüber dem Finanzamt eine Selbstanzeige erstattet und das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den gesamten Kaufpreis festgesetzt hatte, führten die Parteien Gespräche über die Wirksamkeit des Kaufvertrags und dessen Rückabwicklung. Im Zuge dessen beantragte und bewilligte die Klägerin auf Verlangen und zugunsten des Beklagten die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch. Der Beklagte überwies daraufhin 120.000 Euro auf das Treuhandkonto eines Notars, der den Betrag an die Klägerin auszahlte, obwohl der Beklagte noch nicht wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden war.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs. Das Landgericht hat den Kaufvertrag als nichtig angesehen und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Beklagten verurteilt, der Löschung des Widerspruchs zuzustimmen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 894 BGB. Die Klägerin sei durch die Auflassung und Eintragung in das Grundbuch Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit geworden; der Beklagte habe die Eintragung des Widerspruchs zu Unrecht erwirkt. Zwar sei der beurkundete Kaufvertrag wegen der bewusst falschen Kaufpreisangabe nach § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft nichtig. Das verdeckte Rechtsgeschäft, der mündlich geschlossene Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 150.000 Euro, sei aber wirksam. Durch die Auflassung und Eintragung der Klägerin in das Grundbuch sei der Formmangel gemäß § 313b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden. Der Kaufvertrag verstoße nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB), da die mit der falschen Kaufpreisangabe einhergehende Hinterziehung von Grunderwerbsteuer nicht Hauptzweck des Vertrags gewesen sei. Vielmehr hätten die Parteien den vertraglich vereinbarten Leistungsaustausch ernstlich gewollt. Die Rechtsprechung des VII. Zivilsenates des BGH zu sog. „Ohne-Rechnung-Abreden“ bei Werkverträgen lasse sich auf Immobilienkaufverträge nicht übertragen.
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerfrei an, dass die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs verlangen kann, weil sie rechtswirksam Eigentümerin geworden und das Grundbuch somit in Bezug auf den eingetragenen Widerspruch unrichtig ist. Das Berufungsgericht leitet den Grundbuchberichtigungsanspruch der Klägerin zutreffend aus § 894 BGB ab. Gläubiger des aus dieser Norm folgenden Berichtigungsanspruchs ist zwar gewöhnlich der nicht eingetragene wahre Berechtigte, Schuldner der zu Unrecht eingetragene Buchberechtigte. Die Vorschrift gilt aber entsprechend für den eingetragenen wahren Berechtigten, der die Löschung eines Widerspruchs erreichen möchte, dessen Eintragung der vermeintliche Berechtigte (materiell) zu Unrecht erwirkt hat.
Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit und damit wahre Berechtigte i.S.v. § 894 BGB, denn sie hat mit der Auflassung und Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch gemäß den §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 BGB das Eigentum an der Einheit erworben. Anders läge es nur, wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung als dingliches Erfüllungsgeschäft erfasste. Bereits ersteres verneint das Berufungsgericht zu Recht. Der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam.
Der Kaufvertrag ist nicht formunwirksam. Zwar war der beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von 120.000 Euro nicht gewollt und als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, während der gewollte, lediglich mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von 150.000 Euro gemäß den §§ 117 Abs. 2, 311b Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der Formmangel wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung und die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt. Der Kaufvertrag ist nicht nach den §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises i.H.v. 30.000 Euro, nach § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags.
Die Schwarzgeldabrede führt aber nicht wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB unmittelbar zur Nichtigkeit des Kaufvertrages. Mangels abschließender Feststellungen ist für die Revisionsinstanz zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass die Unterverbriefung dazu diente, den Finanzbehörden einen geringeren Kaufpreis vorzuspiegeln, um hierdurch Steuern zu hinterziehen. Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung zwischenzeitlich ergangener Entscheidungen des VII. Zivilsenates des BGH zu Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - SchwarzArbG) fest. Diese zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidungen sind auf Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar. Nach der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats ist ein unter den Anwendungsbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fallender Vertrag ohne weiteres in seiner Gesamtheit nichtig, wenn darin Regelungen enthalten sind, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich aufgrund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. In subjektiver Hinsicht reicht es dafür aus, dass der Unternehmer vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit des Vertrags tritt dabei unabhängig von dem verfolgten Hauptzweck des Vertrags ein (BGH, Urt. v. 01.08.2013 - VII ZR 6/13 Rn. 12 ff.; BGH, Urt. v. 10.04.2014 - VII ZR 241/13 Rn. 12; BGH, Urt. v. 11.06.2015 - VII ZR 216/14 Rn. 10; BGH, Urt. v. 16.03.2017 - VII ZR 197/16 Rn. 18). Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar. Das Verbotsgesetz, gegen das durch eine solche Abrede verstoßen wird, hat eine andere Zielrichtung. Die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG a.F. (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbG n.F.) verbietet unmittelbar den Abschluss von Verträgen, die auf die Nichterfüllung steuerlicher Pflichten gerichtet sind. Dies beruht darauf, dass das Ziel des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 1 SchwarzArbG die Bekämpfung von Schwarzarbeit ist. Zur Erreichung dieses Zwecks will das Gesetz nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung und des redlichen Wettbewerbs den zugrunde liegenden Rechtsgeschäften ihre rechtliche Wirkung nehmen. Nur so kann der Leistungsaustausch zwischen den Vertragspartnern schlechthin unterbunden werden. Eine entsprechende Regelung existiert für Schwarzgeldabreden beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags nicht. Eine solche Abrede kann zwar, wenn sie mit der Absicht getroffen wird, Steuern zu hinterziehen, gegen § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verstoßen. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. Der Schutzzweck dieser Norm liegt aber – anders als beim Verbot der Schwarzarbeit – nicht (auch) in dem Schutz des redlichen Wettbewerbs, etwa dem Schutz anderer Kaufinteressenten, sondern allein in der Sicherung des staatlichen Steueraufkommens. Dieser Zweck erfordert es nicht, dem Grundstücksgeschäft selbst die Wirksamkeit zu versagen. Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu Zweck und Zielrichtung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes.
Allerdings hat die Vereinbarung der Falschangabe des Kaufpreises zum Zwecke einer nachfolgenden Steuerhinterziehung rechtlich etwas Anstößiges. Sie schlägt aber auf den gesamten Vertrag nur durch und lässt diesen selbst nur dann als rechtlich anstößig erscheinen, wenn die verbotene Steuerhinterziehung den von den Parteien beabsichtigten Hauptzweck des Vertrags bildet. Nur dann widerspricht das gesamte Rechtsgeschäft den der Rechtsordnung selbst innewohnenden rechtsethischen Werten und Prinzipien und ist wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Ist der Leistungsaustausch – Grundstückseigentum gegen Kaufpreis – ernstlich gewollt und die Steuerhinterziehung nur Nebenzweck, besteht nach der Zielrichtung des § 370 AO über die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung, so sie denn tatsächlich erfolgt, und die Beitreibung der hinterzogenen Steuern hinaus kein Grund dafür, dem Grundstücksgeschäft selbst die Wirksamkeit zu versagen. An der somit fortgeltenden Senatsrechtsprechung gemessen ist der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag nicht nach den §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lag der Hauptzweck des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags nicht in der Hinterziehung von Steuern begründet. Stattdessen war der Leistungsaustausch von den Parteien durch die Begründung rechtsverbindlicher Verpflichtungen ernstlich gewollt und wurde sodann auch vollzogen. Während dem Beklagten durch die Unterverbriefung kein Steuervorteil entstanden ist, lag die Ersparnis bei der – erst durch den Erwerbsvorgang angefallenen – Grunderwerbsteuer für die Klägerin bei 1.500 Euro und trat damit ersichtlich hinter ihrem Erwerbsinteresse zurück.
Da die Schwarzgeldabrede schon nicht zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags führt, kann dahinstehen, ob sie darüber hinaus zur Nichtigkeit der Auflassung geführt hätte. Dies erscheint allerdings fraglich. Denn der Verstoß eines Rechtsgeschäfts gegen ein Verbotsgesetz oder gegen die guten Sitten führt, abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des § 138 Abs. 2 BGB, grundsätzlich nur zur Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts, nicht auch zur Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts. Anders liegt es nur, wenn das Verbotsgesetz gerade auch das Erfüllungsgeschäft verhindern will oder wenn der Verstoß gegen die guten Sitten auch im Erfüllungsgeschäft selbst liegt. Die Regelung in § 370 AO schützt indes (allein) den staatlichen Steueranspruch, d.h. das rechtzeitige und vollständige Steueraufkommen jeder einzelnen Steuerart; ihr Ziel ist es nicht, die – für sich genommen nicht anstößige – Übertragung von Grundeigentum zu verhindern.


C.
Kontext der Entscheidung
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass ein Grundstückskaufvertrag wirksam ist, auch wenn er falsche Angaben zum Kaufpreis enthält (wie etwa die Aufspaltung des Gesamtaufwandes in einen Kaufpreis und einen angeblichen Werklohnanspruch wegen tatsächlich nicht beabsichtigter Sanierungsarbeiten), wodurch die Finanzbehörden über die Besteuerungsgrundlagen getäuscht werden sollen. Die Absicht einer Steuerhinterziehung lässt einen Vertrag nur dann nichtig sein, wenn diese Absicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist. So verhält es sich bei fehlerhaften Angaben in einem Kaufvertrag über ein Grundstück nicht, sofern die Begründung der Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung zur Bezahlung des Kaufpreises ernstlich gewollt sind (BGH, Urt. v. 05.07.2002 - V ZR 229/01 m.w.N.). Die Heilung nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB beschränkt sich jedoch auf derartige Formmängel. Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass ein etwaiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt wäre, denn die Heilung nach dieser Vorschrift bezieht sich nur auf eine zunächst bestehende Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags. Andere Nichtigkeitsgründe, insbesondere die der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von der Vorschrift nicht erfasst (Rn. 10 des Besprechungsurteils). Dieses Ergebnis entspricht dem maßgeblichen Zweck des § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB, der in dem Gedanken der Erfüllung zu sehen ist. Einem (im Übrigen wirksam geschlossenen) Vertrag soll, nachdem die Verfügung erfolgt ist, allein wegen des Formmangels nicht weiterhin die Wirksamkeit versagt werden. Anerkanntermaßen erstreckt sich die Heilungswirkung daher nicht auf weitere Nichtigkeitsgründe, die dazu führen, dass die Rechtsordnung dem nunmehr formwirksamen Rechtsgeschäft die Wirksamkeit versagt, wie etwa die fehlende Geschäftsfähigkeit, Verstöße gegen die §§ 134, 138 BGB oder das Fehlen erforderlicher Genehmigungen. Ebenso wenig soll § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB bewirken, dass ein Vertrag entsteht, wenn die hierfür nach allgemeinem Vertragsrecht erforderlichen Voraussetzungen fehlen (BGH, Urt. v. 13.05.2016 - V ZR 265/14 Rn. 30 m.w.N.).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 Geldwäschegesetz (GwG) kann bei Rechtsgeschäften, die auf den Kauf oder Tausch von inländischen Immobilien gerichtet sind, eine geschuldete Gegenleistung nur mittels anderer Mittel als Bargeld, Kryptowerten, Gold, Platin oder Edelsteinen bewirkt werden. Zwar hatte es im entschiedenen Fall für sich genommen keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages, dass der nicht beurkundete Kaufpreisanteil in bar gezahlt wurde. Das Barzahlungsverbot des § 16a Abs. 1 Satz 1 GwG findet auf einen – wie hier – vor dem 01.04.2023 geschlossenen Vertrag keine Anwendung (§ 59 Abs. 11 GwG). Der Senat hält jedoch den Hinweis eines obiter dictums für würdig, es könne dahinstehen, ob sich aus dem Barzahlungsverbot des § 16a Abs. 1 Satz 1 GwG etwas anderes ergeben könnte (Rn. 12 des Besprechungsurteils). Dies deutet darauf hin, dass bei nach dem 01.04.2023 geschlossenen Kaufverträgen über inländische Immobilien Verstöße gegen das Barzahlungsgebot zur Unwirksamkeit des Kaufvertrages führen können, so dass eine Heilung nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr möglich wäre.



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