Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Ein Insolvenzverwalter klagt gegen einen Kommanditisten auf Zahlung in Höhe von 29.000 Euro an die Masse aus offener Kommanditeinlage.
Das OLG München hatte als Vorinstanz der Klage stattgegeben. Der Kläger habe nachgewiesen, dass die vorhandene Masse nicht zur Vollbefriedigung aller Gläubiger ausreiche. Der Beklagte habe andererseits nicht dargelegt, dass seine Inanspruchnahme auf die Resteinlage hierfür nicht erforderlich sei.
Der BGH führt hierzu aus, dass die Darlegung der Forderungen durch den Kläger zu Recht als hinreichend angesehen wurde. Entgegen den Bedenken des Oberlandesgerichts könne der Beklagte nicht einwenden, dass er als Kommanditist keine Informationsrechte habe geltend machen können. So könne auch eine vom klagenden Insolvenzverwalter selbst gefertigte Aufstellung der Insolvenzforderungen („Eigen-Tabelle“) genügen, solange die Individualisierbarkeit der Forderungen gegeben sei. Schlagwortartige Bezeichnungen könnten dazu genügen. Der Beklagte hätte substantiiert bestreiten müssen. Der Einwand einer fehlenden Einwirkungsmöglichkeit auf die Komplementärin spiele keine Rolle. Die notwendigen Informationen hätte der Beklagte von der Schuldnerin bzw. vom Insolvenzverwalter einfordern oder alternativ um Akteneinsicht ersuchen können, § 166 Abs. 1 HGB, § 4 InsO i.V.m. § 299 Abs. 2 ZPO.
Die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle müsse der Beklagte nun gegen sich gelten lassen, nachdem die geltend gemachten Forderungen bekannt waren und er nicht als Kommanditist auf einen Widerspruch des Verwalters hingewirkt hat, §§ 129 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB (BGH, Urt. v. 20.02.2018 - II ZR 272/16 Rn. 34 - BGHZ 217, 327). Dies gelte auch für persönliche Forderungen von Absonderungsgläubigern, soweit sie für den Ausfall festgestellt wurden. Materiell sei diesbezüglich ein zu erwartender Erlös für das Absonderungsgut sehr wohl zu berücksichtigen. Insoweit trage (nur) die Hilfserwägung der Vorinstanz, dass selbst unter Berücksichtigung des noch zu erwartenden Erlöses die Forderungen der Gläubiger die Masse übersteigen. Entgegen dem Einwand des Beklagten seien im Übrigen auch nachrangige Forderungen zu berücksichtigen, wenn wie hier zur Anmeldung derselben aufgefordert worden sei (worauf es im vorliegenden Fall aber nicht ankomme). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stünde dem Beklagten der Einwand zu, dass seine Zahlung womöglich nicht erforderlich sei, wenn die Befriedigung der Gläubiger bereits durch die Zahlungen von Seiten anderer Gesellschafter sichergestellt sei, §§ 422 Abs. 1 Satz 1, 362 Abs. 1 BGB. Zwar trage für diesen Umstand der beklagte Kommanditist die Beweislast, der Insolvenzverwalter müsse aber die bedeutsamen Verhältnisse darlegen, soweit er dazu im Stande ist. Es obliege daher dem Insolvenzverwalter, über die Zahlungen anderer Gesellschafter ebenso Auskunft zu geben wie über die Gläubigerforderungen und die zur Verfügung stehende Insolvenzmasse.
Das Oberlandesgericht müsse daher den Einwand des Beklagten prüfen, ob tatsächlich die Masse zur Deckung deshalb nicht ausreiche, weil der Insolvenzverwalter Verbindlichkeiten der Masse beglichen habe für welche ein Kommanditist nicht hafte. Die Zahlungen der Gesellschafter und die Verbindlichkeiten für welche eine Haftung derselben bestehe, seien gegenüberzustellen. Der inzwischen geleistete Sachvortrag zu diesen Punkten könne im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden, weshalb die Sache zur Entscheidung zurückverwiesen wird. Der BGH gibt noch dahingehend Hinweise, dass die Feststellungs- und Verwertungskostenpauschalen nach § 170 Abs. 1 Satz 1 InsO bei der Berechnung der Masse zu berücksichtigen sind und dass Prognosen für erst künftige Erlöse zulässig sind.
Kontext der Entscheidung
Mit seinem Urteil äußert sich der BGH zu der bislang offenen Frage, ob ein Kommanditist auch für Massekosten haftet. Die Hinweise, dass nachrangige Insolvenzforderungen bei der Gegenüberstellung von Masse und Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind und dass persönliche Forderungen von Absonderungsgläubigern (nur) relevant sind, soweit sie nicht durch Verwertung des Sicherungsgutes befriedigt werden, definieren die Prüfungspunkte zur Kommanditistenhaftung.
Darüber hinaus gibt der BGH weitere Aufklärung zu der stets prozessrelevanten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast und dabei vor allem zu den Anforderungen an das Bestreiten der Gläubigerforderungen durch den Kommanditisten.