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Anmerkung zu:OVG Lüneburg 7. Senat, Urteil vom 28.06.2022 - 7 KS 63/21
Autor:Anja Prange, RA'in und Syndikusanwältin
Erscheinungsdatum:03.11.2022
Quelle:juris Logo
Normen:§ 15a EnWG 2005, § 4 UmwRG, § 19 UVPG, § 43a EnWG 2005, Art 20 GG, PlanSiG, § 1 PlanSiG, § 5 PlanSiG, § 73 VwVfG
Fundstelle:jurisPR-ÖffBauR 11/2022 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Johannes Handschumacher, RA und FA für Bau- und Architektenrecht
Zitiervorschlag:Prange, jurisPR-ÖffBauR 11/2022 Anm. 1 Zitiervorschlag

Zulässigkeit und Anforderungen einer Online-Konsultation nach § 5 PlanSiG



Leitsätze

1. § 5 PlanSiG sieht nicht vor, dass eine Online-Konsultation im textlichen Verfahren nur dann in Betracht kommt, wenn eine Telefon- oder Videokonferenz nicht oder nur unter unzumutbaren Voraussetzungen möglich ist.
2. Es begegnet auch mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 GG keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Online-Konsultation die Möglichkeit zur (nur) einmaligen Gegenreaktion auf die Reaktion des Vorhabenträgers zu einer Stellungnahme oder Einwendung eröffnet hat und anders als in einem Erörterungstermin ein mehrfacher Austausch der wechselseitigen Positionen daher regelmäßig nicht besteht.
3. Die Bestimmung der Länge nach § 5 Abs. 4 Satz 2 PlanSiG zu setzenden Äußerungsfrist steht im Ermessen der Anhörungsbehörde. Diese handelt grundsätzlich jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie sich an den Zweiwochenfristen gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG oder § 73 Abs. 8 VwVfG orientiert.
4. Der Netzentwicklungsplan Gas (vgl. § 15a EnWG) entfaltet zwar keine gesetzliche Verbindlichkeit für die Planfeststellungsbehörde; als für den Netzbetreiber verbindlicher energiewirtschaftlicher Bedarfsplan ist er von der Planfeststellungsbehörde allerdings im Rahmen einer anzustellenden Prognose zu berücksichtigen.



A.
Problemstellung
In dem Urteil setzt sich das Oberverwaltungsgericht mit der in § 5 des Planungssicherstellungsgesetzes (PlanSiG) geregelten sogenannten Online-Konsultation auseinander und beschäftigt sich zum einen mit der Frage, wann eine solche Online-Konsultation anstelle eines unter anderem in den Fachplanungsgesetzen vorgesehenen Erörterungstermins zulässig ist. Zum anderen zeigt das Gericht die rechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung dieser besonderen Verfahrensoption und die insoweit für die zu entscheidende Behörde bestehenden Ermessensgrenzen auf. Insoweit beschäftigt sich das Gericht mit der Länge der vorzusehenden Äußerungsfrist für die Beteiligten sowie der Frage, ob im Zuge einer Online-Konsultation ein mehrmaliger Austausch von Stellungahme und Gegenstellungnahme erforderlich ist.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Gegenstand der Entscheidung ist die Klage einer Eigentümerin eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Neubau des Abschnittes ETL 178.100/200 der Erdgastransportleitung ETL 178 von Walle (nordwestlich von Braunschweig) zu dem auf dem Werksgelände des Beigeladenen gelegenen Kraftwerk. Die planfestgestellte Trasse führt unter anderem über die Flächen der Klägerin. Die erste Auslegung der Unterlagen erfolgte im Zeitraum vom 16.03.2020 bis zum 16.04.2020, mithin in der Frühphase der Corona-Pandemie. Die Auslegung wurde noch einmal vom 25.05.2020 bis zum 25.06.2020 wiederholt. Anstelle eines Erörterungstermins führte die Planfeststellungsbehörde im Anschluss eine Online-Konsultation gemäß § 5 PlanSiG durch. Hierüber informierte sie mit Schreiben vom 26.08.2020 die Teilnahmeberechtigten, teilte einen Link mit, unter dem die auch für einen Erörterungstermin zur Verfügung zu stellenden Unterlagen abrufbar waren und gab Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 21.09.2020. Hiervon machte die Klägerin mit Schreiben vom 21.09.2020 Gebrauch.
Neben materiellen Mängeln, unter anderem der fehlenden Planrechtfertigung, einer fehlerhaften Abschnittsbildung, einem unzulässigen Verzicht auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens und der nicht ausreichenden Berücksichtigung der land- und forstwirtschaftliche Belange, hat die Klägerin vor allem Verfahrensfehler hinsichtlich der Auslegung der Unterlagen und bezogen auf die durchgeführte Online-Konsultation nach § 5 PlanSiG geltend gemacht und aufgrund dessen die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit beantragt. Das OVG Lüneburg hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichtes lagen keine Verfahrensfehler vor, auf die sich die Klägerin nach § 4 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 UmwRG mit Erfolg hätte berufen können. Insbesondere sei weder die Auslegung der Unterlagen noch die durchgeführte Online-Konsultation nach dem PlanSiG anstelle eines Erörterungstermins verfahrensfehlerhaft erfolgt.
Dass das Antragsschreiben auf Einleitung des Planfeststellungsverfahrens nicht Teil der Auslegungsunterlagen war, stellte nach Ansicht des Gerichts keinen Verfahrensfehler dar. Eine Pflicht zur Auslegung des Antragschreibens ergebe sich weder aus § 19 UVPG noch aus dem Fachplanungsrecht (§ 43a EnWG) i.V.m. § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, da das förmliche Antragschreiben keine Planunterlage darstelle.
Entgegen der Auffassung der Grundstückseigentümerin sei die Auslegung der Unterlagen auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie in der Anfangs-/Frühphase der Corona-Pandemie stattgefunden habe und ausgelegte Unterlagen aus diesem Grunde nicht oder nicht hinreichend zugänglich gewesen wären, da die Auslegung jedenfalls in der Zeit vom 25.05.2020 bis zum 25.06.2020 noch einmal wiederholt wurde. Aufgrund der in diesem Zeitraum in Niedersachen wieder vorgesehenen Lockerungen für das öffentliche Leben und da von Seiten der Klägerin keine konkreten Hindernisse im Verlaufe des Auslegungsverfahrens dargelegt wurden, sei insoweit kein Verfahrensfehler ersichtlich.
Ferner wiesen nach Ansicht des Gerichts weder die Entscheidung als solche, anstelle eines Erörterungstermins eine Online-Konsultation durchzuführen, noch das hierfür durchgeführte Verfahren Mängel auf. Zwar wäre die Durchführung eines Erörterungstermins ab Beginn des Anhörungsverfahrens nach der niedersächsischen Verordnungslage zur Corona-Pandemie durchgehend zulässig gewesen. Unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände, wonach gleichwohl physischer Kontakt weitgehend vermieden werden sollte und im Verfahren annähernd 200 Grundstückseigentümer betroffen waren, also der potenzielle Teilnehmerkreis eines physischen Erörterungstermins entsprechend groß gewesen wäre, seien keine Ermessensfehler erkennbar. Dies galt nach Einschätzung des Gerichts auch für den damit verbundenen Verzicht zur Durchführung einer Telefon- oder Videokonferenz. Auch wenn die Planfeststellungsbehörde diese Möglichkeit nach den vorliegenden Unterlagen nicht erwogen habe, sei ein solches unterbliebenes Erwägen jedoch unschädlich. Denn Voraussetzung für die Durchführung einer Telefon- oder Videokonferenz sei das Einverständnis aller zur Teilnahme an der Online-Konsultation Berechtigten. Da ein solches Einverständnis aus Eigeninitiative von keinem einzigen Teilnahmeberechtigten erklärt oder auch nur der Wunsch nach Durchführung einer Telefon- oder Videokonferenz geäußert worden war, sei die Planfeststellungsbehörde nicht gehalten gewesen, diese Verfahrensalternative näher in Betracht zu ziehen. Ein Rangverhältnis dergestalt, dass die Durchführung einer Online-Konsultation im „textlichen“ Verfahren nur in Betracht komme, wenn eine Telefon- oder Videokonferenz nicht oder nur unter nicht zumutbaren Voraussetzungen möglich wäre, sehe das PlanSiG zudem nicht vor.
Hinsichtlich der Durchführung der Online-Konsultation sei es außerdem nicht zu beanstanden gewesen, dass nur die Möglichkeit zur einmaligen Gegenreaktion auf die Reaktion des Vorhabenträgers zur Einwendung anstelle der im Erörterungstermin grundsätzlich bestehenden Gelegenheit eines mehrfachen Austausches der wechselseitigen Positionen, bestanden habe. Dies begegne auch mit Blick auf den von Art. 20 Abs. 3 GG umfassten Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren keinen Bedenken. Auch die zur Gegenstellungnahme gesetzte Frist – im Falle der Klägerin – mit gut drei Wochen sei ausreichend bemessen gewesen. Die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Orientierung an der zweiwöchigen Frist nach § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei sachgerecht gewesen. Auch § 73 Abs. 8 VwVfG sehe für den Fall der Änderung eines bereits ausgelegten Planes eine Einwendungsfrist von lediglich zwei Wochen vor. Zudem hätte sich die Klägerin im Falle auch eines normalen Erörterungstermins nur „aus dem Stand“ und insbesondere ohne vorherige Kenntnis der erhobenen Stellungnahmen/Einwendungen und Erwiderungen der Vorhabenträger äußern können.


C.
Kontext der Entscheidung
Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen von physischen Kontakten und der mangelnden Zugänglichkeit von Rathäusern für den Publikumsverkehr kam es zu praktischen Schwierigkeiten bei der Durchführung von Verwaltungsverfahren, da weder öffentliche Auslegungen der Unterlagen in physischer Form noch Erörterungstermine bzw. mündliche Verhandlungen als Präsenztermine durchführbar waren. Um die Durchführung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie besonderer Entscheidungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung auch unter den erschwerten Bedingungen während der Covid-19-Pandemie zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) erlassen. Mit dem Gesetz werden formwahrende Alternativen für Verfahrensschritte in Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie in besonderen Entscheidungsverfahren zur Verfügung gestellt, bei denen sonst die Verfahrensberechtigten zur Wahrnehmung ihrer Beteiligungsrechte physisch anwesend sein und sich zum Teil in großer Zahl zusammenfinden müssten (allgemein zum PlanSiG und seinen Möglichkeiten vgl. u.a. Wysk, NVwZ 2020, 905 ff.; Lohrum, UPR Sonderheft 2021, 413 ff.; Schulte, ZfB 2022, 87 ff.; Dammert/Brückner, EnWZ 2022, 111 ff.; speziell zum Bauleitplanverfahren: Arndt/Fischer/Heyn, NVwZ 2020, 910 ff.).
Unter anderem ermöglicht das PlanSiG im § 5 die insbesondere im Rahmen von Planfeststellungsverfahren vorgesehenen Erörterungstermine durch eine sog. Online-Konsultation oder eine Telefon- oder Videokonferenz zu ersetzen: Ist in Verfahren nach den in § 1 PlanSiG genannten Gesetzen die Durchführung eines Erörterungstermins oder einer mündlichen Verhandlung angeordnet, auf die nach den dafür geltenden Vorschriften nicht verzichtet werden kann, genügt nach § 5 Abs. 2 PlanSiG eine Online-Konsultation oder – sofern die Beteiligten zustimmten – eine Telefon- oder Videokonferenz nach § 5 Abs. 4 PlanSiG. Die Online-Konsultation sowie die Telefon- oder Videokonferenz ermöglichen es also, einen „Erörterungstermin“ bzw. „eine mündliche Verhandlung“ in nicht physischer Form durchzuführen (vgl. BT-Drs. 19/18965, S. 13), wobei Telefon- oder Videokonferenz dabei den klassischen Verfahrensschritten in Form von Präsenzterminen verfahrensrechtlich näherstehen. Demgegenüber setzt die Online-Konsultation an die Stelle des mündlichen Austauschs ein schriftliches Verfahren: Die Online-Konsultation ersetzt damit den mündlichen Austausch durch wechselseitige Stellungnahmen und Gegenstellungnahmen zu dem zu erörternden Sachverhalt (vgl. BT-Drs. 19/18965, S. 14; OVG Lüneburg, Beschl. v. 23.09.2021 - 4 MB 32/21); nicht vorgesehen ist dabei ein schriftlicher Austausch in „Echtzeit“ zwischen Teilnahmeberechtigten und Vorhabenträger/Zulassungsbehörde (z.B. in Form eines Chatrooms).
Wie die Online-Konsultation durchzuführen ist, ist in Absatz 4 geregelt: Für die Online-Konsultation werden den zur Teilnahme Berechtigten zunächst die sonst im Erörterungstermin oder der mündlichen Verhandlung zu behandelnden Informationen zugänglich gemacht (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1 PlanSiG). Hierbei handelt es sich z.B. um die Stellungnahmen und Einwendungen, die den zur Teilnahme Berechtigten im Wortlaut oder in einer von der zuständigen Behörde für den Erörterungstermin in der dem jeweiligen Verfahren entsprechenden Weise zusammengefasst oder sonst aufbereiteten Fassung zur Verfügung gestellt werden sowie ggf. vorliegende Stellungnahmen des Vorhabenträgers hierzu (BT-Drs. 19/18965, S. 14).
Den zur Teilnahme Berechtigten ist zudem innerhalb einer vorher bekannt zu machenden angemessenen Frist Gelegenheit zu geben, sich schriftlich oder elektronisch zu diesen Unterlagen zu äußern (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 2 PlanSiG). Wie auch vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg ausgeführt, enthält § 5 Abs. 4 Satz 2 PlanSiG allerdings keine konkrete Vorgabe für die Länge der im Rahmen der Online-Konsultation den zu Beteiligenden zu setzende Frist für die Gegenstellungnahme. Die Bestimmung der Länge der Frist ist vielmehr in das Ermessen der jeweiligen verfahrensführenden Behörde gestellt. Gesetzlich gefordert ist lediglich eine „angemessene“ Äußerungsfrist. Die Gesetzesbegründung enthält zu der Frage, welche Äußerungsfrist im Einzelfall noch als angemessen anzusehen ist, ebenfalls keine näheren Angaben (vgl. BT-Drs. 19/18965, S. 13 f.). In der Literatur wird hierzu darauf hingewiesen, dass die Länge der Äußerungsfrist im Einzelfall maßgeblich unter Berücksichtigung des Umfangs der in der Online-Konsultation zur Verfügung gestellten Informationen zu bemessen sei (Schulte, ZfB 2022, 87, 92). Nach Ansicht des OVG Lüneburg ist grundsätzlich jedenfalls dann von einer ermessensfehlerfreien Fristsetzung auszugehen, wenn diese sich an den Zweiwochenfristen gemäß § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG oder § 73 Abs. 8 VwVfG orientiere (so auch: Schulte, ZfB 2022, 87, 92; ebenfalls eine gut zwei Wochen umfassende Frist als ausreichend ansehend: OVG Schleswig, Beschl. v. 23.09.2021 - 4 MB 32/21; für eine vier Wochen Frist plädierend: Dammert/Brückner, EnWZ 2022, 111, 112). Dies ist auch vor dem Hintergrund als ausreichend anzusehen, da es zum einen „nur“ um eine Gegenstellungnahme geht; die Planfeststellungs-/Genehmigungsunterlagen und die Betroffenheiten also alle bereits bekannt sind und zum anderen auch im Rahmen eines Erörterungstermins keine längeren Vorbereitungs- und Bedenkzeiten bestehen.
Zutreffend ist mit dem OVG Lüneburg zudem davon auszugehen, dass es im Rahmen der Online-Konsultation ausreichend ist, wenn den Beteiligten nur die Möglichkeit zur einmaligen Gegenreaktion auf die Erwiderung des Vorhabenträgers gegeben wird (so auch: Schulte, ZfB 2022, 87, 92; Dammert/Brückner, EnWZ 2022, 111, 1123; a.A.: Wysk, NVwZ 2020, 905, 909). Zum einen fordert der Gesetzeswortlaut selbst nur, dass den Teilnahmeberechtigten eine Äußerungsmöglichkeit gegeben wird; auch der Gesetzesbegründung ist nichts anderes zu entnehmen (vgl. BT-Drs. 19/18965, S. 14). Im Gegenteil: Die Gesetzesbegründung spricht nur von „Stellungnahme“ und „Gegenstellungnahme“ und nicht mehrmaligem Austausch („Die Online-Konsultation ersetzt den mündlichen Austausch durch Stellungnahme und Gegenstellungnahme zu dem zu erörternden Sachverhalt“). Ein mehrmaliger Austausch ist gesetzlich also nicht vorgesehen. Auch wenn dies in gewisser Weise hinter den Möglichkeiten im Rahmen eines Erörterungstermins bzw. einer mündlichen Verhandlung zurückbleibt, da hierdurch keine Diskussion mit mehrmaligem Austausch ermöglicht wird, gleichen sich die Vor- und Nachteile eines Erörterungstermins bzw. einer mündlichen Verhandlung im klassischen Sinne gegenüber einer Online-Konsultation im Ergebnis aus: Denn im Rahmen der Online-Konsultation wird den Beteiligten die Möglichkeit einer längeren Vorbereitungszeit zur Erstellung der Gegenreaktion mit ggf. gutachterlicher Unterstützung gegeben. Dies kann sogar dazu führen, dass bei dieser Form der Beteiligung (Erhebung von Einwendung, Erwiderung des Vorhabenträgers und Gegenreaktionsmöglichkeit der Beteiligten), Argumente und Belange umfassender und fachlich tiefgehender ausgetauscht werden als bei Austauschterminen in physischer oder digitaler Form, die live durchgeführt werden. Auch aus diesem Grund erfordert die Online-Konsultation keinen mehrmaligen schriftlichen Austausch.
Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen – je nach Sachverhaltslage – die Befriedungsfunktion von Erörterungsterminen bzw. mündlichen Verhandlungen (vgl. u.a. BVerwG, Urt. v. 26.06.2019 - 4 A 5/18; BVerwG, Urt. v. 12.04.2018 - 3 A 10/15) durch einen unmittelbaren Austausch in Form eines Dialogs besser erreicht werden kann als durch ein schriftliches Verfahren. Aufgrund dessen sollte zukünftig zugunsten auch der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren das Institut der Video- oder Telefonkonferenz gestärkt werden, in dem diese auch ohne Einverständnis der Beteiligten durchgeführt werden können.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Der zunächst als Übergangsregelung zur Bewältigung der pandemiebedingten Einschränkungen begonnene Weg zur Digitalisierung von Verfahrensschritten durch das PlanSiG hat sich in der Praxis derart bewährt, dass aufgrund der damit verbundenen Beschleunigungspotenziale nahezu einstimmig eine Verstetigung des Gesetzes bzw. eine Transformation des bisherigen Verfahrensrechts gefordert wird. Die Anwendung der Instrumente des PlanSiG hat sich in der Regel nicht nur positiv auf die Verfahrensdauer wie auch die Zugangs- und Teilhabemöglichkeiten für Verfahrensbeteiligte ausgewirkt, sondern insbesondere zu einer höheren Verfahrens- und Ergebnisakzeptanz geführt. Gerade die digitale Veröffentlichung von Unterlagen ermöglicht neben einer zeitlich uneingeschränkten Verfügbarkeit (24/7 – keine Beschränkung auf Öffnungszeiten von Rathäusern), der für viele Beteiligte niedrigschwelligeren Zugangsmöglichkeit und den besseren Möglichkeiten zur Auffindbarkeit von Informationen (z.B. Suchfunktion in digitalen Unterlagen), eine Verbesserung und Erleichterung von Beteiligungen. Gleichzeitig ist die Digitalisierung geeignet, Aufwände (Zeit und Kosten) auf Seiten von Vorhabenträgern und Behörden zu reduzieren. Dementsprechend ist auch im Koalitionsvertrag 2021-2025 (S. 10) ausgeführt, dass die „Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen“ „priorisiert“ umgesetzt und die „digitalen Möglichkeiten des Planungssicherstellungsgesetzes“ „nahtlos“ fortgesetzt „und insbesondere im Hinblick auf die Bürgerbeteiligung“ weiterentwickelt werden sollen.



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