Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin ist eine GmbH, die sich mit Immobilienverwaltung befasst. An ihr war bis zum 04.11.2015 die natürliche Person F mit 47,62% beteiligt; zum 05.11.2015 übertrug F seine Beteiligung auf A. Im Übrigen (52,38%) war die EB GmbH mehrheitlich beteiligt. Alleinige Gesellschafterin der EB GmbH war die F GmbH & Co. KG (F-KG). Diese hielt darüber hinaus die Anteile an der A GmbH. Im Streitjahr (2015) vermietete die Klägerin Gebäudeflächen mit insgesamt 1.740 qm an die A GmbH, welche die Flächen wiederum an die F-KG vermietete. Diese Flächen wurden von der F-KG für die Geschäftsführung sowie für zentrale Verwaltungseinheiten genutzt. Die Klägerin machte hinsichtlich der Vermietung der Flächen die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geltend. Bei einer Betriebsprüfung kam der Prüfer zu der Ansicht, dass zwischen der Klägerin und der F-KG ein Betriebsaufspaltungsverhältnis vorgelegen habe, so dass die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nicht gegeben seien. Das FA schloss sich dem an und erließ einen entsprechend geänderten Gewerbesteuer-Messbescheid 2015. Das FG gab der mit Zustimmung des FA erhobenen Sprungklage statt und gewährte die erweiterte Kürzung. Die Revision des FA hatte keinen Erfolg.
Der BFH verwies eingangs auf die gesetzlichen Grundlagen. Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG können Unternehmen, die ausschließlich Grundbesitz verwalten oder daneben – hier nicht einschlägige – unschädliche Tätigkeiten ausüben, auf Antrag den Gewerbeertrag insoweit kürzen, als er auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Die Vorschrift soll verhindern, dass Einkünfte, die eigentlich aus Vermögensverwaltung stammen, nur deshalb gewerbesteuerlich erfasst werden, weil das Unternehmen aufgrund seiner Rechtsform nur gewerbliche Einkünfte erzielen kann, so wie dies bei einer GmbH der Fall ist (BFH, Beschl. v. 25.09.2018 - GrS 2/16 - BStBl II 2019, 262, Anm. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 21/2019 Anm. 1). Deshalb ist die Gewährung der erweiterten Kürzung nicht gerechtfertigt, wenn das Grundstücksunternehmen originäre Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, wie z.B. bei einer Betriebsaufspaltung (BFH, Urt. v. 20.5.2021 - IV R 31/19 - BStBl II 2021, 768, Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 42/2021 Anm. 2). Im „Normalfall“ einer Betriebsaufspaltung vermietet eine Personengesellschaft (Besitzgesellschaft) wesentliche Betriebsgrundlagen an eine Kapitalgesellschaft (Betriebsgesellschaft). Aufgrund einer sachlichen und personellen Verflechtung der beiden Gesellschaften schlägt die Gewerblichkeit der Betriebsgesellschaft auf die Vermietung durch die Besitzgesellschaft durch. Die personelle Verflechtung beruht darauf, dass die Besitzgesellschaft die Betriebsgesellschaft beherrscht. Aufgrund dieser Beherrschung nimmt das Besitzunternehmen über das Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil (grundlegend BFH, Beschl. v. 08.11.1971 - GrS 2/71 - BStBl II 1972, 63).
Im Streitfall war die Besitzgesellschaft eine Kapitalgesellschaft, Betriebsunternehmen war eine Personengesellschaft. In einem derartigen Fall ist erforderlich, dass die Kapitalgesellschaft selbst ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann; ein Rückgriff auf die Anteilseigner ist nicht zulässig (BFH, Urt. v. 16.09.1994 - III R 45/92 - BStBl II 1995, 75). Die Besonderheit des Streitfalls lag darin, dass nicht das Besitzunternehmen am Betriebsunternehmen beteiligt war, sondern das Betriebsunternehmen (mittelbar) am Besitzunternehmen (sog. umgekehrte Betriebsaufspaltung). Die Klägerin als Besitzgesellschaft konnte somit die F-KG als Betriebsgesellschaft nicht beherrschen. Es lag keine personelle Verflechtung und kein Betriebsaufspaltungsverhältnis vor, so dass auch originäre gewerbliche Einkünfte zu verneinen waren. Der Umstand, dass die Mehrheitsanteilseignerin der Klägerin die EB GmbH war, die von der F-KG beherrscht wurde, musste wegen des Prinzips der Trennung der Kapitalgesellschaft von ihren Gesellschaftern außer Betracht bleiben (Durchgriffsverbot).
Die umgekehrte Betriebsaufspaltung war im Recht der Investitionszulagen von Bedeutung, bei der u.a. darauf abzustellen war, ob begünstigte Wirtschaftsgüter bestimmte Zugehörigkeits-, Verbleibens- und Nutzungsvoraussetzungen erfüllten (vgl. zuletzt § 2 Abs. 1 Nr. 2 InvZulG 2010). Wurden Wirtschaftsgüter im Rahmen einer umgekehrten Betriebsaufspaltung vom investierenden Unternehmen einem anderen Unternehmen überlassen, so war dies unschädlich, auch wenn persönliche Bindungsvoraussetzungen beim nutzenden Unternehmen nicht erfüllt waren (BFH, Urt. v. 20.05.1988 - III R 86/83 - BStBl II 1988, 793). Es handelte sich hierbei eher um eine Billigkeitsrechtsprechung, die verhindern sollte, dass durch die Aufspaltung eines Betriebs auf zwei Rechtsträger Fördermöglichkeiten verloren gingen. Der BFH sah keinen Anlass, diese Rechtsprechung – steuerverschärfend – auf die Gewerbesteuer zu übertragen.
Der BFH grenzte sich darüber hinaus vom BFH-Urteil vom 16.09.2021 (IV R 7/18 - BStBl II 2022, 767, Anm. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 13/2022 Anm. 1) ab. In diesem Urteil hatte der BFH – unter Aufgabe seiner vorherigen Rechtsprechung – die personelle Verflechtung zwischen einer Besitzpersonengesellschaft und einer Betriebspersonengesellschaft in einem Fall bejaht, in dem die Gesellschafter der Besitzgesellschaft über eine zwischengeschaltete GmbH an der Betriebsgesellschaft mittelbar beteiligt waren. Zur Abgrenzung begnügte sich der BFH mit dem Hinweis, dass der Urteilsfall die für eine Besitzpersonengesellschaft begehrte erweiterte Kürzung betroffen habe, nicht aber den Fall einer Besitzkapitalgesellschaft.
Ganz kurz ging der BFH am Ende der Entscheidung darauf ein, dass auch § 9 Satz 5 Nr. 1 GewStG der erweiterten Kürzung nicht entgegenstand. Hiernach ist die Kürzung ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen dient. Der BFH bezog sich auf die Urteilsgründe des FG, das darauf hingewiesen hatte, dass die F-KG nicht Gesellschafterin der Klägerin war. Da die EB GmbH zwischengeschaltet war, war die Klägerin nicht Mitunternehmerin der F-KG.