News & Abstracts

Autoren:Dr. Peter Kersandt, RA und FA für Verwaltungsrecht,
Julia Debbert, LL.M., RA’in
Erscheinungsdatum:17.08.2023
Quelle:juris Logo
Normen:§ 1 BBodSchG, § 1 EBV, § 1 ErsatzbaustoffV, § 2 EBV, § 2 ErsatzbaustoffV, § 47 KrWG, § 3 KrWG, § 4 KrWG, § 5 KrWG, § 3 EBV, § 5 ErsatzbaustoffV, § 6 ErsatzbaustoffV, ErsatzbaustoffV, § 8 ErsatzbaustoffV, § 12 ErsatzbaustoffV, § 19 ErsatzbaustoffV, § 20 ErsatzbaustoffV, § 21 ErsatzbaustoffV, § 27 ErsatzbaustoffV, § 1 BBodSchV, § 2 BBodSchV, § 3 BBodSchV, § 4 BBodSchV, § 6 BBodSchV, § 7 BBodSchV, § 9 BBodSchV, § 18 BBodSchV, § 8 BBodSchV, § 28 BBodSchV, § 19 BBodSchV
Fundstelle:jurisPR-UmwR 8/2023 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Ferdinand Kuchler, RA
Dr. Martin Spieler, RA
Zitiervorschlag:Kersandt/Debbert, jurisPR-UmwR 8/2023 Anm. 1 Zitiervorschlag

Zum Inkrafttreten der Mantelverordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung und zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung

A. Einleitung

Am 01.08.2023 trat die am 16.07.2021 im BGBl verkündete Verordnung zur Einführung einer Ersatzbaustoffverordnung, zur Neufassung der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung und zur Änderung der Deponieverordnung und der Gewerbeabfallverordnung1 (im Folgenden als „Mantelverordnung“ bezeichnet) in Kraft.

Hintergrund der Reform war, dass zuvor lange Zeit Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Anforderungen an die Verwertung mineralischer Abfälle bestand. Die bis zum Jahr 2005 maßgeblich herangezogene LAGA2-Mitteilung Nr. 20 war vom BVerwG in seinem „Tongruben“-Urteil II3 für mit dem Bodenschutzrecht unvereinbar erklärt worden. In diesem Zusammenhang führte das BVerwG aus, dass es sich bei technischen Regelwerken wie der LAGA M 20 lediglich um Empfehlungen eines sachverständigen Gremiums, nicht dagegen um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften handle, so dass der LAGA-Mitteilung keine rechtliche Verbindlichkeit zukomme.4 Mit dem Inkrafttreten der Mantelverordnung wurde nun eine mehr als 15 Jahre währende Diskussion vorläufig zum Abschluss gebracht.

Das Ziel der Mantelverordnung besteht insbesondere darin, rechtsverbindliche bundeseinheitliche Standards für eine optimale Verwertung mineralischer Abfälle zu schaffen. Zugleich ist eine untergesetzliche Konkretisierung der Vorgaben des § 1 BBodSchG hinsichtlich der nachhaltigen Sicherung und Wiederherstellung der Funktionen des Bodens bezweckt.5

Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wesentlichen Regelungsgehalte der Ersatzbaustoffverordnung sowie der novellierten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung.

B. Ersatzbaustoffverordnung

I. Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der Ersatzbaustoffverordnung (nachfolgend: EBV) ist in deren § 1 geregelt, wobei Absatz 1 positive Regelungen enthält und Absatz 2 Bereichsausnahmen regelt.

Ausweislich § 1 Abs. 1 Nr. 1 stellt die EBV Anforderungen an die Herstellung und das Inverkehrbringen mineralischer Ersatzbaustoffe i.S.d. § 2 Nr. 1 der Verordnung auf. Daneben werden die Voraussetzungen an den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in technische Bauwerke (§ 1 Abs. 1 Nr. 4) und Anforderungen an die getrennte Sammlung von mineralischen Abfällen aus technischen Bauwerken (§ 1 Abs. 1 Nr. 5) festgelegt.

Weiterhin enthält die EBV Anforderungen an die Probenahme und Untersuchung von nicht aufbereitetem Bodenmaterial und Baggergut, das ausgehoben oder abgeschoben werden soll (§ 1 Abs. 1 Nr. 2).

Schließlich werden die Voraussetzungen, unter denen die Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe insgesamt nicht zu schädlichen Umweltauswirkungen auf Mensch und Umwelt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 4 KrWG (Nebenprodukte) und § 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG (Abfallende) führt, festgelegt, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 5 EBV.

Demgegenüber gilt die EBV nicht für die in § 1 Abs. 2 genannten Materialien, insbesondere Bodenschätze, die in Trocken- oder Nassabgrabungen, Tagebauen oder Brüchen gewonnen werden (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1) sowie für hydraulisch gebundene Gemische einschließlich ihrer Ausgangs-, Zuschlags- und Zusatzstoffe im Geltungsbereich der Landesbauordnungen sowie im Bereich der Bundesverkehrswege mit Ausnahme der Einbauweisen 1, 3 und 5 der Anlage 2 (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 4). Daneben ist die Verwendung mineralischer Baustoffe an bestimmten Einbauorten vom Anwendungsbereich der EBV ausgenommen, vgl. näher § 1 Abs. 2 Nr. 2. Diese Ausnahmen dienen der Abgrenzung des Anwendungsbereichs der EBV vom Regelungsbereich anderer Vorschriften.

Hinsichtlich der Abgrenzung zum Anwendungsbereich der BBodSchV ist § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) und b) maßgeblich. Ausgenommen vom Anwendungsbereich der EBV sind die Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe auf oder in einer durchwurzelbaren Bodenschicht ungeachtet eines bestehenden Zusammenhanges mit einem technischen Bauwerk (Buchst. a)) sowie unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht mit Ausnahme technischer Bauwerke (Buchst. b)). Mithin ist die EBV in technischen Bauwerken unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht anwendbar; in den anderen Fällen gelangt die BBodSchV zur Anwendung.

Daneben unterliegen bspw. auch die (von der DepV erfasste) Verwendung als Deponieersatzbaustoffe, die Verwendung auf Halden oder in Absetzteichen des Bergbaus, in bergbaulichen Hohlräumen i.S.d. VersatzV, im Deichbau und in Gewässern nicht dem Anwendungsbereich der EBV. Ebenso wird die Zwischen- oder Umlagerung mineralischer Ersatzbaustoffe im Rahmen bestimmter, durch andere Rechtsvorschriften geregelter (Bau-)Maßnahmen nicht von der EBV erfasst, vgl. näher § 1 Abs. 2 Nr. 3.

II. Begriffsbestimmungen

Wichtige Begriffsbestimmungen finden sich in § 2 EBV. Dort sind insbesondere die Begriffe des mineralischen Ersatzbaustoffs und des technischen Bauwerks definiert.

Die EBV klassifiziert einen mineralischen Ersatzbaustoff i.S.v. § 2 Nr. 1 als mineralischen Baustoff, der als Abfall oder Nebenprodukt entweder in Aufbereitungsanlagen hergestellt oder bei Baumaßnahmen anfällt, unmittelbar oder nach der Aufbereitung für den Einbau in technische Bauwerke geeignet und bestimmt ist und unmittelbar oder nach der Aufbereitung unter die in der EBV aufgeführten § 2 Nr. 18 bis 33 bezeichneten Stoffe fällt.

Ein technisches Bauwerk i.S.v. § 2 Nr. 3 EBV ist jede mit dem Boden verbundene Anlage oder Einrichtung, die nach einer Einbauweise der Anlage 2 oder 3 errichtet wird. Weitere für die Anwendung der Verordnung zentrale Begriffe (Gemisch, Inverkehrbringen, Aufbereitungsanlage, Überwachungsstelle, Untersuchungsstelle, Materialwert, Materialklasse usw.) sind ebenfalls in § 2 definiert.

III. Auswirkungen auf die Abfalleigenschaft mineralischer Ersatzbaustoffe

Die Regelung des Endes der Abfalleigenschaft mineralischer Ersatzbaustoffe in der EBV wäre möglich gewesen, ist aber nicht erfolgt. Dies ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit bedauerlich, da die Einstufung der bspw. in einer Aufbereitungsanlage gelagerten Stoffe als Abfall diverse Pflichten des Anlagenbetreibers begründet (darunter die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht für Abfalllager) und die abfallrechtliche Überwachung nach Maßgabe der §§ 47 ff. KrWG eröffnet.

Die Einstufung als Abfall richtet sich nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG. Demnach sind Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss. Die EBV ändert daran zunächst nichts. Allerdings wirkt sich das Inkrafttreten der EBV auf die Abgrenzung zum Nebenprodukt nach § 4 KrWG und das Ende der Abfalleigenschaft nach § 5 KrWG aus.6

Von den in den §§ 4 und 5 KrWG geregelten Anforderungen ist im hier interessierenden Zusammenhang relevant, dass die Verwendung insgesamt nicht zu schädlichen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt führt. Zur Bewertung der Umweltauswirkungen hat die Rechtsprechung bislang auf untergesetzliche Regelwerke zurückgegriffen, die im Gegensatz zur EBV zwar nicht bindend, aber zur Konkretisierung der §§ 4 Abs. 1 Nr. 4 und 5 Abs. 1 Nr. 4 KrWG herangezogen worden sind. In zahlreichen Bundesländern richteten sich die umweltfachlichen Anforderungen nach der oben erwähnten LAGA M 20 sowie der TR Boden; teilweise existierten spezielle Regelungen, z.B. in Bayern der RC-Leitfaden oder in Brandenburg der Leitfaden „Qualitätssicherung für RC-Baustoffe“. Seit dem 01.08.2023 sind die umweltfachlichen Anforderungen in der EBV geregelt.

Die EBV regelt ausschließlich die umweltfachlichen Anforderungen an den jeweiligen Ersatzbaustoff (i.V.m. den Standardeinbauweisen). Des Weiteren müssen für den Eintritt des Endes der Abfalleigenschaft die zweckbezogenen technischen Anforderungen sowie die Vorschriften und Normen für Erzeugnisse („Produktrecht“), das heißt die Anforderungen an die bautechnische Eignung (Technische Lieferbedingungen usw.), erfüllt sein. Zudem müssen kumulativ auch die weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KrWG vorliegen, insbesondere muss das Material ein Verwertungsverfahren durchlaufen haben. Da jedoch ein Verwertungserfolg nicht eingetreten sein muss bzw. die Erzielung irgendeines Erfolgs, der über die bloße Beseitigung hinausgeht und diese vermeidet, genügt,7 kommt für das Abfallende von Bau- und Abbruchabfällen auch ein früherer Zeitpunkt als der des Einbaus in Betracht, nämlich die Aufbereitung (Sortieren, Zerkleinern, Sieben, Brechen) des Materials. Somit verlieren diese Abfälle die Abfalleigenschaft nicht erst mit dem Einbau, sondern bereits mit dem Abschluss der gütegesicherten Aufbereitung (mobil oder stationär) für den ordnungsgemäßen Einbau in technische Bauwerke.8

IV. Wesentliche rechtliche Instrumente

Die EBV enthält im Wesentlichen Bestimmungen zur Annahmekontrolle, Güteüberwachung und Beprobung mineralischer Ersatzbaustoffe.

In § 3 EBV sind die Modalitäten der durch den Betreiber einer Aufbereitungsanlage durchzuführenden Annahmekontrolle geregelt. Diese besteht aus einer Sichtkontrolle und Charakterisierung der angelieferten Stoffe, darunter Angaben zu Masse und Herkunftsbereich des Abfalls, zum Abfallschlüssel nach AVV sowie zur Zusammensetzung, Verschmutzung, Konsistenz etc. des Abfalls. Das Ergebnis ist zu dokumentieren. Den Abfallerzeuger oder -besitzer trifft in diesem Zusammenhang die Pflicht zur Vorlage wesentlicher vorhandener Untersuchungsergebnisse oder aus der Vorerkundung vorliegender Hinweise auf Schadstoffe, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 5 EBV.

Darüber hinaus besteht bei Verdachtsmomenten, die die Überschreitung bestimmter Materialwerte oder einen anderweitig erhöhten Schadstoffgehalt nahelegen, eine Verpflichtung zur Vornahme analytischer Untersuchungen, vgl. § 3 Abs. 2 EBV. Schließlich ist auf das für den Fall einer Überschreitung der Materialwerte oder Überwachungswerte bestehende Vermischungsverbot gemäß § 3 Abs. 3 EBV hinzuweisen.

Die Güteüberwachung ist in den §§ 5 ff. EBV geregelt; deren Komponenten sind der Eignungsnachweis (§ 5), die werkseigene Produktionskontrolle (§ 6) sowie die Fremdüberwachung (§ 7). Die §§ 8 ff. EBV enthalten nähere Maßgaben in Bezug auf die Beprobung im Rahmen der Güteüberwachung. Das Ergebnis der Güteüberwachung ist gemäß § 12 EBV zu dokumentieren. Dem Betreiber wird ein entsprechendes Prüfzeugnis erteilt, das ihn zum Inverkehrbringen mineralischer Ersatzbaustoffe berechtigt.9

In Abschnitt 4 (§§ 19 ff. EBV) sind die Anforderungen an den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe festgelegt. Voraussetzung eines Einbaus ist insbesondere, dass nachteilige Veränderungen der Grundwasserbeschaffenheit sowie schädliche Bodenveränderungen nicht zu besorgen sind, vgl. § 19 Abs. 1. Dies ist der Fall, wenn eine ordnungsgemäße Güteüberwachung durchgeführt wird und der Einbau in einer nach Maßgabe der Anlage 2 oder 3 zulässigen Einbauweise vorgenommen wird oder Bodenmaterial der Klasse 0 eingebaut wird, vgl. § 19 Abs. 2. § 19 Abs. 3 und 5 regelt den Einbau von Gemischen, die Absätze 6 und 7 den Einbau in bestimmten empfindlichen Gebieten. Besondere, restriktivere Maßgaben gelten in Bezug auf den Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe in Wasserschutz-, Heilquellenschutz- oder Überschwemmungsgebieten, vgl. § 19 Abs. 6 der EBV. § 19 Abs. 8 enthält Anforderungen an die Beschaffenheit der Grundwasserdeckschicht und Maßgaben dazu, wann diese als günstig oder ungünstig anzusehen ist.

V. Mitwirkung der zuständigen Behörde

§ 21 EBV regelt die Erforderlichkeit und den Umfang weiterer behördlicher Entscheidungen. So ist bei Einhaltung der Anforderungen der §§ 19, 20 ausweislich § 21 Abs. 1 EBV keine wasserrechtliche Erlaubnis erforderlich. Darüber hinaus wird der zuständigen Behörde in § 21 Abs. 2 die Möglichkeit eingeräumt, im Einzelfall andere Einbauweisen und die Verwertung von nicht durch die EBV geregelten Stoffe oder Materialklassen zuzulassen, wenn keine nachteiligen Veränderungen des Grundwassers oder schädliche Bodenveränderungen zu besorgen sind. Auch können bei natur- oder siedlungsbedingt höheren Belastungen im Grundwasser und geogen oder siedlungsbedingt erhöhten Hintergrundwerten im Boden höhere Materialwerte für Bodenmaterial zugelassen werden, vgl. § 21 Abs. 4, 5 EBV.

VI. Übergangsregelungen

In § 27 EBV finden sich Übergangsregelungen. Da die Güteüberwachung erst seit dem 01.08.2023 durchzuführen ist, erfordert das Inverkehrbringen mineralischer Ersatzbaustoffe durch Betreiber, deren Anlagen am 01.08.2023 bereits in Betrieb waren, nicht die Vorlage eines Prüfzeugnisses für einen bestandenen Eignungsnachweis, vgl. § 27 Abs. 2 EBV. Demgegenüber dürfte es in Ermangelung einer entsprechenden Regelung nicht zulässig sein, bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin Material mit dem Ziel des Einbaus in technische Bauwerke in Verkehr zu bringen, das gemäß den vor dem Inkrafttreten der EBV maßgeblichen Regelungen eingestuft wurde.10

Des Weiteren gelten Bestandsschutzregelungen hinsichtlich des Einbaus nicht aufbereiteten Bodenmaterials und nicht aufbereiteten Baggerguts in ein technisches Bauwerk für den Fall einer vor dem 16.07.2021 erteilten Zulassung, oder, bei Bestehen einer UVP-Pflicht, bei Einreichung der Unterlagen vor dem 16.07.2021, sofern jeweils Anforderungen an den Einbau festgelegt bzw. vorgesehen sind.

C. Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung

Im Rahmen der Mantelverordnung wurde zudem die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) neu gefasst. Damit war neben einer Erweiterung des Regelungsbereichs die Anpassung der BBodSchV an den derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse beabsichtigt.11

I. Anwendungsbereich

In § 1 BBodSchV ist deren Anwendungsbereich geregelt. Damit wird u.a. eine Abgrenzung zum Anwendungsbereich der EBV bezweckt.12

Ähnlich den entsprechenden Bestimmungen in der EBV enthält die Regelung des Anwendungsbereiches positive wie negative Elemente: Ausweislich § 1 Abs. 1 BBodSchV liegt der Schwerpunkt des Anwendungsbereichs in der Prävention (einschließlich Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in den Boden sowie Vorsorgewerte und zulässige Zusatzbelastungen, vgl. Nr. 1), der Untersuchung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten (Nr. 3), der Gefahrenabwehr bei Bodenerosion (Nr. 2) sowie der Vorerkundung, Probenahme und Analyse (Nr. 4).

In Ergänzung zu den Regelungen der EBV sieht § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchV vor, dass der Einbau mineralischer Ersatzbaustoffe nach Maßgabe der EBV nicht vom Anwendungsbereich der BBodSchV umfasst ist. Daneben bestehen, ebenfalls ähnlich den entsprechenden Regelungen der EBV, Bereichsausnahmen u.a. im Hinblick auf den Deichbau, Halden oder Absetzteiche des Bergbaus sowie bergbauliche Hohlräume gemäß der VersatzV.

II. Begriffsbestimmungen, wesentliche rechtliche Instrumente

In § 2 BBodSchV finden sich zentrale Begriffsbestimmungen, etwa der für den Anwendungsbereich der Verordnung zentrale Begriff der durchwurzelbaren Bodenschicht (Nr. 5).

§ 3 BBodSchV enthält Regelbeispiele dazu, unter welchen Voraussetzungen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu befürchten ist. § 4 BBodSchV legt an die nach § 7 Satz 1 BBodSchG Pflichtigen gerichtete Vorsorgenanforderungen fest, die die zuständige Behörde nach Maßgabe des § 4 Abs. 4 BBodSchV i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BBodSchG durchsetzen kann. Von besonderer Bedeutung sind die §§ 6-8 BBodSchV, die Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien in den Boden festlegen.

Insbesondere dürfen bei dem Auf- oder Einbringen von Materialien oder bei der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht gemäß § 6 Abs. 2 BBodSchV keine schädlichen Bodenveränderungen zu befürchten sein und es muss mindestens eine der Bodenfunktionen nach BBodSchG nachhaltig verbessert, gesichert oder wiederhergestellt werden. § 6 BBodSchV enthält außerdem Anforderungen hinsichtlich der Untersuchung und Behandlung des ein- oder aufzubringenden Materials.

§ 7 BBodSchV legt zusätzliche Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht fest. Dort finden sich spezifische Vorgaben in Bezug auf das zu verwendende Material und die zulässige Schadstoffbelastung. § 8 BBodSchV regelt zusätzliche Anforderungen an das Auf- oder Einbringen von Materialien unterhalb oder außerhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht sowohl in Bezug auf die Beschaffenheit des Materials als auch die Orte, an denen das Ein- oder Aufbringen zulässig ist.

Die §§ 9 ff. BBodSchV (Abschnitt 3) regeln die Abwehr und Sanierung schädlicher Bodenveränderungen und Altlasten.

In Abschnitt 4 (§§ 18 ff.) der BBodSchV finden sich Anforderungen an Vorerkundung, Probenahme und -analyse.

III. Länderöffnungsklausel, Bestandsschutzregelungen

§ 8 Abs. 8 BBodSchV enthält eine Öffnungsklausel, nach der die Länder auch andere als die in Absatz 1 genannten Materialien zur Verfüllung sowie die Überschreitung der Werte nach Anlage 1 Tabellen 4 und 5 zulassen können, wenn der Nachweis einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung erfolgt. Der Verordnungsgeber verfolgte damit das Ziel, die bestehende, von anderen Bundesländern abweichende Verfüllpraxis in Bayern nicht zu behindern.13 Vor diesem Hintergrund ist die BBodSchV so auszulegen und anzuwenden, dass von der Länderöffnungsklausel grundsätzlich in dem Umfang Gebrauch gemacht werden kann, wie dies der bisherigen Vollzugspraxis in Bayern auf der Grundlage des Leitfadens für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen entspricht.

Darüber hinaus enthält § 28 BBodSchV Bestandsschutzregelungen. Insbesondere sind nach Abs. 1 der Vorschrift die Anforderungen der BBodSchV bei Verfüllungen und Abgrabungen aufgrund von Zulassungen, die vor dem 16.07.2021 erteilt wurden und die Anforderungen an die auf- oder einzubringenden Materialien festlegen, erst ab dem 01.08.2031 einzuhalten. Hingegen regelt Absatz 2, dass die allgemeinen Anforderungen an die Probenahme nach § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BBodSchV ab dem 01.08.2028 einzuhalten sind.

D. Ausblick

Bei umfangreichen, komplexen Regelwerken wie der Ersatzbaustoffverordnung und der novellierten Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sind sachliche Fehler, Redaktionsversehen und Wertungswidersprüche, die sich als solche erst in der Vollzugspraxis herausstellen und ein erneutes Tätigwerden des Gesetzgebers erforderlich machen, vorprogrammiert. Bei der EBV hat sich sogar schon vor dem Inkrafttreten erheblicher Änderungsbedarf ergeben und im Ergebnis zu der Verordnung zur Änderung der Ersatzbaustoffverordnung und der Brennstoffwechsel-Gasmangellage-Verordnung vom 13.07.202314 geführt. Dabei wurde erneut die Gelegenheit verpasst, das Abfallende mineralischer Ersatzbaustoffe einer ausdrücklichen Regelung zuzuführen. Der Bundesrat hat insoweit und hinsichtlich zahlreicher weiterer Gesichtspunkte bereits erneute Anpassungen der Ersatzbaustoffverordnung angemahnt.15


Fußnoten


6)

Ausführlich zum Abfallende von Bodenaushub: Kersandt/Marschhäuser, Abfallende von mineralischen Abbruchabfällen und (Boden-)Aushub – ein Leitfaden für die Praxis, in: Thiel/E. Thomé-Kozmiensky et al., Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 9 – Aschen, Schlacken, Stäube und Baurestmassen, Neuruppin 2022, S. 110 ff., und zum Abfallende von mineralischen Bau- und Abbruchabfällen: Kersandt, Abfallende mineralischer Bau- und Abbruchabfälle – Was ändert sich durch die Ersatzbaustoffverordnung in der Praxis?, Vortrag auf der Fachtagung Abbruch des Deutschen Abbruchverbandes e. V., Berlin, 03.03.2023, zur Veröffentlichung vorgesehen.

7)

Instruktiv hierzu: BayVGH, Beschl. v. 17.02.2020 - 12 CS 19.2505 Rn. 44.

8)

So im Ergebnis auch Franßen, Die neue Ersatzbaustoffverordnung: Was noch klargestellt werden muss, um die EBV für die Kreislaufwirtschaft rechtssicher, praktikabel und zukunftsfest zu machen, in: Thiel/E. Thomé-Kozmiensky et al., Mineralische Nebenprodukte und Abfälle 9 – Aschen, Schlacken, Stäube und Baurestmassen, Neuruppin 2022, S. 55 (56 ff.).

9)

Näher zur Güteüberwachung Hahn, AbfallR 2022, 188, 195 ff. und 246, 246 ff.

10)

Vgl. Hahn, AbfallR 2022, 246, 255.

11)

BR-Drs. 494/21, S. 197.

12)

BR-Drs. 494/21, S. 197.

13)

BR-Drs. 494/21, S. 226.

14)

BGBl I Nr. 186.

15)

Beschluss des Bundesrates vom 07.07.2023, BR-Drs. 237/23.


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