LG Hamburg 12. Kammer für Handelssachen, Urteil vom
25.April 2024 , Az: 312 O 336/20
UWG § 3a , UWG § 5 Abs 1 S 2 Nr 1 aF , UWG § 8 Abs 1 , UWG § 8 Abs 3 Nr 2 , LFGB § 11 Abs 1 Nr 1 , EUV 1169/2011 Art 7 Abs 1 Buchst a , EUV 1169/2011 Art 7 Abs 4 Buchst b , MarkenG § 127 Abs 1 , MarkenG § 128 Abs 1 ,
Fundstellen
WRP 2024, 1008-1012 (ST)
Langtext
Tenor
1. Den Beklagten zu 1) und zu 2) wird es verboten, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre), im geschäftlichen Verkehr ein Bier, das nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg hergestellt und/oder abgefüllt wurde, auf Deutsch oder Englisch insbesondere im Internet zu bewerben unter Verwendung der Bezeichnungen „R.“ und „H.“ und „S.“, wenn dies geschieht, wie in Anlagenkonvolut B 2 ersichtlich.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte zu 1) zu 2/3 und der Beklagte zu 2) zu 1/3 zu tragen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche wegen der Kennzeichnung und Werbung für Bier.
Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen.
Die Beklagte zu 1) vertreibt weltweit Bier- und Softgetränke; der Beklagte zu 2) ist deren alleiniger Geschäftsführer.
Die Beklagte zu 1) verkaufte ihr Bier mit der Bezeichnung „R.“ unter Verwendung der Begriffe „H.“ und „S.“ und bewarb dieses u.a. im Internet unter Verwendung von folgendem Logo:
Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagenkonvolute A und B verwiesen.
Das abgefüllte Bier stammt aus der O. Brauerei aus M..
Der Kläger mahnte die Beklagten mit Schreiben vom 26.08.2020 ab (Anlage K 5). Die Beklagten lehnten zunächst die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab (Anlage K 6) und schlugen die Änderung der Abfüllhinweise vor, was vom Kläger abgelehnt wurde (Anlage K 7). Mit Schreiben vom 17.09.2020 gaben die Beklagten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich der Abfüllhinweise mit Geltung ab dem 01.12.2020 ab und wiesen die Ansprüche im Übrigen zurück (Anlage K 8).
Der Kläger ist der Meinung, ihm stünden Ansprüche nach § 3a UWG bzw. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1 a), Abs. 4 b) LMIV gegen die Beklagten zu. Hilfsweise werde der Unterlassungsanspruch auf §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG wegen irreführender Nutzung geografischer Herkunftsangaben gestützt.
Eine Irreführung über die betriebliche Herkunft des mit den angegriffenen Bezeichnungen versehenen Bieres liege vor, da der Verkehr die Bezeichnungen im Sinne einer Herkunftsangabe und nicht lediglich als (phantasie)namentliche Bezugnahme auf das Image von St. P., H. oder die R. verstehe. Da das streitgegenständliche Dosenbier aber unstreitig nicht in H. gebraut und abgefüllt werde, liege eine relevante Fehlvorstellung des Verkehrs und mithin eine irreführende Information über Lebensmittel vor.
Der Kläger meint, dass eine ausreichende Entlokalisierung nicht gegeben sei. Auf der mit dem Antrag 1 a) angegriffenen Produktgestaltung sei bereits kein entlokalisierender Hinweis zu finden. Soweit die Beklagten tatsächlich den Hinweis: „Gebraut und abgefüllt in M.“ auf die Rückseite des Produktetiketts aufgenommen hätten, werde dieser Hinweis den hohen Anforderungen an einen entlokalisierenden Hinweis keinesfalls gerecht, so dass auch der Unterlassungsantrag zu 3. begründet sei. Insbesondere seien die Erwägungen in Bezug auf Traditionsbiere wie W. oder O., die über jahrelange Brautradition an bestimmten Orten verfügten, nicht auf ein neues Bier wie „R.“ zu übertragen. Die vorbenannten Biersorten, die teils Gegenstand entsprechender Rechtsprechung seien, verfügten über einen beim Verkehr bekannten Herkunftsort, der aus unterschiedlichen Gründen zum Teil nach jahrelanger Brautradition aufgegeben worden sei. In solchen besonderen Konstellationen könne es sodann unter Umständen ausreichen, durch entlokalisierende Hinweise den Verkehr angemessen aufzuklären. Eine solche Konstellation sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Das Produkt der Beklagten verfüge über keinerlei Brautradition in H., die die Verwendung der verschiedenen Herkunftsangaben rechtfertigen könne. Die Beklagten könnten sich deswegen auch nicht darauf beschränken, lediglich durch etwaige versteckte Hinweise auf einen anderen Brauort aus der manifestierten Irreführung herauszuführen, wenn sie den Verkehr darüber täuschten, in H. zu brauen.
Der Kläger meint ferner, dass die durch die angegriffenen Bezeichnungen hervorgerufene Irreführung auch geeignet sei, die von den angesprochenen Verbrauchern zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Entscheidend sei im Zusammenhang mit der Einordnung als Herkunftsangabe, dass gegenüber dem Verbraucher der plausible Anschein erweckt werde, dass das Bier in H. gebraut werde. Dieser Eindruck dränge sich auch deswegen auf, da H. eine lange Brautradition aufweise und überzahlreiche Brauereien in der Stadt verfüge.
Der Kläger ist der Ansicht, dass auch die englischsprachige Internetseite (Anlage B 2) die Verbraucher in Deutschland anspreche. Es sei weder erkennbar gewesen, dass die Internetseite nur im Ausland verfügbare Produkte bewerben sollte, noch sei dort ein solcher Hinweis gewesen. Ein Bewerben mit Slogans wie „brandnew German beer available for export around the world!“ vermittele den Verbrauchern den Eindruck, dass die aufgeführten Biere auch in Deutschland zu erhalten seien. Ebenso befänden sich in Anlage B 2 ein direkter Hinweis auf den Instagram-Account „r.. h.“ sowie Fotoaufnahmen vom „Craft Market Juni 2019 H.“, die einmal mehr einen Bezug zu H. herstellten und zeigten, dass die angebotenen Produkte in H. und damit in Deutschland verfügbar seien.
Auch hinsichtlich des Beitrages in der Lebensmittelzeitung vom 26.06.2020 (Anlage B 4) bestehe ein Unterlassungsanspruch. Ein solcher Beitrag basierend auf dem Interview des Beklagten zu 2) diene der Absatzförderung und sei somit als geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG als Imagewerbung der gesetzlichen Kontrolle unterworfen und mithin als zulässiger Gegenstand dieses Rechtsstreits zu untersagen.
Die Geltendmachung der Ansprüche sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Der Kläger sei in allen Verfahren allein Partei des Rechtsstreits und werde dabei weder von einem Beschwerdeführer gelenkt noch von diesem in seiner Entscheidung zur Führung des Verfahrens beeinflusst. Es bestehe keinerlei Verhältnis im Sinne eines Mandatsverhältnisses zwischen dem Kläger und einem Beschwerdeführer. Soweit ein Austausch mit dem jeweiligen Beschwerdeführer erfolge, sei dies als fachlicher Austausch zu werten und gehe über diesen nicht hinaus.
Auch etwaige Vergleichsverhandlungen zwischen der C. Deutschland GmbH (nachfolgend auch: Beschwerdeführerin) und den Beklagten hätten nur dann Einfluss auf das Verfahren, wenn die Beklagten dadurch beispielsweise verfahrensrelevante Zugeständnisse auch gegenüber dem Kläger vorgenommen hätten. Darauf habe auch der Kläger regelmäßig hingewiesen und betont, dass etwaige Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht relevant seien für das Verfahren, das der Kläger aus öffentlichem Interesse betreibe. Dies wäre nur dann anders, wenn auch gegenüber dem Kläger – wie zwischenzeitlich durch die Beklagten geschehen – relevante Unterlassungserklärungen abgegeben würden.
Der Kläger führe regelmäßig bis in alle Instanzen Verfahren gegen Mitglieder und Nichtmitglieder gleichermaßen. Allein relevant für das Tätigwerden sei die lauterkeitsrechtliche Beurteilung des Verhaltens der jeweiligen Beklagten. Etwaige Interessen oder Stellungen eines Beschwerdeführers im Markt seien dabei für den Kläger weder erkennbar noch relevant. Soweit beim Kläger eine förmliche Beschwerde über ein Marktverhalten eines Unternehmens eingehe, werde diese anhand des Maßstabs des Lauterkeitsrechts geprüft und im Rahmen des Zwecks des Klägers eine Entscheidung über die Verfolgung des Verstoßes getroffen. Das sei aber hinsichtlich der Beschwerdeführerin bislang nicht geschehen.
Es werde außerdem bestritten, dass die Beschwerdeführerin Herrin des vorliegenden Verfahrens sei. Allein der zuständige Bearbeiter bei dem Kläger, Herr Dr. A. O., entscheide über Umfang und Führung dieser Klage und die Einlassungen des Klägers. Aus der von den Beklagten zitierten Korrespondenz ergebe sich lediglich ein zulässiger Meinungsaustausch zwischen dem Kläger und der Beschwerdeführerin. Der Vortrag der Beklagten zu etwaigen Wettbewerbsverstößen und / oder Werbehandlungen der Beschwerdeführerin werde im Übrigen bestritten.
Der Kläger hat ursprünglich angekündigt zu beantragen:
1. Den Beklagten zu 1) und zu 2) wird es verboten,
bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre) im geschäftlichen Verkehr
a) für ein Bier die Bezeichnung „R.“ und „H.“ und „S.“ zu benutzen oder benutzen zu lassen, insbesondere diese Bezeichnung auf dem Produkt, seiner Aufmachung und/oder Umverpackung und/oder Verpackung anzubringen oder anbringen zu lassen, unter diesen Bezeichnungen Bier anzubieten oder anbieten zu lassen, in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen und/oder einführen zu lassen, auszuführen und/oder ausführen zu lassen und/oder in der Werbung für Bier zu benutzen und/oder benutzen zu lassen,
wenn das Bier nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg hergestellt und/oder abgefüllt wurde,
wenn dies geschieht wie in Anlage A ersichtlich,
b) ein Bier, das nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg hergestellt und/oder abgefüllt wurde, in jeglicher Sprache insbesondere im Internet zu bewerben,
wenn dies geschieht wie in Anlagenkonvolut B ersichtlich.
2. Die Beklagten werden verurteilt, gesamtschuldnerisch an den Kläger EUR 294,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Den Beklagten zu 1) und zu 2) wird es verboten, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre) im geschäftlichen Verkehr
a) für ein Bier die Bezeichnung „R.“ und „H.“ und „S.“ zu benutzen oder benutzen zu lassen, insbesondere diese Bezeichnung auf dem Produkt, seiner Aufmachung und/oder Umverpackung und/oder Verpackung anzubringen oder anbringen zu lassen, unter diesen Bezeichnungen Bier anzubieten oder anbieten zu lassen, in den Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen, zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen und/oder einführen zu lassen, auszuführen und/oder ausführen zu lassen und/oder in der Werbung für Bier zu benutzen und/oder benutzen zu lassen,
wenn das Bier nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg hergestellt und/oder abgefüllt wurde, wenn dies geschieht wie in der Anlage A ersichtlich, auch wenn dabei auf der Rückseite des Bieres unter dem Hinweis
„Gebraut und abgefüllt
in Deutschland für:
R. GmbH
R. Bahn <leer> H. Germany“
noch der Hinweis auf die Stadt angegeben wird, in der das Bier gebraut und abgefüllt wird.
Die Beklagten haben nach Klageerhebung am 22.04.2021 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der Verwendung der Zeichen „H.“ und/oder „S.“ auf den Dosen (Bl. 147-149 d.A.) und am 09.03.2022 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich der Anlagen B 1 und B 3 abgegeben (Bl. 262 d.A.). Ferner haben die Beklagten am 25.08.2021 an den Kläger EUR 294,00 gezahlt.
Der Kläger hat die Unterlassungserklärungen angenommen und daraufhin die Anträge zu Ziffern 1a), 2) und 3a) und den Klageantrag zu 1b) hinsichtlich der Anlagen B 1 und B 3 für erledigt erklärt und Kostenantrag gestellt.
Der Kläger beantragt nunmehr:
Den Beklagten zu 1) und zu 2) wird es verboten, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre), im geschäftlichen Verkehr, ein Bier, das nicht in der Freien und Hansestadt Hamburg hergestellt und/oder abgefüllt wurde, auf Deutsch oder Englisch insbesondere im Internet zu bewerben unter Verwendung der Bezeichnungen „R.“ und „H.“ und „S.“, wenn dies geschieht, wie in Anlagenkonvolut B 2 und/oder B 4 ersichtlich.
Die Beklagten haben sich den teilweisen Erledigungserklärungen unter Protest gegen die Kostenlast angeschlossen und beantragen im Übrigen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, dass die Klage bereits unzulässig sei, da sie rechtsmissbräuchlich sei. Die Beklagten stützen sich dabei u.a. auf ein Schreiben des Klägers an die Beschwerdeführerin und Mitglied des Klägers, die C. Deutschland GmbH, das versehentlich auch an die E-Mail-Adresse der Beklagten zu 1) versandt wurde (Anlagenkonvolut B 17) und auf eine E-Mail der Beschwerdeführerin vom 22.03.2021 (Anlage B 31). Die Beschwerdeführerin agiere mit „unclean hands“, indem sie selbst eine Vielzahl von Bieren unter Ortsbezeichnungen vertreibe, die nicht in den betreffenden Orten gebraut und abgefüllt würden oder mit unrichtigen Herkunftshinweisen werbe. Dies gelte u.a. für das A. Bier, das nicht in H. gebraut oder abgefüllt werde. Auch ergebe sich aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin im Rahmen von Vergleichsverhandlungen mit den Beklagten, dass es dem Kläger und der Beschwerdeführerin gar nicht im öffentlichen Interesse darauf ankomme, ob der Verkehr irregeführt werde, sondern allein auf die Vertriebschancen der Beschwerdeführerin. Nur hierdurch sei das Verfahren von der Beschwerdeführerin daher initiiert worden. Wenn allein die Verfolgung des angeblich unlauteren Verhaltens der Beklagten im Vordergrund gestanden hätte, dann hätte es dem Kläger oblegen, zumindest nach dem klaren Hinweis auf die eigene Unlauterkeit der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Bewerbung der A.-Dosen den Sachverhalt zu prüfen. Die Tatsache, dass der Kläger sich in seinen Entscheidungen allein von der Beschwerdeführerin leiten lasse, ergebe sich insbesondere auch aus dem Wortlaut des Anschreibens des Klägers an die Beschwerdeführerin vom 29.01.2021 (Anlage B 17). Der Kläger formuliere hier „unser Begehren“, so dass der Eindruck eines gemeinsamen Agierens entstehe und frage am Ende: „Was meinen Sie?“. Daraus gehe mit aller Deutlichkeit hervor, dass der Kläger gerade nicht im öffentlichen Interesse agiere, sondern allein und ausschließlich im Interesse der Beschwerdeführerin und die Entscheidung über den Fortgang der Angelegenheit und die Frage nach einem Vergleich allein bei der Beschwerdeführerin liege, die dadurch das Verfahren beherrsche. Da die Beklagten ihre Bierdosen bislang in Deutschland nur im Rahmen von Einzelaktionen bei A. vertrieben hätten, bestehe auch kein nachvollziehbares Verfolgungsinteresse.
Im Übrigen sind die Beklagten der Meinung, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden und dem Kläger die Kosten aufzuerlegen seien, soweit die Klage für erledigt erklärt wurde.
Die Beklagten sind der Meinung, dass bei es sich bei keiner der drei Angaben „R.“ und „H.“ und „S.“ um geografische Herkunftsangaben handele.
Bei „R.“ handele es sich um einen Phantasienamen und nicht um einen unmittelbaren oder mittelbaren Herkunftshinweis, weil der Verkehr es bei Bier gewohnt sei, dass Hinweise auf den Brauort entweder konkret durch den Zusatz „Bier“, „Bräu“ oder „Pils“ erfolgten oder mit der Endung „er“ hinter dem Ortsnamen dieser als Brauort ausgewiesen werde wie bei „W.“. Der Fokus des Dosendesigns liege im Übrigen auf den Originalzeichnungen der R.-Girls. Die Beklagten verweisen ferner auf ihren Club „R.“ Geplant sei es, noch weitere Waren unter dem Phantasie-Label „R.“ zu vertreiben, ähnlich wie bei „S.“.
Die Zeichen „H.“ und „S.“ würden rein werblich eingesetzt und sollten bei den Verkehrskreisen das legere positive Lebensgefühl auf dem Kiez hervorrufen. Die Beklagten machen geltend, dass es eine Vielzahl von Fällen gebe, in denen Städtenamen werblich eingesetzt würden, ohne dass damit Herkunftsvorstellungen verbunden seien und beziehen sich dabei u.a. auf die Anlagen B 4 bis B 14. Alleine das Hervorrufen von Assoziationen an einen Ort begründe noch keine geografische Herkunftsangabe. Die Zeichen „H.“ und „S.“ würden zudem nicht prominent herausgestellt, sondern in vergleichsweise kleiner Schrift.
Ferner meinen die Beklagten, dass die sich auf dem Rückenetikett der Dosen befindenden Hinweise als entlokalisierende Zusätze jegliche Irreführungsgefahr ausschlössen. Die Verkehrskreise verstünden die Formulierung „gebraut und abgefüllt für:“ eindeutig in der Weise, dass es sich um eine Auftragsproduktion an einem anderen als dem Vertriebsort handele.
Die Beklagten behaupten ferner, dass H. heute keine Stadt mehr sei, die in Deutschland und weltweit für Bierkultur bekannt sei, vielmehr würden die Rohstoffe Hopfen und Malz weltweit bezogen. Deshalb erwarte auch kein Verbraucher, dass das Agrarprodukt aus H. komme. Die Hinweise des Klägers auf eine angeblich immer noch bestehende Brautradition in H. träfen heute nicht mehr zu. Bereits seit Jahren spiele eine alte Brautradition keine Rolle mehr für die Konsumenten. Dies sei im Wesentlichen auch durch die Übernahme lokaler Brauereien durch große Konzerne bewirkt worden. Richtig sei lediglich, dass in H. in den letzten Jahren weitere kleine Craftbierbrauereien geöffnet hätten, die mit einer Event- und Erlebnisgastronomie in Verbindung stünden. Dies habe aber nichts mit einer alten H. Brautradition zu tun. Auch hätten die drei Dosenbiersorten „G. A1", „I. P. A1" und „ B. P." der Beklagten schon auf den ersten Blick nichts mit traditionellen Biersorten zu tun.
Nach Auffassung der Beklagten fehle es somit an der wettbewerblichen Relevanz, weil es für die Kaufentscheidung völlig unerheblich sei, wo das Bier gebraut und abgefüllt worden sei. Die Konsumenten interessierten sich aktuell nicht mehr für einen bestimmten Brauort. Entscheidend sei nur der Hersteller.
Auch die im Anlagenkonvolut B enthaltene Werbung im Internet beinhalte keine Irreführung, da die aufgegriffenen Slogans lediglich der Werbung für den Vertrieb des Dosenbiers vom Sitz der Beklagten dienten. Auch in der Praxis liege keine Irreführung vor, wie sich aus der Rezension in Anlage B 3 ergebe.
Bei dem Internetauftritt www. R. .com gemäß Anlage B 2 sei zu berücksichtigen, dass dieser aufgrund der Endung mit .com und der Fassung in englischer Sprache sich nicht an Publikum in Deutschland wende, so dass kein Anspruch des Klägers bestehe. Die Beklagten verweisen auf die deutschsprachige .de-Domain. Die in der Anlage B 2 gezeigten 0,5 Liter-Dosen seien aufgrund der unterschiedlichen Pfandsysteme auch nicht auf dem deutschen Markt erhältlich. Bei keiner der beiden Internetpräsenzen, insbesondere nicht auf der internationalen Internetpräsenz, bestehe ein Online-Shop, sodass auch hierüber keine Bestellungen platziert werden könnten. Unter „Stockists“ würden nur die Länder aufgeführt, welche von den Produkten adressiert und angesprochen werden sollten. Die Wiederholungsgefahr sei bei Klageerhebung betreffend die Inhalte der Internetpräsenz www. r..com gar nicht vorhanden gewesen, weil diese nicht Gegenstand der Abmahnung (Anlage B 30) gewesen sei, die sich nur auf die Internetpräsenz unter www. r..de bezogen habe und diese aber bereits Ende September 2020 komplett umgestellt worden sei. Ferner sei der auf der Seite befindliche Hinweis „brandnew German beer available for export around the world“ eindeutig so zu verstehen, dass es sich um ein reines Exportbier handele, welches nicht für Verbraucher in Deutschland erhältlich sei.
Ein Unterlassungsanspruch bestehe ohnehin seit Abgabe der Unterlassungserklärung vom 22.04.2021 nicht mehr, weil nunmehr die Verpflichtung bestehe, eingangs der internationalen Internetpräsenz sogar einen Hinweis auf die Adressierung an den internationalen Markt aufzunehmen, wie zum Beispiel durch Verwendung des Slogans: „This website is only addressed to the international market“.
Bei dem Artikel in Anlage B 4 handele es sich nicht um Werbung, sondern um einen journalistischen Beitrag. Die Beklagten hätten den Beitrag in der Lebensmittelzeitung nicht beauftragt oder hierfür ein Entgelt entrichtet. Unterlassungsansprüche in diesem Zusammenhang kämen allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Schleichwerbung in Betracht, wobei dann aber die Lebensmittelzeitung Anspruchsgegnerin wäre und Anspruchstellerin ein Konkurrenzunternehmen aus dem Pressesektor hätte sein müssen.
Der Kläger verkenne außerdem, dass die Regelungen in den §§ 126 bis 129 MarkenG lex specialis gegenüber § 5 UWG seien. Eine Subsumtion unter § 5 UWG komme daher nur dann in Betracht, wenn keine konkrete Irreführung über eine geographische Herkunftsangabe zur Beurteilung stehe. Hierzu trage der Kläger aber nichts vor. Im Übrigen finde § 5 UWG nur noch dann Anwendung, wenn eine geographische Herkunftsangabe nicht für Waren oder Dienstleistungen, sondern in anderer Weise, etwa als Unternehmenskennzeichen oder als Firmenbestandteil benutzt werde, was nicht gegeben sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 15.02.2022 und vom 06.02.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung nur zum Teil, nämlich hinsichtlich des Klageantrages zu Ziffer 1b) bezüglich der Anlage B 2, Erfolg.
I.
Die Klage ist nicht wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig.
Es ist grundsätzlich Sache des Beklagten, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzubieten. Ein non liquet geht zu Lasten des Beklagten, da grundsätzlich von der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auszugehen ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 8c Rn. 42).
Im Streitfall ist ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers weder unter dem Gesichtspunkt des selektiven Vorgehens noch unter dem Gesichtspunkt der Fremdbestimmung festzustellen.
1.
Ein unzulässiges selektives Vorgehen gegen die Beklagten ist nicht gegeben, und zwar auch dann, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die C. D. GmbH als Mitglied des Klägers irreführend mit geografischen Herkunftsangaben für Bier wie u.a. A. geworben hat bzw. dies noch tut.
Einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband ist es grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des (allein) angegriffenen Verletzers gegenüber anderen – etwa deshalb, weil nunmehr er allein die angegriffenen Handlungen unterlassen müsse – ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (BGH GRUR 2017, 1281Rn. 15 - Großhandelszuschläge). Allerdings kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband gegen außenstehende Dritte vorgeht, den unlauteren Wettbewerb durch gleichartige Verletzungshandlungen der eigenen Mitglieder jedoch planmäßig duldet. Zwar gibt es grundsätzlich keine Obliegenheit eines Verbands, gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich außenstehende Dritte berufen könnten. Die Prozessführungsbefugnis der Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen findet ihre Rechtfertigung aber darin, dass die Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen nicht nur im Interesse des unmittelbar Betroffenen, sondern auch im öffentlichen Interesse liegt (BGH GRUR 2012, 411Rn. 22 – Glücksspielverband). Bei Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es eine Frage der Gesamtumstände des Einzelfalls, ob das dauerhaft selektive Vorgehen eines Verbands ausschließlich gegen Nichtmitglieder als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (BGH, a.a.O., Rn. 23).
Vorliegend ist bereits kein dauerhaft selektives Vorgehen des Klägers ausschließlich gegen Nichtmitglieder festzustellen, weil sich die Beklagten nur darauf stützen, dass der Kläger gegen ein Mitglied, die C. D. GmbH, wegen vergleichbarer Produktkennzeichnung und Werbung nicht vorgegangen sei. Vortrag zu dem Vorgehen bzw. Nichtvorgehen des Klägers gegen Mitglieder und Nichtmitglieder in anderen Fällen wurde von den Beklagten nicht gehalten. Außerdem bedarf es auch bei einem dauerhaft selektiven Vorgehen zur Bejahung eines Rechtsmissbrauchs weiterer Umstände, die etwa gegeben sind, wenn der Verband mit einem selektiven Vorgehen ausschließlich gegen Nichtmitglieder bezweckt, neue Mitglieder zu werben, denen er nach einem Beitritt Schutz vor Verfolgung verspricht (BGH, a.a.O., Rn. 23). Daran fehlt es vorliegend ebenfalls.
2.
Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen ergibt sich auch nicht aus einer Fremdbestimmung. Die Klage eines Verbandes kann zwar rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Verband mit der Klage keine eigenen, sondern ausschließlich oder vorwiegend fremde Interessen verfolgt. Für einen Verband spricht allerdings die Vermutung, dass er seinen eigenen satzungsgemäßen Zwecken nachgeht; deshalb obliegt es demjenigen, der von einem Verband in Anspruch genommen wird, diese Vermutung dadurch zu erschüttern, dass er Umstände darlegt und beweist, die für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Verbandes sprechen (BGH GRUR 2001, 178Rn. 8 – Arzneimittelversand durch Apotheken). Dabei ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn ein Verband von einem Dritten - auch unter Übernahme des Kostenrisikos - zur Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes veranlasst wird; eine missbräuchliche Rechtsausübung ist erst dann gegeben, wenn weitere Umstände hinzukommen, die dafür sprechen, dass die Rechtsverfolgung nicht im Verbandsinteresse, sondern im Fremdinteresse liegt (BGH, a.a.O. Rn. 9). Solche weiteren Umstände können darin bestehen, dass der Dritte seine eigene Anspruchsberechtigung verloren hat, die Kosten des Verfahrens übernimmt und den Gang des Verfahrens steuert (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 8c Rn. 39).
Die vorgenannten Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Denn die C. D. GmbH hat ihre Anspruchsberechtigung nicht verloren. Bei einer – unterstellt – irreführenden Werbung kann dem Unterlassungsanspruch nicht der unclean hands-Einwand entgegengehalten werden, wenn – wie vorliegend bei Herkunftsangaben – Interessen Dritter und der Allgemeinheit betroffen sind (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2018, 479Rn. 78).
Aufgrund der eingereichten Korrespondenz ist auch nicht festzustellen, dass das vorliegende Verfahren von der C. D. GmbH gesteuert wird und der Kläger damit ausschließlich oder vorwiegend fremde Interessen verfolgt.
Der Kläger hat erklärt, dass allein der zuständige Bearbeiter des Klägers, Herr Dr. O., über Umfang und Führung der Klage sowie die Einlassungen des Klägers entscheide. Aus dem Schreiben des Klägers an die C. D. GmbH vom 26.01.2021 (Anlage B 17) ergibt sich auch nicht, dass das Verfahren von der C. D. GmbH gesteuert wird. Denn in dem Schreiben wird die Position des Klägers klar wiedergegeben („Aus unserer Sicht sollte das Gericht über die gemäß Klageschrift geltend gemachten Ansprüche entscheiden“). Vor diesem Hintergrund belegt die anschließende Frage „Was meinen Sie?“ keine Entscheidungsbefugnis der C. D. GmbH, sondern stellt einen bloßen Meinungsaustausch dar.
Auch die E-Mail vom 22.03.2021 (Anlage B 31), in der die C. D. H. GmbH den Beklagten „nach Prüfung und Abstimmung mit der Wettbewerbszentrale“ mitteilt, dass die vorgeschlagene Einigung nicht in Betracht komme, belegt lediglich eine Abstimmung mit der C. D. H. GmbH. Eine derartige Abstimmung war auch erforderlich, da die Beklagten u.a. mit E-Mail vom 03.03.2021 die C. D. GmbH direkt wegen eines Vergleichs kontaktiert hatten (Anlage B 30) und eine etwaige Einigung mit C., insbesondere eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (Drittunterwerfung), auch Einfluss auf den vorliegenden Prozess gehabt hätte. Da sich die Beklagten direkt an die C. D. GmbH gewandt haben, können die Beklagten dieser bzw. dem Kläger nun auch nicht vorwerfen, dass das Unternehmen C. darauf geantwortet hat. Mithin lässt sich auch daraus kein Rückschluss auf eine Entscheidungsbefugnis der C. D. GmbH über den vorliegenden Prozess ziehen. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand auch ein nachvollziehbares Verfolgungsinteresse, da die Produkte der Beklagten bei A. angeboten wurden und die Werbung im Internet einem großen Personenkreis zugänglich war.
II.
Die Klage ist hinsichtlich der Verletzungsform in Anlage B 2 begründet, hinsichtlich der Anlage B 4 dagegen unbegründet.
1.
Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3, 5 UWG gegen die Beklagten wegen der Anlage B 2 zu.
a)
Da sich die §§ 126 ff. MarkenG infolge der Umsetzung der DurchsetzungsRL 2004/48/EG zu einem kennzeichenrechtlichen Schutz geografischer Herkunftsangaben fortentwickelt haben, ist nicht von einem Spezialitätsverhältnis zwischen § 5 UWG und den §§ 126–129 MarkenG, sondern von – nach § 2 MarkenG möglicher – Anspruchskonkurrenz auszugehen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 2.247 m.w.N.).
b)
Die englischsprachige Internetseite www. r..com in Anlage B 2 ist am Maßstab des deutschen Wettbewerbsrechts zu prüfen.
Bei Werbung im Internet gilt Art. 6 Abs. 1 Rom-II-Verordnung, wonach auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten das Recht des Staates anzuwenden ist, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Dabei kommt es bei einer englischsprachigen Internetseite darauf an, ob sich diese bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat (BGH GRUR 2014, 601Rn. 38 - englischsprachige Pressemitteilung).
Danach ist deutsches Wettbewerbsrecht anzuwenden, da sich die englischsprachige Fassung der Webseite in Anlage B 2 bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat.
Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen sein und vom Werbenden auch tatsächlich beachtet werden (BGH, GRUR 2006, 513, Ls.- Arzneimittelwerbung im Internet). Der Satz „available for export around the world“ stellt keinen Disclaimer in dem Sinne dar, dass sich die Internetseite nicht an Kunden in Deutschland wendet und die Produkte in Deutschland nicht verkauft werden. Die Aussage beinhaltet vielmehr, dass die Produkte auch in Deutschland erhältlich ist. Der Umstand, dass nicht für Deutschland bestimmte Dosengrößen abgebildet sind, ist unerheblich. Zum einen ist das aus den Abbildungen nicht erkennbar, und zum anderen schließt der Verkehr daraus nicht, dass die Werbung nicht für Deutschland gilt. Die Beklagten können auch aus der Tatsache, dass es daneben auch die deutschsprachige Internetseite www. r..de gibt, nichts herleiten, weil der Verkehr daraus nicht schlussfolgert, dass die Seite www. r..com nicht für Kunden in Deutschland bestimmt ist. Es ist vielmehr angesichts der Verbreitung der englischen Sprache naheliegend, dass Interessenten in Deutschland die englischsprachige Seite aufsuchen und aufgrund der dortigen Werbung davon ausgehen, dass die beworbenen Dosen in Deutschland erhältlich seien. Ebenso naheliegend ist es, dass eine in Deutschland ansässige Firma wie die Beklagte zu 1) die gezeigten Dosen auch in Deutschland vertreibt, insbesondere wenn sie - wie vorliegend - mit Bildern vom Craft Market im Juni 2019 in H. und von ihrem Club auf der R. Bahn <leer> wirbt.
c)
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG in der 2020 geltenden Fassung und in der aktuellen Fassung ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung enthält, zu denen auch die geografische Herkunft zählt.
(1) Die Werbung mit den Bezeichnungen „R.“, „H.“ und „S.“ in Kombination und
im Kontext der Anlage B 2 enthält eine unwahre geografische Herkunftsangabe. Denn es wird durch die vorgenannten Bezeichnungen, die Abbildung von Hafenkränen und durch die Aussage „Home of R. is the legendary R. Bahn“ ein klarer Bezug zu H. im Sinne eines Herstellungs- und/oder Abfüllorts geschaffen; Hinweise auf den tatsächlichen Herstellungs- und Abfüllort M. fehlen auf der Internetseite gänzlich. Anders als bei „M.“-Füllern oder dem O. A. erwartet der Verkehr auch, dass ein wie in Anlage B 2 beworbenes Bier in H. bzw. St. P. hergestellt und/oder abgefüllt wird. Eine derartige Vorstellung besteht für Bier auch bei Ortsbezeichnungen, wenn diese nicht wie „W.“ aus dem Ort mit dem Zusatz „–er“ bestehen. In diesem Sinne hat auch das OLG Karlsruhe (GRUR-RR 2018, 43) entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung „S.“ für ein Bier beim angesprochenen Verbraucher die Erwartung weckt, dass das Bier in der Schwarzwaldregion hergestellt wird. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob es in H. noch eine alte und umfassende Brautradition gibt. Denn jedenfalls gibt es in H. hergestellte C. Biere, und die Werbung der Beklagten mit einem Foto des Craft Market 2019 in H. in Anlage B 2 bestärkt die Erwartung, dass es sich um ein regionales Produkt aus H. und nicht um ein bei O. in M. gebrautes Bier handelt.
(2)
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Ort der Herstellung auch für den Verkehr von Relevanz. Eine Irreführung durch eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG ist in der Regel wettbewerbsrechtlich relevant, weil es sich dabei um ein wesentliches werbliches Kennzeichnungsmittel handelt, das der Individualisierung der Ware sowie der Herstellung einer Beziehung zwischen der gekennzeichneten Ware einerseits und den Qualitäts- und Preisvorstellungen der Kunden andererseits dient und das deshalb ein für die Kaufentscheidung des Verbrauchers bedeutsamer Informationsträger ist. Es bedarf daher regelmäßig besonderer Gründe für die Annahme, dass eine irreführende geografische Herkunftsangabe für den Kaufentschluss des getäuschten Publikums ohne Bedeutung ist (BGH, GRUR 2016, 406, Rn. 22 - Piadina-Rückruf). Solche besonderen Umstände liegen im Streitfall nicht vor; vielmehr ist bei Getränken die Relevanz aufgrund der steigenden Beliebtheit von regionalen Produkten zu bejahen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 16.03.2021 – 5 U 86/19 –, Rn. 46, juris).
(3)
Der Umstand, dass die Gestaltung der Webseite in Anlage B 2 nicht abgemahnt wurde und vor Klageerhebung geändert wurde, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen; dazu hätte es einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bedurft, an der es fehlt. Soweit die Beklagten geltend machen, dass die Unterlassungserklärung vom 22.04.2021 (Bl. 147 d.A.) auch die Verpflichtung enthalte, eingangs der Seite einen Hinweis wie z.B. „this website is only addressed to the international market“ aufzunehmen, ist dadurch die Wiederholungsgefahr ebenfalls nicht weggefallen. Denn damit ist nicht sichergestellt, dass in Zukunft ein ausreichender Disclaimer verwendet wird, weil es dabei auf die jeweilige Ausgestaltung, insbesondere die Positionierung und Größe, ankommt.
(d)
Der Beklagte zu 2) haftet aufgrund seiner Stellung als Alleingeschäftsführer der Beklagten zu 1) und weil er für das Konzept der streitgegenständlichen Biere verantwortlich ist.
2.
Hinsichtlich der Anlage B 4 ist die Klage dagegen abzuweisen, da dem Kläger ein Unterlassungsanspruch weder aus §§ 8, 3, 5 UWG noch aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1 a), Abs. 4 b) LMIV oder §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 MarkenG gegen die Beklagten zusteht.
Auf die Frage, ob es sich bei dem Artikel in Anlage B 4 um eine Werbung der Beklagten oder um einen redaktionellen Beitrag handelt, kommt es nicht an. Denn unabhängig davon ist der Artikel anders als die Anlage B 2 nicht irreführend. Zwar kommen in dem Text des Artikels auch verstreut die Bezeichnungen „R.“, „H.“ und „S.“ vor, es liegt aber keine Irreführung über den Ort der Herstellung und/oder Abfüllung vor. Denn in dem Artikel wird erwähnt, dass das Bier als Lohnauftrag bei O. gebraut und abgefüllt wird. Ferner ist die Abbildung der Bierdose so klein, dass unklar ist, ob die Bezeichnungen „R.“, „H.“ und „S.“ im Logo überhaupt lesbar sind. Unabhängig davon besteht aufgrund des ausdrücklichen Hinweises im Text auf die Herstellung und Abfüllung bei O. keine Fehlvorstellung, dass das Bier bei den Beklagten in H. gebraut und/oder abgefüllt werde.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a, 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
1.
Soweit die Beklagten verurteilt wurden, beruht die Entscheidung auf §§ 91, 100 Abs. 2 ZPO. Die Haftung des Geschäftsführers ist im Verhältnis zur Gesellschaft mit 1:2 zu gewichten. Soweit die Klage abgewiesen wurde, greift § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Kammer bemisst den Gesamtwert der drei Unterlassungsanträge zu Ziffern 1a), 1b), 3a) mit insgesamt EUR 30.000,00. Davon enthält das Anlagenkonvolut B eine Vielzahl von Werbemaßnahmen, die jeweils später in die Anlagen B 1, 2, 3 und 4 aufgeteilt wurden. Das Unterliegen des Klägers bezüglich der Anlage B 4 erweist sich somit als geringfügig im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
2.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, haben die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 91a, 100 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen.
a)
Der Antrag zu Ziffer 1 a) war ursprünglich begründet, so dass den Beklagten nach § 91a ZPO die Kosten aufzuerlegen sind. Die Gestaltung der Dosen gemäß Anlage A mit dem Logo, welches die Bezeichnungen „R.“, „H.“ und „S.“ enthält, stellt ebenfalls eine Irreführung über die Herkunft des Biers dar, so dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8, 3, 5 UWG zustand. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen unter 11.1.c) Bezug genommen werden.
Der Zusatz auf der Rückseite „Gebraut und abgefüllt in Deutschland für:“ mit anschließender Nennung der Beklagten einschließlich deren Anschrift ist kein ausreichender entlokalisierender Zusatz. Denn der Verkehr erfährt nicht, an welchem Ort das Bier tatsächlich gebraut und abgefüllt wurde, wobei jedenfalls ein relevanter Teil des Verkehrs das „für“ überlesen oder als „von“ verstehen wird, also von einer Herstellung und Abfüllung in H. ausgehen wird.
b)
Der Antrag zu Ziffer 1b) war hinsichtlich der Anlagen B 1 und B 3 ursprünglich begründet. Dabei ist unschädlich, dass der Antrag zunächst auf ein verschiedene Werbemedien enthaltendes Anlagenkonvolut B gerichtet war, die erfolgte Aufspaltung in die Anlagen B 1 bis B 4 stellte lediglich eine Klarstellung dar.
Die Anlage B 1 ist die Internetseite www. r..de und stimmt weitgehend mit der Anlage B 2 überein, so dass auf die obigen Ausführungen zur Anlage B 2 Bezug genommen wird.
Die Anlage B 3 betrifft verschiedene Medien aus der Werbekampagne der Beklagten wie u.a. Instragram. Da in sämtlichen Medien das Logo mit den Bezeichnungen „R.“, „H.“ und „S.“ enthalten war, lag aus den oben genannten Gründen auch insoweit eine Irreführung vor.
c)
Da es sich bei dem Klageantrag zu Ziffer 2) bezüglich der Abmahnpauschale um eine Nebenforderung in Höhe von EUR 294,00 handelt, sind im Hinblick auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO keine weiteren Ausführungen veranlasst.
d)
Der Antrag zu Ziffer 3a) war ursprünglich begründet. Denn aus der von den Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung (Anlage K 8) geht hervor, dass sie sich vorbehielten, die Dosen wie in Anlage A mit einem Hinweis auf die Stadt, in der das Bier gebraut und abgefüllt wurde, zu vertreiben. Diese Unterlassungserklärung genügte jedoch nicht, um die durch den Verstoß geschaffene Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Denn unabhängig von der Frage, ob ein Hinweis auf der Rückseite überhaupt ausreicht, war auch offen, ob der vorliegend beabsichtigte Hinweis hinsichtlich Position, Größe und Inhalt ausreichen würde. Dies geht zu Lasten der Beklagten, da es ihnen oblag, die Wiederholungsgefahr vollständig auszuräumen.
3.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S.1, S. 2 ZPO.