• 25.03.2024
  • Juristische Rundschau (JR)

Die mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich durch Unterlassen begangene Körperverletzung

I. Einleitung

Ob die einzelnen Tatvarianten einer gefährlichen Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB) durch ein garantenpflichtwidriges Unterlassen begangen werden können und, falls das bejaht wird, unter welchen Voraussetzungen das jeweils angenommen werden kann, wird selten intensiv erörtert. Auch der BGH war bislang kaum mit dieser Thematik befasst. In diesem Jahr hatten nun der 2. und der 6. Senat erstmals die Gelegenheit, Stellung zu der Frage zu beziehen, ob die mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangene Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) durch bloßes Unterlassen zweier oder mehrerer Garanten verwirklicht werden kann. Es handelt sich um einen Beschluss des 2. Senats vom 17. Januar 2023 (BGH 2 StR 459/21) und um ein Urteil des 6. Senats vom 17. Mai 2023 (BGH 6 StR 275/22). Sowohl in den Ergebnissen als auch in den Begründungen weichen die Entscheidungen voneinander ab. Eine einheitliche Position der höchstrichterlichen Rechtsprechung lässt sich nach diesen Judikaten daher nicht ausmachen. Bevor sogleich die Sachverhalte geschildert (II.) und auf die Frage nach einer Strafbarkeit gemäß §§ 224 Abs. 1 Nr. 4, 13 StGB eingegangen wird (III.), sind zunächst der Normzweck des § 224 Abs. 1 StGB bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB sowie die Anforderungen, die § 13 Abs. 1 StGB stellt, kurz in Erinnerung zu rufen.

Juristische Rundschau (JR)

Quelle:
Juristische Rundschau (JR)

Fundstelle:
JR 2024, 172-177

Autoren:
Prof. Dr. Anette Grünewald