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BRAK für Stärkung mündlicher Verhandlungen vor Sozialgericht
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat vor dem aktuellen Vorgehen in sozialgerichtlichen Verfahren im Zuge der Corona-Pandemie gewarnt, vermehrt Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung im Wege des Gerichtsbescheids zu treffen.
Die Gerichte aller Gerichtsbarkeiten sind von den Folgen der Corona-Pandemie und den zu ihrer Bekämpfung getroffenen Maßnahmen betroffen. Um den Prozessbetrieb in dieser schwierigen Situation aufrechtzuerhalten, zeichnet sich in sozialgerichtlichen Verfahren eine Tendenz ab, vor der die BRAK eindringlich warnt: Es werden vermehrt Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung im Wege des Gerichtsbescheids getroffen. Dieses Vorgehen läuft Gefahr, auch nach dem pandemiebedingten Notbetrieb zur üblichen Praxis zu werden. Die BRAK hat sich daher in einem offenen Brief an die Leitungsebenen der Sozialgerichte und Landessozialgerichte gewandt, in dem sie betont, dass damit nicht hinnehmbare Einschnitte in die Rechte der Verfahrensbeteiligten verbunden sind. Sie appelliert dringend an alle Richterinnen und Richter der Sozialgerichtsbarkeit, die mündliche Verhandlung zu stärken.
Entscheidungen per Gerichtsbescheid sind gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG möglich, wenn die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die BRAK warnt davor, dass so zwar ein Ergebnis zu einem streitigen Fall erzielt werde, aber das Gericht sich keinen unmittelbaren Eindruck von den Beteiligten machen könne und diesen die Chance genommen werde, ihren Standpunkt deutlich zu machen. Das sei gerade im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem die Kläger häufig nicht anwaltlich vertreten seien und in dem es um die Verwirklichung sozialer Rechte gehe, kritisch.
Weitere Informationen Offener Brief der BRAK v. 06.10.2020 (PDF, 115 KB)
Quelle: BRAK, Nachrichten aus Berlin Nr. 17/2020 v. 08.10.2020
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