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Anmerkung zu:BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 17.11.2023 - V ZR 192/22
Autor:Prof. Dr. Reinhhold Thode, RiBGH a.D.
Erscheinungsdatum:17.05.2024
Quelle:juris Logo
Normen:§ 862 BGB, § 861 BGB, § 681 BGB, § 684 BGB, § 812 BGB, § 249 BGB, § 859 BGB, § 858 BGB, § 273 BGB, § 823 BGB, § 398 BGB, § 293 BGB, § 298 BGB, § 683 BGB, § 677 BGB, § 670 BGB, § 304 BGB
Fundstelle:jurisPR-BGHZivilR 10/2024 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Markus Würdinger, Universität Passau
Zitiervorschlag:Thode, jurisPR-BGHZivilR 10/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

Ersatzfähigkeit der Abschlepp- und Verwahrungskosten eines im Auftrag einer Privatperson abgeschleppten Fahrzeugs, das unberechtigt auf einem Privatgrundstück abgestellt worden war



Leitsätze

1. Zu den nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen. Das gilt aber nur bis zu einem Herausgabeverlangen des Halters. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes reicht im Ergebnis nicht weiter.
2. Es kommt ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät.



A.
Problemstellung
Der BGH hatte die bisher höchstrichterlich nicht entschiedene Frage zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe der Verwalterin einer Immobilie die Abschlepp- und die Verwahrkosten für die Entfernung eines unberechtigt auf einem Privatgrundstück abgestellten Kfz von dem Halter erstattet verlangen kann, wenn die Verwalterin den Abschleppvorgang und die Verwahrung in Auftrag gegeben hat (vgl. die ausf. Anm. zum Besprechungsurteil von Martinek, jM 2024, 99).


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der auf den Kläger zugelassene Pkw wurde von dessen Schwester im Innenhof eines privaten Gebäudekomplexes abgestellt, der von der Streithelferin verwaltet wird. An der Hofeinfahrt war ein Parkverbotsschild mit dem Zusatz „gilt im gesamten Innenhof“ angebracht. Die Streithelferin beauftragte die Beklagte, das Fahrzeug abzuschleppen, es anschließend zu verwahren und vor Wertminderung sowie unbefugtem Zugriff Dritter zu sichern. Die Beklagte verbrachte das Fahrzeug noch am selben Tag auf ihr Firmengelände. Der Kläger forderte von der Beklagten schriftlich unter Fristsetzung die Herausgabe des Fahrzeugs. Auf das Schreiben erfolgte keine Reaktion.
Mit seiner Klage hat der Kläger von den Beklagten zunächst die Herausgabe seines Fahrzeugs verlangt. Nach erfolgter Herausgabe während des Prozesses haben die Parteien die Herausgabeklage übereinstimmend für erledigt erklärt.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch die Widerklage der Beklagten insoweit, als diese aus abgetretenem Recht der Streithelferin Standkosten für den Zeitraum vom 08.10.2020 bis zum 02.09.2021 i.H.v. insgesamt 4.935 Euro (15 Euro pro Tag der Verwahrung) nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht (LG Dresden, Urt. v. 11.01.2022 - 3 O 2470/21) hat der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht (OLG Dresden, Urt. v. 15.09.2022 - 8 U 328/22 - MDR 2023, 294) hat das Urteil mit im Wesentlichen folgender Begründung abgeändert und unter Abweisung der Widerklage im Übrigen lediglich für die ersten fünf Tage der Verwahrung 75 Euro nebst Zinsen zugesprochen:
Die Beklagte habe gegen den Kläger aus abgetretenem Recht der Streithelferin trotz Besitzstörung keinen Anspruch auf Ersatz der Verwahrkosten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB. § 858 Abs. 1 BGB sei ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Ersatzfähig seien nur die für die Beseitigung der Störung anfallenden Kosten. Die von der Streithelferin beauftragte Verwahrung diene diesem Zweck nicht.
Demgegenüber habe die Beklagte gegen den Kläger unter dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB) einen Anspruch auf Ersatz der Verwahrkosten, der sich allerdings auf die Zeit bis zu dem Verlangen nach Herausgabe des Fahrzeugs beschränke. Deshalb ergebe sich nur für die ersten fünf Tage der Verwahrung ein täglicher Aufwendungsersatzanspruch i.H.v. 15 Euro. Das unbefugte Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück stelle eine Besitzstörung dar und begründe eine verbotene Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB), für die neben dem Fahrer auch der Halter des Fahrzeugs verantwortlich sei. Beauftrage ein Grundstücksbesitzer – hier durch die Streithelferin als Verwalterin – das Abschleppen des Fahrzeugs, so handle er auch im fremden Rechtskreis und damit als Fremdgeschäftsführer i.S.v. § 677 BGB. Das Entfernen und Umsetzen des Fahrzeugs, zu dem die Grundstücksbesitzerin im Wege der Selbsthilfe gemäß § 859 Abs. 1, Abs. 3 BGB berechtigt gewesen sei, erweise sich für den Kläger als vorteilhaft und entspreche dessen Interesse, da er von seiner Verpflichtung zur Beseitigung der Störung gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB frei geworden sei. Demgegenüber sei die Verwahrung des Fahrzeugs zu der Beseitigung der Besitzstörung nicht erforderlich gewesen und habe daher auch nicht der Erfüllung einer Verpflichtung des Klägers gedient. Die sichere Verwahrung des Wagens zum Schutz vor Wertminderung und unbefugtem Zugriff sei aber objektiv vorteilhaft und nützlich für den Kläger, der zunächst noch nichts von dem Abschleppvorgang gewusst habe. Die Streithelferin habe daher davon ausgehen können, dass auch die Verwahrung dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Klägers entsprochen habe. Spätestens mit dem Zugang des Herausgabeverlangens am 13.10.2020 habe der Kläger aber seinen entgegenstehenden Willen geäußert. Die Streithelferin und die Beklagte hätten ab diesem Zeitpunkt erkennen müssen, dass die weitere Verwahrung in Widerspruch zu dem wirklichen Willen des Klägers gestanden habe, so dass sie sich nicht mehr auf dessen mutmaßliches Einverständnis berufen könnten und ein weiter gehender Anspruch deshalb ausscheide.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils in Bezug auf die Verurteilung des Klägers zu der Zahlung von Verwahrkosten. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussrevision den Antrag auf vollständige Abweisung der Widerklage.
Der BGH hat mit im Wesentlichen folgender Begründung sowohl die Revision des Beklagten als auch die Anschlussrevision des Klägers zurückgewiesen:
Die zulässige Anschlussrevision des Klägers hat keinen Erfolg. Der Beklagten stehe gegen den Kläger ein Anspruch auf Zahlung von Verwahrkosten i.H.v. 75 Euro aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Streithelferin nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB zu.
Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs der Streithelferin liegen aus § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB dem Grunde nach vor.
Derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht eine verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB, für die nicht nur der Fahrer, sondern ebenfalls der Halter des Fahrzeugs verantwortlich ist. Die im Auftrag des Geschäftsführers erfolgte Entfernung des Fahrzeugs stellt ein Handeln in fremdem Rechtskreis und damit eine Fremdgeschäftsführung i.S.v. § 677 BGB dar, weil der Halter hierzu nach § 862 Abs. 1 BGB bzw. – wenn das Parken als teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird – gemäß § 861 Abs. 1 BGB verpflichtet war. Die Übernahme der Geschäftsführung liegt im Interesse des Geschäftsherrn, weil sie ihm objektiv vorteilhaft und nützlich ist. Beseitigt der Grundstückseigentümer eine Eigentumsbeeinträchtigung selbst, wird der Störer von der ihm gemäß § 862 Abs. 1 Satz 1 BGB bzw. gemäß § 861 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegenden Pflicht frei. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung stellt sich die Entfernung des Fahrzeugs für den Halter daher als vorteilhaft dar. Der Umstand, dass der Geschäftsherr Aufwendungsersatz schuldet, kann naturgemäß seinem Interesse nicht schon von vornherein und generell entgegenstehen, weil § 683 BGB sonst nie erfüllt wäre. Die Störungsbeseitigung entspricht schließlich dem mutmaßlichen Willen des Halters, auf den es nach § 683 BGB entscheidend ankommt, wenn sich der wirkliche Wille nicht feststellen lässt. Mangels anderer Anhaltspunkte ist als mutmaßlicher Wille derjenige anzusehen, der dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Da die Entfernung des Fahrzeugs im objektiven Interesse des Halters liegt, ist auch sein mutmaßlicher Wille hierauf gerichtet.
Die im Auftrag der Streithelferin durchgeführte Entfernung des Fahrzeugs stellt eine Fremdgeschäftsführung dar. Das Fahrzeug wurde unbefugt in dem Innenhof des von der Streithelferin verwalteten Privatgrundstücks abgestellt. Der Kläger war als Halter zu der Entfernung des Fahrzeugs verpflichtet, um die durch das unbefugte Abstellen begründete verbotene Eigenmacht zu beenden. Die Übernahme des Geschäfts war daher für ihn vorteilhaft und entsprach seinem Interesse. Da die Entfernung des Fahrzeugs im objektiven Interesse des Klägers lag, war auch sein mutmaßlicher Wille, auf den es maßgeblich ankommt, hierauf gerichtet. Er wurde durch die Geschäftsführung der Streithelferin von seiner Verpflichtung zu der sofortigen Störungsbeseitigung befreit, die nur durch ein Entfernen des Fahrzeugs bewirkt werden konnte.
Der Beklagten steht ein Aufwendungsersatzanspruch i.H.v. 75 Euro für die Kosten der Verwahrung während der ersten fünf Tagen zu.
Der Geschäftsherr ist verpflichtet, dem Geschäftsführer aufgrund der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag Aufwendungsersatz zu leisten. Der Umfang der zu ersetzenden Aufwendungen bemisst sich nach § 683 Satz 1 BGB i.V.m. § 670 BGB; ersatzfähig sind danach solche Aufwendungen, welche der Geschäftsführer zu der Beseitigung der Besitzstörung für erforderlich halten durfte. Das ist nach einem subjektiv-objektiven Maßstab zu beurteilen. Entscheidend ist, was er nach sorgfältiger Prüfung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise aufzuwenden hatte. Ersatzfähig sind Vermögensopfer des Geschäftsführers, die nach seinem verständigen Ermessen zu der Verfolgung des Auftragszwecks geeignet sind, notwendig erscheinen und in einem angemessenen Verhältnis zu der Bedeutung der Geschäftsführung für den Geschäftsherrn stehen.
Nach diesen Grundsätzen durfte die Streithelferin, auf deren Recht sich die Beklagte stützt, die Aufwendungen für die Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang dem Grunde nach für erforderlich halten.
Durch die Rechtsprechung des BGH ist bereits entschieden, dass zu den erstattungsfähigen Kosten nicht nur die reinen Abschleppkosten gehören, sondern auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, etwa durch die Überprüfung des unberechtigt abgestellten Fahrzeugs, um den Halter ausfindig zu machen, die Zuordnung des Fahrzeugs in eine bestimmte Fahrzeugkategorie und das Anfordern eines geeigneten Abschleppfahrzeugs sowie Kosten für Maßnahmen der Beweissicherung und damit der späteren Abwicklung des Abschleppvorgangs, um unberechtigte Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Beschädigungen abwehren zu können, auch wenn diese Maßnahmen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung des Abschleppvorgangs stehen.
Zu den nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs zählen auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen.
Die Verwahrung dient dessen Abwicklung. Sobald das Fahrzeug von dem Parkplatz entfernt wurde, muss der Geschäftsführer entscheiden, wohin es verbracht werden soll. Dürfte er die Kosten für eine Verwahrung nicht für erforderlich halten, müsste er einen geeigneten kostenlosen Parkplatz im öffentlichen Verkehrsraum ausfindig machen. In unmittelbarer räumlicher Nähe wird es daran vielfach mangeln. Dem beeinträchtigten Grundstücksbesitzer ist aber der Aufwand für eine mitunter zeitintensive Suche nach geeignetem Parkraum nicht zuzumuten, zumal die Verantwortung für die Besitzstörung beim Halter des Fahrzeugs liegt.
Im Übrigen nimmt der Geschäftsführer auch ein eigenes Recht wahr, nämlich sein Selbsthilferecht. Dem durch die verbotene Eigenmacht in seinem Besitzrecht Gestörten steht zur Durchsetzung des Besitzschutzes bei verbotener Eigenmacht aus § 859 Abs. 1 BGB bzw. – wenn das Parken als teilweise Besitzentziehung qualifiziert wird – aus § 859 Abs. 3 BGB ein Selbsthilferecht zu. Damit die Besitzstörung rasch beseitigt werden kann, muss das Selbsthilferecht einfach handhabbar sein, und seine Ausübung darf nicht mit Haftungsrisiken belastet sein. Dem liefe es zuwider, wenn der Grundstücksbesitzer nur die Aufwendungen für ein Umsetzen des unbefugt abgestellten Fahrzeugs auf einen Parkplatz in dem öffentlichen Verkehrsraum für erforderlich halten dürfte, nicht aber die Kosten für dessen Verwahrung. Das Selbsthilferecht des Privaten drohte ansonsten schon wegen des Haftungsrisikos entwertet zu werden. Zwar werden Fahrzeuge üblicherweise auf öffentlichen Parkplätzen abgestellt, so dass sie ohnehin den Gefahren des Straßenverkehrs ausgesetzt sind. Die Auswahl des Parkplatzes obliegt allerdings im Regelfall dem Halter oder dem berechtigten Fahrzeugführer, der auch das mit der Auswahl des Parkplatzes verbundene Risiko trägt. Müsste der Geschäftsführer im Zuge des Umsetzens einen Parkplatz im öffentlichen Raum auswählen, müsste er die Verantwortung für die ordnungsgemäße Auswahl eines Stellplatzes übernehmen. Dabei hätte er zu berücksichtigen, ob das Fahrzeug ausreichend gegen Abhandenkommen gesichert ist oder besonders schutzbedürftig ist, weil es etwa weit überdurchschnittlich wertvoll ist oder sich in ihm erkennbar wertvolle Gegenstände befinden. Auch das Parkplatzumfeld könnte einer Änderung unterliegen, etwa infolge einer nachträglich angeordneten Halteverbotszone, so dass sich im Einzelfall ggf. Überwachungspflichten des Geschäftsherrn ergeben könnten, solange der Halter über den neuen Standort des Fahrzeugs noch nicht informiert ist. Bei Verletzung der Pflicht zu der ordnungsgemäßen Auswahl des Parkplatzes könnten Schadensersatzansprüche des Geschäftsherrn drohen. Risiken dieser Art muss der Grundstücksbesitzer nicht eingehen, sondern er darf das Fahrzeug in sichere Verwahrung geben.
Die Verwahrkosten, die in den fünf Tagen bis zu der Äußerung des Herausgabeverlangens des Klägers entstandenen sind, sind im vollen Umfang ersatzfähig.
Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist nur auf die vorübergehende Wahrung der Interessen des Geschäftsherrn während einer Zeit gerichtet, in der dieser nicht in der Lage ist, das Geschäft selbst auszuführen oder Weisungen zu erteilen. Sie hat grundsätzlich nur überbrückenden Charakter. Dies ergibt sich insbesondere aus § 681 Satz 1 BGB, der bestimmt, dass der Geschäftsführer die Übernahme der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn anzuzeigen hat, sobald dies tunlich ist, und dessen Entschließung abzuwarten hat, sofern nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Daraus folgt, dass der Geschäftsführer die kostenpflichtige Verwahrung des Fahrzeugs nicht ohne Weiteres zeitlich unbegrenzt für erforderlich halten darf. Vielmehr muss er in Erfüllung seiner Pflichten aus § 681 Satz 1 BGB unmittelbar nach dem Abschleppvorgang den Fahrzeughalter durch Halteranfrage ermitteln, ihn von der Übernahme der Geschäftsführung unterrichten und dessen Entschließung abwarten. Eine unterlassene oder verspätete Anzeige macht die Geschäftsführung zwar nicht zu einer unberechtigten und schließt auch nicht ohne Weiteres den Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 BGB aus. Der Geschäftsherr kann jedoch dem Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers aus Geschäftsführung ohne Auftrag einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes des Geschäftsführers gegen die Anzeigepflicht nach § 681 Satz 1 BGB entgegenhalten.
Der Beklagten steht für jeden Tag des fünftägigen Verwahrzeitraums ein Betrag von 15 Euro zu. Das Eingehen einer Verbindlichkeit zu der Beseitigung der Besitzstörung stellt nur insoweit eine ersatzfähige Aufwendung dar, als die am Ort der Besitzstörung üblichen Kosten für das Abschleppen fremder Fahrzeuge und die Kosten für vorbereitende Maßnahmen nicht überschritten werden. Das gilt sinngemäß auch für die Kosten der Verwahrung.
Den auf Freistellung von ihrer Zahlungsverpflichtung gegenüber der Beklagten gerichteten Aufwendungsersatzanspruch hat die Streithelferin wirksam an die Beklagte abgetreten, wodurch er sich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.
Die zulässige Revision der Beklagten bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Verwahrung des Fahrzeugs für die Zeit vom 13.10.2020 bis zum 02.09.2021.
Ein Ersatzanspruch ist nicht nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag begründet (§§ 677, 683 Satz 1 BGB, 670 BGB).
Die Beklagte hat nach diesen Bestimmungen aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Streithelferin dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, welche die Streithelferin zu der Beseitigung der Besitzstörung für erforderlich halten durfte. Das gilt hinsichtlich der Verwahrkosten aber nur bis zu einem Herausgabeverlangen des Halters.
Eine spätere Weisung ändert den einmal entstandenen Aufwendungsersatzanspruch nicht. Dem nach Übernahme der Geschäftsführung geäußerten Herausgabeverlangen des Klägers kommt gleichwohl rechtliche Bedeutung zu. Denn der Geschäftsherr kann die Ausführung gegenüber dem Geschäftsführer jederzeit durch Weisung beenden. Ab dem Zeitpunkt der Weisung darf der Geschäftsführer weitere Aufwendungen nicht mehr i.S.v. § 670 BGB für erforderlich halten. Daher kann die Beklagte ab dem Zugang des Herausgabeverlangens von dem Kläger keinen Aufwendungsersatz für die Verwahrung des Fahrzeugs verlangen, weil sie die Aufwendungen hierfür nicht mehr für erforderlich halten durfte.
Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten der Verwahrung des Fahrzeugs für die Zeit vom 13.10.2020 bis zum 02.09.2021 ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag begründet (§§ 684 Satz 1, 812 ff. BGB). Liegen die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Ein Anspruch auf Erstattung der Verwahrkosten scheidet nach diesen Grundsätzen jedoch aus, weil der Kläger durch das Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgelände der Beklagten nichts erlangt hat, wofür Wertersatz zu leisten wäre.
Ein auf Ersatz der Verwahrkosten gerichteter Schadensersatzanspruch der Beklagten aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Streithelferin gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Ein konkurrierender deliktischer Anspruch wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes reicht im Ergebnis nicht weiter als ein Erstattungsanspruch nach den Vorschriften der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.
Allerdings kommt im Grundsatz ein auf Ersatz der Verwahrkosten gerichteter Schadensersatzanspruch der Streithelferin aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB in Betracht. Das unberechtigte Abstellen des Fahrzeugs im Innenhof des privaten Gebäudekomplexes stellte eine verbotene Eigenmacht i.S.v. § 858 Abs. 1 BGB dar, der sich die Streithelferin nach § 859 Abs. 1 bzw. Abs. 3 BGB erwehren durfte, indem sie das Fahrzeug abschleppen ließ.
Der Störer ist verpflichtet, dem Geschädigten den aus der verbotenen Eigenmacht entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bemisst sich nach § 249 Abs. 1 BGB; ersatzfähig sind solche Schäden, die in adäquatem Zusammenhang mit der von dem Störer verübten verbotenen Eigenmacht stehen und von dem Schutzbereich der verletzten Norm erfasst werden.
Danach gehören, wie auch bei dem Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, nach der zu den nach § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähigen Kosten neben den reinen Abschleppkosten auch die Kosten, die im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs entstanden sind, und diejenigen, die der späteren Abwicklung des Abschleppvorgangs dienen. Demgegenüber sind die Kosten für die außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs nicht nach § 249 Abs. 1 BGB ersatzfähig. Solche Kosten sind als Folgeschaden anzusehen, der dem Schädiger nicht zuzurechnen ist. Aufwendungen des Geschädigten für die Bearbeitung und außergerichtliche Abwicklung des Schadensersatzanspruchs kann er regelmäßig nicht von dem Schädiger ersetzt verlangen.
Zu den erstattungsfähigen Schäden zählen in den Fällen, in denen auf privatem Grund unbefugt abgestellte Fahrzeuge von dem Beeinträchtigten entfernt werden, auch die ortsüblichen Kosten der Verwahrung des Fahrzeugs. Das gilt allerdings nur, soweit sie zu der Beseitigung der Besitzstörung unbedingt erforderlich sind.
Die Beauftragung eines Unternehmens mit der kostenpflichtigen Verwahrung steht regelmäßig in adäquatem Zusammenhang mit der von dem Störer verübten verbotenen Eigenmacht. Daraus folgt nicht zugleich, dass die Verwahrkosten zeitgleich unbegrenzt zu erstatten sind. Es kann nur für solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen; es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde, und es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Pflicht- oder Normverletzung und dem Schaden bestehen, nicht nur eine mehr oder weniger zufällige äußere Verbindung. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Reaktion auf eine verbotene Eigenmacht das Selbsthilferecht (§ 859 BGB) zu der Beseitigung der Besitzstörung oder -entziehung zubilligt, dessen Ausübung mit Kosten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwischen der Verletzung des Schutzgesetzes (§ 858 Abs. 1 BGB) und der Schadensfolge her.
Nach diesen Grundsätzen liegen die durch eine kostenpflichtige Verwahrung entstehenden Kosten nur innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm, soweit die Verwahrung zu der Beseitigung der Besitzstörung unbedingt notwendig ist. Daran fehlt es bei Verwahrkosten, die entstehen, weil der im Auftrag des Geschädigten tätig gewordene Abschleppunternehmer die Herausgabe, ggf. unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB wegen der Abschleppkosten und der bis zu dem Herausgabeverlangen angefallenen Verwahrkosten, verweigert. Diese Verwahrkosten sind nämlich nur noch auf die Herausgabeverweigerung und die damit bezweckte Durchsetzung des entstandenen Schadensersatzanspruchs wegen der Besitzstörung zurückzuführen. Derartige Aufwendungen kann der Geschädigte regelmäßig nicht von dem Schädiger ersetzt verlangen. Durch die aufgrund der Besitzstörung herausgeforderte Verwahrung ist keines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter der Streithelferin verletzt worden.
Danach hat die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz der nach dem Herausgabeverlangen des Klägers entstandenen Verwahrkosten. Die Beklagte verweigerte die Herausgabe des Fahrzeugs zum Zweck der Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs wegen der Besitzstörung. Soweit die Verwahrung nach dem Herausgabeverlangen fortgesetzt wurde, stellte dies keine unbedingt notwendige Maßnahme der Störungsbeseitigung mehr dar.
Ein Anspruch der Beklagten aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) der Streithelferin auf Ersatz der nach dem Herausgabeverlangen des Klägers angefallenen Standkosten folgt schließlich auch nicht aus § 304 BGB.
Nach § 304 BGB kann der Schuldner im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die er für die Aufbewahrung des geschuldeten Gegenstands machen musste. Der Anspruch ist auf den Ersatz des tatsächlich entstandenen Mehraufwandes beschränkt, soweit dieser objektiv erforderlich war. Es kommt grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät. Insoweit werden die Verwahrkosten regelmäßig erforderliche Mehraufwendungen i.S.v. § 304 BGB darstellen.
Ein Ersatzanspruch der Streithelferin ist nicht gegeben, weil der Kläger mit der Rücknahme des Fahrzeugs nicht in Annahmeverzug geraten ist. Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Ist der Schuldner nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der Gläubiger nach § 298 BGB in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet. Danach muss der Schuldner nicht nur die Leistung anbieten, sondern auch sein Zurückbehaltungsrecht ausüben.


C.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung gibt einen umfassenden Überblick über die Rechtsprechung des BGH, die nahezu alle Rechtsfragen der Geschäftsführung ohne Auftrag geklärt hat, die im Zusammenhang mit sog. Abschleppfällen relevant sind (Martinek, jM 2024, 99, 100; dazu die folgenden Entscheidungen des BGH: BGH, Urt. v. 05.06.2009 - V ZR 144/08 - MDR 2009, 1166; BGH, Urt. v. 02.12.2011 - V ZR 30/11 - MDR 2012, 145 m. Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 3/2012 Anm. 3; BGH, Urt. v. 06.07.2012 - V ZR 268/11 - MDR 2012, 1225 m. Anm. Staake, LMK 2012, 340107; BGH, Urt. v. 21.09.2012 - V ZR 230/11 - MDR 2012, 1407; BGH, Urt. v. 04.07.2014 - V ZR 229/13 Rn. 16 - MDR 2014, 1077 m. Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 18/2014 Anm. 1; BGH, Urt. v. 18.12.2015 - V ZR 160/14 - MDR 2016, 267; BGH, Urt. v. 11.03.2016 - V ZR 102/15 - MDR 2016, 764).
Der BGH ergänzt mit dieser Entscheidung die tatbestandliche Auslegung der Anspruchsgrundlage der Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB. Die bisher offene Frage, ob die Verwahrkosten aufgrund dieser Anspruchsgrundlage zu ersetzen sind, hat der BGH nunmehr geklärt. Nach der bisherigen Rechtsprechung sind ersatzfähige Maßnahmen die Vorbereitung und Durchführung des Abschleppvorgangs wie die Prüfung des Fahrzeugs (BGH, Urt. v. 04.07.2014 - V ZR 229/13 - MDR 2014, 1077 m. Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 18/2014 Anm. 1). Zur Ersatzfähigkeit von Verwahrkosten hatte sich der BGH bislang nicht geäußert (Anm. Koch, NJW 2024, 279).
Ergänzt hat der BGH die bisher anerkannten Maßnahmen um die weitere ersatzfähige Maßnahme der Verwahrkosten (Anm. Koch, NJW 2024, 279; Steinert, SVR 2024, 142; Martinek, jM 2024, 99, 101, 102; Fritzsche in: BeckOK BGB, 69. Ed. Stand: 01.02.2024, § 859 Rn. 22 bis 25 m.w.N.).
Der BGH weist auf die Anspruchsgrundlage des § 304 BGB hin, der regelt, dass der Schuldner im Falle des Verzuges des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen kann, die er für die Aufbewahrung des geschuldeten Gegenstandes gemacht hat (Ls. 2, Rn. 40 bis 43): Es kommt ein Anspruch auf Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die für das Abschleppen und die Verwahrung angefallenen ortsüblichen Kosten zu zahlen und der Abschleppunternehmer daraufhin die Herausgabe des Fahrzeugs verweigert, so dass der Halter in Annahmeverzug gerät (Ls. 2, Rn. 41; Lorenz in: BeckOK BGB, 69. Ed. Stand: 01.02.2024, § 398 Rn. 4; Fritzsche in: BeckOK BGB, § 859 Rn. 23 m.w.N.).


D.
Auswirkungen für die Praxis
Die Entscheidung des BGH ist ein weiterer gewichtiger Beitrag gegen die Unsitte, Fahrzeuge einfach auf Privatgrundstücken abzustellen (Kaäb, FD-StrVR 2023, 821998). Die Entscheidungsgründe des BGH bieten eine geeignete Grundlage für die rechtliche Beurteilung der Ansprüche und Gegenansprüche der Parteien; der BGH hat die möglichen beiderseitigen Ansprüche und Gegenansprüche eingehend geprüft. Im Unterschied zu der Rechtslage vor dieser Entscheidung ist nunmehr geklärt, dass eine Privatperson den Abschleppvorgang in Auftrag geben kann, mit dem aus der Entscheidung ersichtlichen Kostenrisiko für den Halter. Der Eigentümer oder der Verwalter eines Grundstücks mit privaten Parkplätzen sollte durch Schilder oder durch deutliche Kennzeichnung der Parkplätze durch eine entsprechende Aufschrift auf dem Boden der jeweiligen Parkplätze darauf hinweisen, dass es sich um private Parkplätze handelt, deren Nutzung verboten ist.
Der Abschleppunternehmer sollte im eigenen Interesse so bald wie möglich den Halter eines abgeschleppten Fahrzeugs ermitteln und diesen unter Zahlung der Abschlepp- und -verwahrkosten zur Abholung des Fahrzeugs auffordern. Er sollte sorgfältig darauf achten, dass die Gegenforderung korrekt berechnet ist, da die Forderung eines nicht nur unerheblich höheren als des geschuldeten Betrages ein ordnungsgemäßes Angebot des Schuldners der Zug um Zug zu erbringenden Leistung ausschließt (BGH, Urt. v. 29.11.2022 - VI ZR 376/20 - VersR 2023, 386, Ls. 3 Rn. 9 f., mit einem ausf. Orientierungssatz).



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