juris PraxisReporte

Anmerkung zu:OLG Schleswig 7. Zivilsenat, Beschluss vom 04.01.2024 - 7 U 141/23
Autor:Jan Lukas Kemperdiek, LL.M., RA, FA für Verkehrsrecht, FA für Versicherungsrecht und FA für Medizinrecht
Erscheinungsdatum:10.04.2024
Quelle:juris Logo
Normen:§ 7 StVG, § 522 ZPO, § 9 StVO, § 5 StVO, § 35 StVO, § 38 StVO
Fundstelle:jurisPR-VerkR 7/2024 Anm. 1
Herausgeber:Dr. Klaus Schneider, RA, FA für Verkehrsrecht, FA für Versicherungsrecht und Notar
Zitiervorschlag:Kemperdiek, jurisPR-VerkR 7/2024 Anm. 1 Zitiervorschlag

Kollision zwischen einem geradeaus fahrenden Rettungswagen und einem Linksabbieger auf einer gut einsehbaren Landstraße



Leitsätze

1. Rettungswagen sind von den Vorschriften der StVO befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Die Beweislast für das Vorliegen einer Einsatzfahrt trägt derjenige, der sich auf das Vorliegen einer Einsatzfahrt beruft.
2. Sonderrechte für Rettungswagen dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden. Je mehr sich der Einsatzfahrer über allgemeine Verkehrsregeln hinwegsetzt und dadurch die Unfallgefahren erhöht, desto größer ist die ihm obliegende Sorgfaltspflicht.
3. Die Einsatzfahrt ist auf einer gut einsehbaren Hauptstraße mit einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mehr als das Doppelte (hier 75 km/h statt erlaubter 30 km/h) gerechtfertigt.
4. Auf welche Weise „freie Bahn“ zu schaffen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei der Ausschluss einer Behinderung des Einsatzfahrzeugs alleinige Richtschnur für das Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer sein muss. Im Zweifel muss der Unfallgeschädigte mit seinem Fahrzeug einfach stehen bleiben, sofern für das Ausweichen nach links oder rechts kein genügender Platz vorhanden ist.



A.
Problemstellung
Das OLG Schleswig hatte sich mit der Kollision zwischen einem im Einsatz befindlichen Rettungswagen und einem Pkw zu befassen und nutzt die Gelegenheit, um die Anforderung an das Schaffen einer „freien Bahn“ i.S.d. § 38 StVO und an die Zulässigkeit von Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Einsatzfahrzeuge zu präzisieren.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Parteien streiten um Ansprüche der Klägerin nach einem dem Haftungsgrunde nach streitigen Verkehrsunfall vom 21.10.2022. Unfallbeteiligt war der Ehemann der Klägerin in deren Pkw und ein Rettungswagen, der von der Beklagten für einen Notfalleinsatz alarmiert und unter Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten zu diesem Einsatz unterwegs war. Beide Fahrzeuge fuhren auf einer gut ausgebauten und einsehbaren Hauptstraße in gleiche Richtung. An der späteren Unfallörtlichkeit galt eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Im Kreuzungsbereich beabsichtigte der Ehemann der Klägerin nach links in eine untergeordnete Straße abzubiegen. Währenddessen wurde er von dem Rettungswagen im Gegenverkehr mit einer Geschwindigkeit von mindestens 75 km/h überholt. Hierbei kam es zur Kollision. Das Blaulicht und das Martinshorn waren zeitgleich mindestens 7,11 Sekunden und 127,7 m vor der Kollision eingeschaltet. Gegenverkehr gab es zum Zeitpunkt des Überholmanövers des Rettungswagens unstreitig nicht.
Die Klägerin begehrt materiellen Schadensersatz, immateriellen Schadensersatz des leicht verletzten Ehemannes aus abgetretenem Recht sowie die Feststellung, dass die Beklagte zu 75% für die Folgen des Unfalls einzustehen habe.
Die Klägerin hatte das Vorliegen einer berechtigten Sonderrechtsfahrt bestritten und angegeben, dass das Schaffen der freien Bahn durch ihren Ehemann am ehesten dadurch hätte erreicht werden können, dass das Abbiegemanöver fortgesetzt und abgeschlossen worden wäre.
Die Beklagte hatte zum Einsatzgrund ausgeführt, dass es sich bei dem RTW um das nächstgelegene Rettungsmittel für einen bestimmten Einsatzort gehandelt habe. Zwar liege dieser Einsatzort nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Beklagten, allerdings habe sich der RTW auf der Rückfahrt von einem anderen Einsatz per Zufall in der Nähe der nun maßgeblichen Einsatzstelle befunden und sei daher nach Rücksprache mit der örtlich zuständigen Rettungsleitstelle alarmiert worden.
Das LG Kiel hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen. Ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG komme schon deshalb nicht in Betracht, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass die Beklagte nicht nur unstreitig Auftraggeberin des Notfalleinsatzes ist, sondern auch Halterin des RTW war. Betreffend etwaige Amtshaftungsansprüche habe die Fahrerin des RTW in Ansehung der Zeitspanne, in der sie sich mit Sondersignalen der Unfallörtlichkeit annäherte, darauf vertrauen dürfen, dass sich alle anderen Verkehrsteilnehmer auf den heranfahrenden RTW hätten einstellen können.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts legte die Klägerin Berufung ein.
Mit dem hier besprochenen Beschluss hat das OLG Schleswig die Berufungsführerin nach § 522 Abs. 2 ZPO auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung hingewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Eine Amtspflichtverletzung der Beklagten liege nicht vor. Die beiden in Betracht kommenden Pflichtverstöße der Fahrerin des RTW, nämlich die Geschwindigkeitsüberschreitung und das Überholen bei angekündigtem Linksabbiegen, liege nicht vor. Zunächst ist das OLG Schleswig von einer berechtigten Sonderrechtsfahrt des RTW ausgegangen. Darlegungs- und im Zweifel beweisbelastet für die Berechtigung der Sonderrechtsfahrt sei derjenige Unfallbeteiligte, der sich auf diese Berechtigung berufe. Insoweit habe die Beklagte ihren Darlegungsanforderungen dazu genügt, das Bestreiten der Klägerin sei insoweit nicht erheblich gewesen. Die Fahrerin des RTW habe vor diesem Hintergrund Sonder- und auch Wegerechte in Anspruch nehmen dürfen.
Die als Amtspflichtverletzung in Betracht kommende Geschwindigkeitsüberschreitung des RTW sei damit dem Grunde nach i.S.d. § 38 Abs. 8 StVO zulässig und nicht (mit-)haftungsbegründend. Das Oberlandesgericht hat die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit des RTW um +150% akzeptiert. Dies hat das OLG Schleswig im Wesentlichen mit der konkreten Unfallörtlichkeit begründet. Diese sei auf einer nach den landgerichtlichen Feststellungen gut einsehbaren und ausgebauten Hauptstraße gelegen.
Das Überholen des Pkws der Klägerin durch den RTW im Gegenverkehr war nach Auffassung des Oberlandesgerichts deshalb zulässig, da der Ehemann der Klägerin durch das Blaulicht und das Martinshorn hinreichend gewarnt worden sei. Selbst dann, wenn er die Warnsignale nicht wahrgenommen hätte, habe er nicht ohne die doppelte Rückschau i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 4 StVO abbiegen dürfen. Die Auffassung der Klägerin, wonach am ehesten das Abbiegemanöver hätte zur Schaffung der „freien Bahn“ i.S.d. § 38 StVO vollendet werden sollen und müssen, teilte das OLG Schleswig nicht. Vielmehr sei die beste Möglichkeit, im Zweifel stehen zu bleiben und die Vorbeifahrt des Fahrzeugs abzuwarten. Auf welche Weise dem Fahrzeug freie Bahn zu schaffen sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab, wobei der Ausschluss einer Behinderung des Wegerechtsfahrzeugs alleinige Richtschnur für das Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer zu sein habe. Das Einfahren in die Gegenfahrbahn zum Zwecke des Linksabbiegen sei daher zum Schaffen einer freien Bahn nicht erforderlich, sogar schädlich gewesen. Im Zweifel hätte der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs mit seinem Pkw einfach stehen bleiben müssen, um die Vorbeifahrt des RTW zu ermöglichen.
In diesem Lichte beabsichtigte das OLG Schleswig, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.


C.
Kontext der Entscheidung
Die Entscheidung des OLG Schleswig stellt noch einmal die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten inkl. der dazugehörigen Beweislast dar, ist in der Haftungsabwägung aber nicht ganz unkritisch zu betrachten:
Zunächst hat das Oberlandesgericht sauber zwischen der Inanspruchnahme von Sonderrechten und einem ausgeübten Wegerecht getrennt. Fahrzeuge des Rettungsdienstes dürfen nach § 35 Abs. 5a StVO Sonderrechte dann in Anspruch nehmen und sind damit von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Aus dieser Vorschrift folgt zunächst erst einmal nicht viel mehr, als dass der Fahrer des Fahrzeugs Verhaltensweisen an den Tag legen darf, die ansonsten im Straßenverkehr unzulässig wären. Sonderrechte i.S.d. § 35 StVO stellen isoliert allerdings zunächst nur eine Berechtigung des diese Rechte in Anspruch Nehmenden, jedoch keine Verpflichtung der übrigen Verkehrsteilnehmer dar. Eine bestimmte verkehrsrechtliche Verpflichtung der übrigen Verkehrsteilnehmer entsteht erst dann, wenn das Fahrzeug zusätzlich sog. Wegerechte in Anspruch nimmt. Deren Inanspruchnahme wird nach § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO durch die gleichzeitige Verwendung von blauem Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn signalisiert. Die Inanspruchnahme von Wegerechten ist für die Fahrzeuge des Rettungsdienstes dann zulässig, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden. Die Inanspruchnahme eines Wegerechts nach § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO ordnet für alle übrigen Verkehrsteilnehmer an, sofort freie Bahn zu schaffen, § 38 Abs. 1 Satz 2 StVO.
Bei einer Einsatzfahrt unter der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Sonderrechten und Wegerechten kann sich also der Fahrer des Einsatzfahrzeuges sowohl über die Regeln der StVO hinwegsetzen als auch durch die gleichzeitige Verwendung von blauem Blinklicht und dem Einsatzhorn anordnen, dass die übrigen Verkehrsteilnehmer ihm sofort freie Bahn zu schaffen haben.
Nach § 35 Abs. 8 StVO dürfen jedenfalls die Sonderrechte, also die Abweichungen des Einsatzfahrzeugs von den Regeln der Straßenverkehrsordnung, nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.
Zu Recht stellt das Oberlandesgericht zunächst die grundsätzliche Berechtigung der Fahrerin des Rettungswagens zur Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten fest.
Nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Beklagten war der unfallbeteiligte RTW auf der Rückfahrt von einem Krankentransport und in räumlicher Hinsicht für den jetzt anliegenden Notfalleinsatz das nächstverfügbare Rettungsmittel.
Um 10:12 Uhr hatte die Leitstelle der Beklagten den Rettungswagen sowie ein Notarzteinsatzfahrzeug zu einem Notfalleinsatz alarmiert und ausdrücklich die Inanspruchnahme der Sondersignalanlage angeordnet. Zwar liegt die letzte Verantwortlichkeit für die Inanspruchnahme der Sonderrechte grundsätzlich beim Fahrer des Fahrzeugs. Kann dieser aber im Moment der zu treffenden Entscheidung lediglich auf Grundlage der ihm durch die Einsatzleitstelle übermittelten Informationen seine Abwägung treffen, spricht alles dafür, von einer grundsätzlichen Berechtigung der Inanspruchnahme der Sonder- und Wegerechte auszugehen. Hierbei kommt es grundsätzlich auf die Bewertung aus einer ex-ante-Perspektive des Einsatzfahrzeugführers an. Es ist also unerheblich, ob sich im späteren Verlauf des Einsatzes die Inanspruchnahme der Sonder- und Wegerechte möglicherweise aufgrund einer fehlenden akuten Notfallsituation als unzulässig herausstellt oder möglicherweise sogar ein Fehlalarm vorliegt (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 04.05.2018 - 7 U 37/17; OVG Lüneburg, Urt. v. 13.01.1997 - 12 M 6603/96; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.01.2010 - 3 RBs 95/09).
Insoweit ist dem OLG Schleswig beizupflichten, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung des RTW um zusätzliche 150% der zulässigen Geschwindigkeit grundsätzlich zulässig ist, solange die gefahrene Geschwindigkeit nicht mit der Regel des § 35 Abs. 8 StVO kollidiert, wonach sich die Geschwindigkeitsüberschreitung im Rahmen des für die jeweilige Unfallörtlichkeit Kontrollierbaren halten muss. Zu berücksichtigen ist dabei, dass weder eine prozentual noch eine nominell gemessene Geschwindigkeitsüberschreitung ab einem jeweils bestimmten Wert einen Verstoß gegen § 35 Abs. 8 StVO bei gleichzeitiger Anwesenheit anderer Fahrzeuge begründen kann. Es dürfte jeweils auf den konkreten Einzelfall ankommen. Auf einer Landstraße, auf der 100 km/h zulässig sind, dürfte eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 km/h und eine insgesamt gefahrene Geschwindigkeit von etwa 150 km/h noch nicht zu einer Mithaftung führen (OLG Oldenburg, Urt. v. 16.12.2021 - 14 U 32/21), in einem Bereich, in dem lediglich 30 km/h zulässig sind, erweist sich eine Geschwindigkeitsüberschreitung um ebenfalls 50 km/h aber schon als außergewöhnlich schnell. Zu berücksichtigen ist jeweils, wie sich der sonstige Verkehr auf die erhöhte Geschwindigkeit einstellen kann und voraussichtlich wird (OLG Hamm, Urt. v. 20.03.2009 - 9 U 187/08; KG, Urt. v. 31.05.2007 - 12 U 129/06).
In diesem Lichte fällt auf, dass die Entscheidung keine Feststellungen zu den Fragen enthält, inwieweit das Abbiegemanöver für die Fahrerin des Rettungswagens erkennbar war, insbesondere ob der behauptete Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt war und eine Einordnung zur Fahrbahnmittellinie hin stattgefunden hat sowie, ob ein Rechts-Überholen möglich gewesen wäre. War das Abbiegemanöver erkennbar, so dürften erhöhte Sorgfaltsanforderungen an die Fahrweise der Fahrerin des RTWs zu stellen sein. Hier greift dann nämlich § 35 Abs. 8 StVO ein, da die Fahrerin des Rettungswagens im Zweifel unter Verstoß gegen § 5 Abs. 7 Satz 1 StVO ein bereits zum Linksabbiegen eingeordnetes Fahrzeug links überholt hat. Auch die Frage der Erkennbarkeit des RTWs und des Umstands, dass dieser Sonder- und insbesondere Wegerechte für sich in Anspruch nimmt, ist nicht weiter ausgeführt. Gerade in unübersichtlichen Verkehrssituationen legt die Rechtsprechung dem Fahrer des Sonderfahrzeugs äußerste Sorgfaltspflichten auf (z.B. im Kreuzungsbereich: Abbremsen notfalls bis zum Stillstand, KG, Urt. v. 31.05.2007 - 12 U 129/06; OLG Jena, Urt. v. 20.12.2006 - 4 U 259/05; OLG Naumburg, Urt. v. 21.08.2017 - 1 U 58/17).
Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den hier vorliegenden Fall hat zur Folge, dass eine ungebremste Vorbeifahrt des RTWs links an dem Pkw der Klägerin wohl nur dann zulässig gewesen sein dürfte, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafürgesprochen haben, dass der Ehemann der Klägerin beabsichtigte links abzubiegen. Das dürfte im Kreuzungsbereich mit einer Einmündung wohl nicht der Regelfall sein.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Unfälle mit Sonderfahrzeugen, also Fahrzeugen, die unter Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten am Straßenverkehr teilnehmen, sind nicht nur in der Regel schadensträchtig, sondern hinsichtlich der Haftungsquote auch abweichend von den allgemeinen Grundregeln zu bewerten. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass Fahrzeuge unter der Inanspruchnahme von Sonderrechten grundsätzlich von den Regelungen der Straßenverkehrsordnung befreit sind und Fahrmanöver durchführen dürfen (einschließlich Geschwindigkeitsüberschreitungen), die für übrige Verkehrsteilnehmer einen sofortigen Verstoß gegen die Vorschriften der StVO zur Folge hätten. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass § 35 Abs. 8 StVO die Nutzung der Sonderrechte dahin gehend einschränkt, dass diese nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden dürfen. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung (vgl.o.) dürfen also andere Verkehrsteilnehmer nicht über Gebühr gefährdet werden.
Stets gewichtig zu berücksichtigen ist ein Verkehrsverstoß des sonstigen Verkehrsteilnehmers gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 StVO und das dort verankerte Wegerecht des Einsatzfahrzeuges. Konnte der Verkehrsteilnehmer dessen Inanspruchnahme rechtzeitig erkennen, so hat er „sofort freie Bahn“ zu schaffen. D.h. im Zweifelsfall, dass das Fahrzeug angehalten werden und solange in dieser neutralen Position verharren muss, bis das Sonderrechtsfahrzeug den Gefahrenbereich passiert hat (OLG Hamm, Urt. v. 20.03.2009 - 9 U 187/08; OLG Jena, Urt. v 20.12.2006 - 4 U 259/05; KG, Urt. v. 31.05.2007 - 12 U 129/06; LG Hamburg, Urt. v. 08.01.2021 - 306 O 314/16).



Immer auf dem aktuellen Rechtsstand sein!

IHRE VORTEILE:

  • Unverzichtbare Literatur, Rechtsprechung und Vorschriften
  • Alle Rechtsinformationen sind untereinander intelligent vernetzt
  • Deutliche Zeitersparnis dank der juris Wissensmanagement-Technologie
  • Online-First-Konzept

Testen Sie das juris Portal 30 Tage kostenfrei!

Produkt auswählen

Sie benötigen Unterstützung?
Mit unserem kostenfreien Online-Beratungstool finden Sie das passende Produkt!