Kein rückwirkendes befristetes Anerkenntnis für abgeschlossenen Zeitraum in der BerufsunfähigkeitsversicherungLeitsatz In der Berufsunfähigkeitsversicherung kann der Versicherer ein befristetes Anerkenntnis nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgeben. Orientierungssätze zur Anmerkung 1. Die in AVB vorgesehene Möglichkeit, ein Anerkenntnis für bis zu zwölf Monate zu befristen, gefährdet den Vertragszweck nicht i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, weil der Versicherer sein Leistungsversprechen nicht in gewichtigem Umfang zurücknimmt. 2. Zeitlich befristete Anerkenntnisse können nur mit Wirkung für die Zukunft und nicht für die Vergangenheit ausgesprochen werden. Dies folgt aus dem durch Auslegung ermittelten Zweck von § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG (vorläufige Regelung unsicherer Sachverhalte nur mit Wirkung für die Zukunft). 3. Der Versicherer ist auch ohne Abgabe eines Leistungsanerkenntnisses immer an die eine Leistungseinstellung regelnden Versicherungsbedingungen (Nachprüfungsverfahren) gebunden. Das gilt auch dann, wenn die Berufsunfähigkeit zwischenzeitlich weggefallen ist und kann nicht durch ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis umgangen werden. Der Versicherungsnehmer bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes durch das Nachprüfungsverfahren und die dort erforderliche nachvollziehbare Begründung des Versicherers für den Entfall seiner Leistungspflicht (entgegen Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Aufl., Kap. 12 Rn. 43, 45). 4. Zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen einer nachvollziehbar begründeten Einstellungsmitteilung wegen einer Gesundheitsverbesserung kann es genügen, dass der Versicherer dem Versicherten unverkürzt ein Gutachten zugänglich macht, aus dem er seine Leistungsfreiheit herleiten will, und - soweit noch erforderlich - in seiner Mitteilung ergänzend aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die der Versicherer seinem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine Besserung ergeben hat. 5. Die Umdeutung eines unwirksamen befristeten Anerkenntnisses für einen vergangenen Zeitraum in ein unbefristetes Anerkenntnis mit gleichzeitiger Nachprüfungsentscheidung ist gemäß § 140 BGB möglich. - A.
Problemstellung In der Praxis ergeben sich Situationen, dass der Berufsunfähigkeitsversicherer bei der Prüfung von Leistungsansprüchen erkennt, dass eine Berufsunfähigkeit zwar eingetreten, aber inzwischen schon wieder entfallen ist, etwa weil sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers deutlich verbessert hat oder ein neuer, die Lebensstellung wahrender Beruf ergriffen wurde. Dies gilt etwa dann, wenn der Versicherte zunächst für mehr als sechs Monate berufsunfähig war, eine erfolgreich vorgenommene Operation aber die Berufsunfähigkeit behoben hat oder kurz gesagt in allen Fällen, in denen der Versicherte gesünder geworden ist und dadurch der bedingungsgemäße Grad der Berufsunfähigkeit (meist 50%) nicht mehr erreicht wird. Eigentlich müsste nun anerkannt und sofort wieder im Wege des Nachprüfungsverfahrens eingestellt werden, was zulässig ist („uno actu-Entscheidung“). Es fragt sich aber, ob der Versicherer als Alternative auch rückwirkend befristet anerkennen darf, was für ihn den Vorteil hätte, sich nicht im formell und materiell durchaus anspruchsvollen Nachprüfungsverfahren zu befinden. Zudem läge bei einem vom Versicherungsnehmer bestrittenen Entfall der Berufsunfähigkeit die Beweislast bei diesem und nicht – wie in der Nachprüfung – beim Versicherer. § 173 Abs. 2 VVG regelt lediglich, dass das Anerkenntnis des Berufsunfähigkeitsversicherers nur einmal zeitlich begrenzt werden darf und bis zum Ablauf der Frist bindend ist, nicht aber, ob dies auch rückwirkend für vergangene Zeiträume gilt. In Rechtsprechung und Literatur ist dies umstritten; eine klärende BGH-Entscheidung stand bisher aus.
- B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung Die Klägerin, eine medizinische Fachangestellte, verlangt von ihrem Berufsunfähigkeitsversicherer weitere Leistungen sowie Beitragsrückerstattungen von rund 40.000 Euro. In den zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass der Versicherer in begründeten Einzelfällen „... einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis bis zu 12 Monaten … aussprechen“ kann. Die Klägerin hatte Anfang 2013 einen Bandscheibenvorfall erlitten und stellte im Juli 2015 einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsleistungen. Der Versicherer erhielt einen Arztbericht vom Mai 2016, einen Entlassungsbericht des Krankenhauses vom Juni 2015 sowie einen Bericht der Rehaklinik vom Februar 2016 und beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens zur Berufsunfähigkeit. Im September 2016 stellte der Sachverständige eine vom 01.07.2015 bis zum 29.02.2016 bestehende Berufsunfähigkeit fest. Der Versicherer erkannte mit Schreiben vom 25.10.2016 die Leistungspflicht befristet für den Zeitraum Juli 2015 bis einschließlich Februar 2016 an und begründete dies damit, dass nach dem Gutachten ab dem 01.03.2016 wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit vorliege. Dem Schreiben wurde eine Kopie des Gutachtens beigefügt. Seit dem 01.03.2016 war die Klägerin wieder als medizinische Fachangestellte in Vollzeit tätig. Die Klage auf weitere Leistungen scheiterte sowohl beim LG Potsdam als auch beim OLG Brandenburg. Beide Gerichte hielten das rückwirkend befristete Anerkenntnis für wirksam. Abweichend von beiden Vorinstanzen stellt der BGH fest, dass ein befristetes Anerkenntnis nicht wirksam rückwirkend für einen abgeschlossenen Zeitraum abgegeben werden kann und als unbefristetes Anerkenntnis zu behandeln ist. Zeitlich befristete Anerkenntnisse können damit nur mit Wirkung für die Zukunft ausgesprochen werden. Diese in Rechtsprechung und Literatur höchst umstrittene Sichtweise wird damit begründet, dass ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis nicht dem Sinn und Zweck von § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG (einmalige Befristung) entspricht, da diese Vorschrift nur eine Ausnahme für Zweifelsfälle von der in § 173 Abs. 1 VVG grundsätzlich vorgesehenen Erklärung des Versicherers über seine unbefristete Leistungspflicht enthält. Die Möglichkeit, das Anerkenntnis zu befristen, bezieht sich – so der BGH – darauf, in Zweifelsfällen, d.h. einer Situation der Unsicherheit, zunächst bis zu einer abschließenden Klärung eine vorläufige Entscheidung zu ermöglichen. Die § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG zugrunde liegende Situation der Unsicherheit, die eine vorläufige Regelung erforderlich macht, liegt aber nur für einen in die Zukunft reichenden Anerkenntniszeitraum vor. Zudem geht das Gesetz auch bei der Bindungswirkung der Befristung von einem in die Zukunft gerichteten Anerkenntnis aus, das dem Versicherungsnehmer für diesen Zeitraum eine gesicherte Rechtsposition verschaffen soll. Auch diese Bindung schließt es aus, den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Abgabe des gebotenen Anerkenntnisses rückwirkend auf den tatsächlichen Zeitraum der inzwischen beendeten Berufsunfähigkeit zu beschränken. Sowohl der Zweck einer vorläufigen Regelung in einer Situation der Unsicherheit als auch die Bindungswirkung erlauben daher nur eine in die Zukunft gerichtete Befristung. Den Interessen des Versicherers wird insoweit Rechnung getragen, als (unbefristetes) Anerkenntnis und Nachprüfungsentscheidung miteinander verbunden werden können, wenn die Berufsunfähigkeit bereits wieder entfallen ist. Da der Versicherer auch ohne Abgabe eines Leistungsanerkenntnisses immer an das vertraglich geregelte Nachprüfungsverfahren gebunden ist, gilt das auch dann, wenn die Berufsunfähigkeit zwischenzeitlich weggefallen ist, so dass dies nicht durch ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis umgangen werden kann. Der Versicherungsnehmer bedarf auch in derartigen Fällen des Schutzes durch das Nachprüfungsverfahren und die dort erforderliche nachvollziehbare Begründung des Versicherers für den Entfall seiner Leistungspflicht (entgegen Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 4. Aufl., Kap. 12 Rn. 43, 45.). Ob im Einzelfall etwas anderes gilt, wenn der Versicherungsnehmer erst nach Ende der Berufsunfähigkeit Versicherungsleistungen beantragt und so ggf. die Leistungspflicht des Versicherers durch sein eigenes Verhalten verlängern könnte, wenn man diesen an der Notwendigkeit einer Änderungsmitteilung festhielte (so OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.10.2006 - 12 U 109/06 - VersR 2007, 344 Rn. 35), lässt der Senat ausdrücklich offen, weil die Klägerin ihren Leistungsantrag vor dem Wegfall der Berufungsunfähigkeit gestellt hatte. Da die Befristung unwirksam ist, wird das Anerkenntnis wie ein unbefristetes behandelt, so dass sich die Beendigung der Leistungspflicht nach den Regeln des Nachprüfungsverfahrens richtet. Die dafür nach den Versicherungsbedingungen erforderliche Einstellungsmitteilung setzt eine Begründung voraus, aus der für den Versicherten nachvollziehbar wird, warum nach Auffassung seines Vertragspartners die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Geht es um eine Gesundheitsbesserung, so ist im Nachprüfungsverfahren maßgebend der Vergleich desjenigen Gesundheitszustands, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt hat, mit dem Gesundheitszustand zu einem späteren Zeitpunkt. Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung des Versicherers setzt daher in der Regel voraus, dass mit ihr diese Vergleichsbetrachtung vorgenommen wird und die aus ihr abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden. Zur Erfüllung der Mindestvoraussetzungen dieser Nachvollziehbarkeit kann es auch genügen, dass der Versicherer dem Versicherten unverkürzt ein Gutachten zugänglich macht, aus dem er seine Leistungsfreiheit herleiten will, und – soweit noch erforderlich – in seiner Mitteilung ergänzend aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die der Versicherer seinem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine Besserung ergeben hat. Wenn der Sachverhalt, der Gegenstand der Nachprüfung des Versicherers ist, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits der Vergangenheit angehört, können Anerkenntnis und Nachprüfungsentscheidung miteinander verbunden werden. Nach diesen Kriterien ist das Schreiben der Beklagten vom 25.10.2016 als wirksame Einstellungsmitteilung anzusehen. Die unwirksame Befristung des Anerkenntnisses in diesem Schreiben kann nach § 140 BGB in eine Änderungsmitteilung der Beklagten umgedeutet werden, weil es das erkennbare Ziel der Beklagten war, nach dem Wegfall der Berufsunfähigkeit die Leistungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einzustellen und es naheliegend ist, dass die Beklagte im Fall einer unwirksamen Befristung jedenfalls eine Beendigung ihrer Leistungspflicht durch die Verbindung des Anerkenntnisses mit einer Änderungsmitteilung erstrebte. Inhaltlich genügt das Schreiben den Anforderungen an eine Änderungsmitteilung, weil darin der Zeitraum der Berufsunfähigkeit angegeben und eine darüberhinausgehende Leistungspflicht abgelehnt wurde. Durch die Bezugnahme auf das beigefügte Gutachten wurde hinreichend verdeutlicht, warum die Beklagte ab dem 01.03.2016 von einem Ende der Berufsunfähigkeit ausging, denn der Sachverständige hat die Erkrankung der Klägerin und den Grad ihrer Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung ihres Berufes als medizinische Fachangestellte ebenso wie die schließlich fehlende Leistungseinschränkung dargelegt. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin unstreitig zum 01.03.2016 ihre vollschichtige Tätigkeit im bisher ausgeübten Beruf wiederaufgenommen hatte, reicht dies zu ihrer Information aus. Nach den Regelungen in den Versicherungsbedingungen endete die Leistungspflicht der Beklagten mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang dieser Änderungsmitteilung bei der Klägerin (Januar 2017). Trotz dieser geklärten Aspekte verweist der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurück, weil dieses sich – aus seiner Sicht konsequent – bislang nicht mit der Höhe der zu gewährenden Leistungen und dem Verzugsbeginn sowie der vertraglichen Ausgestaltung der Überschussbeteiligung befasst hat.
- C.
Kontext der Entscheidung Die verschiedenen Rechtsprechungs- und Literaturmeinungen zum rückwirkend befristeten Anerkenntnis werden in der Entscheidung überwiegend aufgeführt. Für eine wirksame rückwirkende Befristung hatten sich ausgesprochen: OLG Bamberg, Beschl. v. 30.06.2021 - 1 U 493/20 Rn. 11; OLG Celle, Urt. v. 09.04.2018 - 8 U 250/17 Rn. 50 - obiter dictum; OLG Hamm, Urt. v. 04.07.2016 - 6 U 222/15 - VersR 2016, 1361 Rn. 22 i.V.m. Rn. 5; hier 4. Aufl. Kap. 12 Rn. 43 ff.; Neuhaus in: Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, PK-VVG, 4. Aufl., § 173 Rn. 27; Mertens in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, § 173 VVG Rn. 9; Dörner in MünchKomm VVG, § 173 Rn. 19, 27; Klenk in: Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 173 Rn. 13. Als unwirksam angesehen wurde die rückwirkende Befristung von: OLG Braunschweig, Beschl. v. 25.10.2021 - 11 U 196/19; OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.11.2015 - 5 U 84/13 - ZfSch 2017, 459; LG Heidelberg, Urt. v. 08.04.2016 - 4 O 307/14; LG Dortmund, Urt. v. 04.12.2014 - 2 O 124/14 - ZfSch 2015, 343 Rn. 42; LG Berlin, Urt. v. 19.03.2014 - 23 O 87/12 - ZfSch 2015, 223 = VersR 2014, 1196 Rn. 33; Rixecker in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 173 Rn. 9; Hoenicke in: Ernst/Rogler, BUV, § 8 BUV Rn. 45; Höra in: Münchener Anwalts-Handbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl., § 26 Rn. 283. Der zweite Schwerpunkt der Entscheidung betrifft die formellen Anforderungen im Nachprüfungsverfahren. Die „Veränderung“ der Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit muss nach § 174 Abs. 1 VVG „dargelegt“ werden. Wegen des Zwecks der Einstellungsmitteilung – sie soll dem Versicherungsnehmer die für die Einschätzung seines Prozessrisikos erforderlichen Informationen geben und muss deshalb nachvollziehbar sein (BGH, Urt. v. 17.02.1993 - IV ZR 228/91 - VersR 1993, 470; BGH, Urt. v. 17.02.1993 - IV ZR 162/91 - VersR 1993, 559; OLG Jena, Urt. v. 02.10.2020 - 4 U 640/18 - RuS 2022, 39) – genügt es nicht, dass der Versicherer nur seine Absicht mitteilt, die Leistungen einzustellen oder herabzusetzen. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen Mitteilung ist deren Nachvollziehbarkeit, also grundsätzlich eine Begründung, aus der für den Versicherten nachvollziehbar wird, warum nach Auffassung seines Vertragspartners die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Eine nachvollziehbare Entscheidung setzt daher i.d.R. voraus, dass mit ihr diese Vergleichsbetrachtung vorgenommen wird und die aus ihr abgeleiteten Folgerungen aufgezeigt werden (BGH, Urt. v. 23.02.2022 - IV ZR 101/20; BGH, Urt. v. 28.04.1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958). Eine Änderungsmitteilung ist aus den vorgenannten Gründen nach ständiger Rechtsprechung nur wirksam, wenn sie einen Vergleich des dem Anerkenntnis des Versicherers zugrunde liegenden Zustandes des Versicherten mit dem für das Abänderungsverlangen maßgeblichen enthält und der Versicherer aufzeigt, auf welche Veränderungen er sein Verlangen im Einzelnen stützen will oder er im Einzelnen die Berechtigung darlegt, den Versicherten auf seine derzeit ausgeübte Tätigkeit verweisen zu können (BGH, Urt. v. 02.11.2005 - IV ZR 15/05 - RuS 2006, 205; BGH, Urt. v. 28.04.1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1 a; BGH, Urt. v. 03.11.1999 - IV ZR 155/98 - RuS 2000, 213 = VersR 2000, 171 unter II 2 a; BGH, Urt. v. 19.05.1993 - IV ZR 155/92 - NJW-RR 1993, 1238; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.05.2020 - 5 U 30/19 - VersR 2020, 1169 = ZfSch 2020, 516). Wegen des Zwecks der Mitteilung sind die Anforderungen hoch (OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.05.2020 - 5 U 30/19). Soll die notwendige Begründung ihren Zweck erfüllen, so darf sie sich nicht in allgemeinen Floskeln erschöpfen, sondern muss nachvollziehbar erkennen lassen, inwiefern sich die Sachlage jetzt nach Auffassung des Versicherers von derjenigen zur Zeit des Anerkenntnisses unterscheidet (Neuhaus, BUV, 4. Aufl. 2020, Kap. 14 Rn. 114). Zu beachten ist, dass auch hier gewisse Transparenzgebote gelten, d.h. keine Überfrachtung des Textes durch eine bloße „Nacherzählung“ des Leistungsfalles (keine „Bleiwüste“) und keine Abstraktionen, wie „auskömmliche Einnahmen“ (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.12.2015 - 9 U 104/14 - VersR 216, 978). Ausnahmsweise können die Anforderungen geringer sein, wenn der Versicherte wieder voll im ursprünglichen Beruf arbeitet (OLG Brandenburg, Urt. v. 15.07.2020 - 11 U 91/19).
- D.
Auswirkungen für die Praxis Würden Urteile Geräusche erzeugen, wäre bei der aktuellen BGH-Entscheidung ein lauter Knall zu hören, mit dem eine jahrzehntelange Handhabung in der Leistungsprüfung von Berufsunfähigkeitsversicherern zerplatzt. Das Urteil trägt jedenfalls für Leistungsfälle, in denen die Berufsunfähigkeit bei Anmeldung durch den Versicherungsnehmer noch nicht wieder entfallen ist und erst später im Verlauf der Leistungsprüfung wegfällt, das rückwirkend befristete Anerkenntnis zu Grabe und ersetzt es durch eine sog. uno actu-Entscheidung, also ein Anerkenntnis mit gleichzeitiger Einstellungsmitteilung. Damit wird den Versicherern ein probates Mittel für eine schlanke und pragmatische Leistungsprüfung aus der Hand geschlagen. So selten, wie man vielleicht meint, sind die Fälle mit einer während der Leistungsprüfung entfallenden Berufsunfähigkeit nicht, weshalb das Urteil eine hohe Praxisrelevanz hat. Manche Versicherer haben zwar ohnehin in den AVB auf befristete Anerkenntnisse verzichtet oder wegen der Rechtsunsicherheit erzeugenden Diskussion in Rechtsprechung und Literatur bereits durchgängig auf uno actu-Entscheidungen „umgestellt“, andere haben das rückwirkend befristete Anerkenntnis jedoch durchaus aktiv genutzt. Die Entscheidung des BGH ist nachvollziehbar begründet, weshalb ich meine bisher vertretene Auffassung zur Zulässigkeit eines rückwirkend befristeten Anerkenntnisses (Neuhaus, BUV, 4. Aufl., Kap. 12 Rn. 45; Neuhaus in: Schwintowski/Brömmelmeyer/Ebers, PK-VVG, 4. Aufl., § 173 Rn. 274) aufgebe. Der BGH interpretiert § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG durch Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung, wonach „in zweifelhaften Fällen bis zu einer abschließenden Klärung zunächst eine vorläufige Entscheidung“ ermöglicht werden soll, so, dass nur eine in die Zukunft gerichtete Unsicherheit eine Befristung rechtfertigen kann. Der Fokus richtet sich auf „die § 173 Abs. 2 Satz 1 VVG zugrunde liegende Situation der Unsicherheit, die eine vorläufige Regelung erforderlich macht“. Bei einer in der Vergangenheit entfallenden Berufsunfähigkeit gebe es aber keine Unsicherheit. Das stellt eine nachvollziehbare Interpretation des gesetzgeberischen Willens dar. Auf der rechtstheoretischen Ebene dürfte die Diskussion damit abgeschlossen sein, in der praktischen Umsetzung erzeugt das Urteil allerdings neue Probleme. Der Vorteil des rückwirkend befristeten Anerkenntnisses aus Sicht des Versicherers liegt bzw. lag insoweit nicht nur in der beim Versicherungsnehmer verbleibenden Beweislast, falls er den Wegfall der Berufsunfähigkeit bestreitet, sondern auch in der praktikableren Handhabung mit weniger Aufwand und einer beschleunigten Leistungsprüfung – auch zugunsten des an einem schnellen Abschluss der Leistungsprüfung interessierten Versicherungsnehmers. Kurz gesagt erfordert eine uno actu-Entscheidung mit einer rechtssicheren (Nachprüfungs-)Einstellungsmitteilung in der Regel mehr Rechercheaufwand und führt zu zeitlichen Verzögerungen. Das sei an Beispielen verdeutlicht: Ergibt sich aus vorgelegten Arztberichten, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers inzwischen schon wieder verbessert hat, und hat der Versicherungsnehmer in der Leistungsprüfung nur kursorische Angaben zu beruflichen Einzeltätigkeiten gemacht (was die Regel ist), so dürfte dies meist für die Entscheidung zu einem rückwirkend befristeten Anerkenntnis ausreichen, denn besondere formelle Anforderungen müssen hier nicht beachtet werden. Muss allerdings uno actu entschieden werden, sind für das Anerkenntnis grundsätzlich die beruflichen Tätigkeiten in ihren Einzelheiten mit den damaligen gesundheitlichen Einschränkungen darzustellen und zusätzlich nicht nur die medizinische Gesundheitsverbesserung, sondern auch deren Auswirkungen auf die beruflichen Teiltätigkeiten, also die mittlerweile entfallenen oder zumindest verbesserten Leistungseinschränkungen. Dafür genügen jedoch kursorische Angaben zu den beruflichen Teiltätigkeiten nicht, weshalb der Versicherer den Versicherungsnehmer erneut befragen und um Nachbesserung bitten müsste. Die Praxis zeigt, dass Versicherungsnehmer so etwas häufig nicht verstehen und es als beabsichtigte Verzögerungstaktik interpretieren. Der Versicherer müsste jedoch zwingend so vorgehen, damit die Einstellungsmitteilung als Bestandteil der uno actu-Entscheidung so weit wie möglich gerichtsfest gemacht werden kann, denn ohne ausreichende Nachvollziehbarkeit droht die formelle Rechtswidrigkeit der Mitteilung – mag die Gesundung des Versicherungsnehmers objektiv auch feststehen. Folge wäre eine unwirksame Leistungseinstellung mit fortdauernder Leistungspflicht, die nur durch eine erneute gründlichere Einstellungsmitteilung beendet werden könnte, und dies auch nur mit Wirkung in die Zukunft. Der „Worst Case“ wäre hier, dass sich ein Versicherungsnehmer nach Erhalt der uno actu-Mitteilung erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist weiterer Ansprüche (drei Jahre, § 195 BGB) meldet und die formelle Rechtmäßigkeit der Einstellungsmitteilung bestreitet, keine neue Einstellungsmitteilung gefertigt werden kann, weil nicht genug Fakten vorliegen und sich jahrelang vor Gericht gestritten wird, bis schließlich rechtskräftig die formelle Rechtswidrigkeit der früheren Einstellung mangels Nachvollziehbarkeit bestätigt wird. Der Versicherer müsste hier über Jahre hinweg nachzahlen. Ein solches Szenario ist nicht nur bei der Verwertung von kursorischen Tätigkeitsangaben und Arztberichten in der Leistungsprüfung denkbar, sondern auch dann, wenn der Versicherer ein medizinisches Sachverständigengutachten einholt. Nicht jedes Gutachten verdient diese Bezeichnung wirklich, und auch für Versicherer ist es häufig ein Lotteriespiel, ob beauftragte Gutachter ein qualitativ hochwertiges, anhand der maßgeblichen Leitlinien erstelltes Gutachten abliefern. Gutachten sollen immer die Leistungs- und Funktionseinschränkungen des Versicherungsnehmers bewerten. Grundvoraussetzung dafür ist auch hier zunächst eine detaillierte Beschreibung der beruflichen Teiltätigkeiten. Fehlt es daran, nimmt der Gutachter häufig eine Art „Schuss ins Blaue“ vor, der zwar im Ergebnis durchaus richtig sein kann, aber für eine formell wirksame uno actu-Einstellungsmitteilung wegen der erforderlichen Vergleichsbetrachtung inhaltlich nicht ausreicht. Außerdem kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass im Gutachten die Auswirkungen von Gesundheitsverbesserungen auf die beruflichen Tätigkeiten nicht detailliert dargestellt werden. Auch in solchen Fällen müsste der Versicherer beim Gutachter nachhaken und um Überarbeitung des Gutachtens bitten. Eine solche Gutachtenergänzung kann in der Praxis Wochen, manchmal sogar Monate dauern, weil insbesondere erfahrene Sachverständige zeitlich sehr ausgelastet sind. Das vom BGH aufgestellte Postulat einer zwingenden uno actu-Entscheidung berücksichtigt diese praktischen Aspekte nicht und stellt ausschließlich den Versicherungsnehmer als schutzbedürftig dar. Im Besprechungsurteil heißt es dazu, der Versicherungsnehmer bedürfe des Schutzes, den ihm die in einem Nachprüfungsverfahren zu liefernde nachvollziehbare Begründung des Versicherers für das Entfallen seiner Leistungspflicht biete, und den Interessen des Versicherers werde dagegen insoweit Rechnung getragen, als beim zwischenzeitlichen Wegfall der Berufsunfähigkeit ein (unbefristetes) Anerkenntnis und eine Nachprüfungsentscheidung miteinander verbunden werden können. Das liest sich so, als könne eine Nachprüfungsentscheidung jederzeit „mal eben so“ gefertigt werden, während jedoch tatsächlich von der Rechtsprechung für die formelle Wirksamkeit hohe Hürden aufgestellt werden und sogar in Bezug auf die Details der Vergleichsbetrachtung durchaus unterschiedliche Anforderungen von Oberlandesgerichten gestellt werden (ausführlich Neuhaus, BUV, 4. Aufl. 2020, Kap. 14 Rn. 124 ff.). Eine Kombination eines Anerkenntnisses mit einer „sauberen“ Nachprüfungsentscheidung erfordert deshalb mehr Aufwand als ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis und damit in der Regel mehr Zeit, was wiederum bedeutet, dass mehr zu bezahlen ist, weil die Einstellung nach allen Versicherungsbedingungen und § 174 Abs. 2 VVG nur in die Zukunft wirkt. Kurz gesagt wird sich also in aller Regel die Leistungsprüfung zulasten des Versicherers und auch der Versichertengemeinschaft verteuern. Für eine schlanke, aber gründliche Leistungsprüfung, die letztlich beiden Parteien nützt, sollten Versicherer folgende Aspekte beachten: - •
Genaue Aufklärung der beruflichen Teiltätigkeiten, ggf. auch durch Umgestaltung von Fragebögen (Beispiel: nicht nur Abfrage eines typischen Arbeitstags, sondern von zwei typischen Wochen mit „Stundenplan“). - •
Standardisierte Abfrage, welche beruflichen Einzeltätigkeiten durch welche Gesundheitsbeeinträchtigungen eingeschränkt werden. - •
Erstellung eines Formblatts für medizinische Sachverständige mit konkreten Hinweisen dazu, dass im Fall einer Gesundheitsverbesserung eine Zweiteilung des Gutachtens erforderlich ist: früherer Gesundheitszustand zum Zeitpunkt des behaupteten Eintritts der Berufsunfähigkeit und Auswirkungen auf die beruflichen Teiltätigkeiten/aktueller Gesundheitszustand und Auswirkungen auf die beruflichen Teiltätigkeiten.
In der Praxis ergibt sich hier jedoch manchmal die seltsame Situation, dass der Versicherungsnehmer eine formell ordnungsgemäße Einstellungsmitteilung überhaupt nicht wünscht: Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Versicherer Kenntnis von einer bereits vor einiger Zeit erfolgten Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmer erhält und dann vom Versicherungsnehmer ausführliche Gesundheitsinformationen (Arztberichte etc.) erbittet, um überhaupt in die Lage versetzt zu werden, eine formell ordnungsgemäße Einstellungsmitteilung fertigen zu können; der Versicherungsnehmer hingegen äußert, er sei wegen einer Gesundheitsverbesserung aber schon lange nicht mehr beim Arzt gewesen und könne deshalb keine medizinischen Unterlagen beibringen. In einem solchen Fall ist es jedenfalls dann, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer nicht von der Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit bzw. der Gesundheitsverbesserung informiert hat, unbillig, vom Versicherer eine Vergleichsbetrachtung zu verlangen, denn er kann nichts dafür, dass ihm die Informationen fehlen. Entsprechendes gilt, wenn der Versicherungsnehmer das Procedere zur Beibringung von (vorhandenen) Informationen ablehnt, weil er sich „genervt“ oder belästigt fühlt oder selbst einräumt, ihm sei klar, dass er für den Zeitraum ab Wiederherstellung der Berufsfähigkeit keine Leistung verlangen könne. In diesen Fällen kann vom Versicherer nicht verlangt werden, eine ggf. gekünstelt umfangreiche Einstellungsmitteilung zu fertigen, so dass auch die schlichte Nachricht, dass wegen einer Gesundheitsverbesserung oder Arbeitsaufnahme die Leistungen ab einem bestimmten Zeitpunkt enden, ausreichend ist. Die Gründe, die zu dieser bewusst verkürzten Einstellungsmitteilung führen, sollten so ausführlich wie möglich dokumentiert und auch im Text des Schreibens angegeben werden. Ein Versicherungsnehmer, der sich dann später auf eine formelle Unwirksamkeit der Mitteilung beruft, würde sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen, so dass seine Argumentation wegen Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) unbeachtlich wäre. Die Entscheidung des BGH hat faktisch nicht nur Auswirkungen auf die künftige Leistungsprüfung, sondern auch auf in der Vergangenheit durch ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis entschiedene Leistungsfälle. Versicherungsnehmer mit „negativer Intelligenz“ und Kenntnis der neuen Rechtsprechung des BGH könnten auf die Idee kommen, die unterlassene Nachprüfung bzw. eine fehlende formelle Rechtmäßigkeit der in eine Nachprüfungsentscheidung umgedeuteten Befristung zu rügen. Dies betrifft seit 2019 entschiedene Leistungsfälle. Ansprüche aus davor abgeschlossenen Leistungsfällen sind seit dem 31.12.2021 verjährt (§§ 195, 199 BGB). In laufenden Gerichtsverfahren über rückwirkend befristete Anerkenntnisse empfiehlt es sich, hilfsweise eine Nachprüfungs-Einstellungsmitteilung zu erklären. Die Entscheidung des BGH betrifft nur die Situation, dass der Versicherungsnehmer den Leistungsantrag zu einem Zeitpunkt stellt, in dem die Berufsunfähigkeit noch nicht beendet ist. Ganz „tot“ ist das rückwirkende befristete Anerkenntnis deshalb noch nicht: Ob eine rückwirkende Befristung auch dann unwirksam ist, wenn der Versicherungsnehmer erst nach Ende der Berufsunfähigkeit Versicherungsleistungen beantragt und so ggf. die Leistungspflicht des Versicherers durch sein eigenes Verhalten verlängern könnte, wenn man diesen an der Notwendigkeit einer Änderungsmitteilung im Nachprüfungsverfahren festhielte, hat der BGH ausdrücklich offengelassen (vgl. auch bereits BGH, Beschl. v. 13.03.2019 - IV ZR 124/18 - VersR 2019, 1134 Rn. 20). Ist die Berufsunfähigkeit schon wieder weggefallen und meldet sich der Versicherungsnehmer erst danach, ist der vom BGH bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers nicht mehr erforderlich (Neuhaus, BUV, 4. Aufl., Kap. 12 Rn. 43). Ansonsten hätte der Versicherungsnehmer es in der Hand, dem Versicherer die Befristungsmöglichkeit zu nehmen, indem er treuwidrig bei einem sich für ihn abzeichnenden Ende der Berufsunfähigkeit die Meldung beim Versicherer so lange verzögert, bis die Berufsunfähigkeit tatsächlich entfallen ist (was sich jedenfalls dann auswirken würde, wenn die Bedingungen eine Leistung ab Eintritt der Berufsunfähigkeit und nicht erst ab Meldung vorsehen). In diesem Sinne hatten zum VVG a.F. schon OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.10.2006 - 12 U 109/06 und OLG Hamm, Urt. v. 15.12.1989 - 20 U 49/89 - VersR 1990, 731 sowie ähnlich OLG Köln, Urt. v. 18.04.2007 - 5 U 180/06 entschieden. Zu beachten ist, dass die aktuelle BGH-Entscheidung für alle Nachprüfungsverfahren (uno actu und „normale“ Nachprüfung) auch eine für Versicherer mögliche „Arbeitserleichterung“ enthält, indem – abhängig vom Einzelfall – die Vergleichsbetrachtung in der Einstellungsmitteilung durch die Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten erfolgen kann. Dazu führt der BGH aus, dass „es auch genügen (kann), dass der Versicherer dem Versicherten unverkürzt ein Gutachten zugänglich macht … und – soweit noch erforderlich – in seiner Mitteilung ergänzend aufzeigt, dass die Gegenüberstellung der Ergebnisse des Gutachtens mit den Feststellungen und Bewertungen, die der Versicherer seinem Leistungsanerkenntnis zugrunde gelegt hat, eine … maßgebliche Besserung ergeben hat.“ Die Wortwahl „soweit noch erforderlich“ macht deutlich, dass bereits der Inhalt des Gutachtens die notwendige Vergleichsbetrachtung darstellen kann. Wenn also das Gutachten bereits formell die obige Zweiteilung in die Bereiche früherer und aktueller Gesundheitszustand einschließlich Auswirkungen auf die beruflichen Teiltätigkeiten beachtet, kann die eigentliche Einstellungsmitteilung schlank ausfallen.
- E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung Im Zusammenhang mit der vom BGH diskutierten und verneinten Gefährdung des Vertragszwecks weist der Senat darauf hin, dass die Rechtsposition des Versicherungsnehmers dabei im Einzelfall dadurch geschützt wird, dass eine Befristung nur aus einem sachlichen Grund zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2019 - IV ZR 235/18 - VersR 2020, 25 Rn. 14). Die insoweit unterbliebene Diskussion der Dauer der Befristung zugunsten des Hinweises auf das Erfordernis des Sachgrundes spricht dafür, dass der BGH auch bei AVB, die nichts zur Zeitdauer regeln, längere Zeiträume als zwölf Monate für unproblematisch hält, wenn dafür ein sachlicher Grund besteht. Ohnehin ist es kaum denkbar, die Zeitdauer von dem sachlichen Grund völlig zu trennen, denn dieser wird in der Praxis immer irgendetwas damit zu tun haben, dass noch eine gewisse Zeit abgewartet werden soll. Da der Gesetzgeber keine Dauer erwähnt (auch nicht in der Begründung zum VVG), muss als Grundsatz von der beliebigen Dauer ausgegangen werden, sie hat sich aber konkret an dem erforderlichen sachlichen Grund der Befristung zu orientieren, was beispielsweise dann fraglich sein kann, wenn sich der Versicherer durch einen längeren Zeitraum bewusst einem Anerkenntnis, das sich bereits abzeichnet, entziehen will (Neuhaus, BUV, 4. Aufl., Kap. 12 Rn. 37; Neuhaus, VersR 2020, 12, 16). Die frühere Rechtsprechung zum VVG a.F., die für längere Zeiträume eine Angemessenheit verlangte (OLG Karlsruhe, Urt. v. 03.05.2005 - 12 U 326/04 - VersR 2006, 59: drei Jahre wohl zu lang), ist damit im Kern weiter anwendbar. Ein durchaus erheblicher „Sicherheitszuschlag“ ist dem Versicherer zu gewähren, damit etwaige Unwägbarkeiten abgefedert werden können (Neuhaus, VersR 2020, 12, 16). Sollte der Versicherer beispielsweise eine von Ärzten plausibel begründete Prognose für eine Gesundheitsverbesserung um mehr als das Doppelte überschreiten, wäre dies unangemessen mit der Folge, dass die gesamte Befristung unwirksam ist, weil es sich bei der Zeitdauer der Frist um einen Kernbereich der Leistungsentscheidung des Versicherers handelt.
|