- 22.12.2023
- Strafverteidiger Forum (StraFo)
Völkerstrafrecht vor deutschen Gerichten
Die Anwendung des Völkerstrafrechts vor deutschen Gerichten ist grundsätzlich zu begrüßen. Das Strafrecht sollte nicht von einer zunehmenden Globalisierung ausgenommen werden. So können Verfahren geführt werden, die ansonsten aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten am Ort des Geschehens und auch vor internationalen Gerichten nicht möglich wären. Auch kann in Deutschland gegebenenfalls eine politische Unabhängigkeit der Gerichte besser gewährleistet werden, als dies vor Ort oder auf internationaler Ebene der Fall wäre.
Gleichzeitig stellt ein völkerstrafrechtliches Verfahren vor deutschen Gerichten alle Prozessbeteiligten vor besondere Herausforderungen. Anders als in den meisten Strafverfahren geht es, in den treffenden Worten von Gerd Hankel, um einen „Teil eines größeren Gewaltgeschehens“ unter Beteiligung zahlreicher Akteure, wobei die Vorgeschichte teils Jahrzehnte zurückliegt. Auch wenn die Frage nach der individuellen Schuld der Angeklagten entscheidend ist, lässt sich eine mutmaßliche Völkerstraftat und das in ihr zum Ausdruck kommende „makrokriminelle Unrecht“ nicht losgelöst von ihrem historischen, politischen und gesellschaftlichen Kontext aufklären.
Ein Völkerstrafverfahren steht zudem unter der Beobachtung der Weltöffentlichkeit, die sich aus unterschiedlichsten Perspektiven zusammensetzt. Die Parteien des Konfliktgeschehens betrachten sich weiterhin in ihrem Handeln als legitimiert und erfahren im Land des Konflikts nicht selten weiterhin öffentliche Unterstützung. Um zur kollektiven Aufarbeitung mutmaßlicher Verbrechen beizutragen, muss ein Urteil sich gegen diese Stimmen behaupten.