• 24.05.2024
  • Strafverteidiger Forum (StraFo)

Die Versagung der Zeugenvernehmung eines Mitbeschuldigten in U-Haft durch den Verteidiger nach § 119 Abs. 2 StPO – eine meist rechtswidrige Praxis?

Das Recht zur Zeugenvernehmung im Ermittlungsverfahren steht nicht nur der Staatsanwaltschaft und dem Ermittlungsrichter, sondern auch dem Verteidiger des Beschuldigten zu. Dieses Recht ist insbesondere bei Ermittlungen gegen mehrere Beschuldigte von Bedeutung, wenn die Verfahren nach §§ 2 ff. StPO getrennt sind und sich mindestens ein Mitbeschuldigter in Untersuchungshaft befindet. Nicht selten wird dem Verteidiger des Beschuldigten dann die Vernehmung des Mitbeschuldigten als Zeuge mit der Begründung bestehender Verdunkelungsgefahr gem. § 119 Abs. 2 StPO untersagt, selbst wenn eine Zusammenführung der Beschuldigten gar nicht erstrebt ist, sondern lediglich ein Gespräch zwischen Verteidiger und Mitbeschuldigtem. Mit derartigen Begründungen sabotieren die Gerichte nicht nur eine effektive Verteidigung des Beschuldigten und wirken damit einer Waffengleichheit der Verfahrensbeteiligten entgegen, sondern unterstellen dem Strafverteidiger auch pauschal eine rechtsfeindliche Gesinnung.

Strafverteidiger Forum (StraFo)

Quelle:
Strafverteidiger Forum (StraFo)

Fundstelle:
StraFo 2024, 173-177

Autoren:
Dr. Friedrich Fülscher