juris PraxisReporte

Autor:Prof. Dr. Mark von Wietersheim, Geschäftsführer des forum vergabe e.V.
Erscheinungsdatum:16.12.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 97 GWB, § 54 BHO, § 1 BwBBG, Art 74 GG, § 6 SchwarzArbG 2004, § 184 GWB, § 163 GWB, § 176 GWB, EUV 2025/2152, EUV 2025/2150, EUV 2025/2151, EURL 24/2014, EURL 23/2014, EURL 25/2014
Fundstelle:jurisPR-VergR 12/2025 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Lutz Horn, RA
Zitiervorschlag:von Wietersheim, jurisPR-VergR 12/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Legal Update - Weiterentwicklung des Vergaberechts

A. EU-Schwellenwerte: Anpassung zum 01.01.2026

Alle zwei Jahre werden die Schwellenwerte angepasst, ab denen das EU-Vergaberecht anwendbar ist. Im Einzelnen betrifft dies die Schwellenwerte der EU-Richtlinien für klassische öffentliche Aufträge, für Aufträge aus dem Bereich der besonderen Sektoren, die Konzessionsvergaberichtlinie sowie für die Richtlinie zu Vergaben in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit. Die neuen Schwellenwerte sind gegenüber den bisher geltenden leicht verringert worden.

Die geänderten Schwellenwerte wurden am 23.10.2025 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und gelten ab dem 01.01.2026, ohne, dass es einer Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bedarf.

Im Einzelnen werden die neuen, angepassten Schwellenwerte wie folgt lauten:

Richtlinie für klassische öffentliche Auftraggeber (Richtlinie 2014/24/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2025/2152 der Kommission vom 22.10.2025):

Bauleistungen: 5.404.000 Euro (statt bisher 5.538.000 Euro)

Liefer-/Dienstleistungen:

zentrale Regierungsdienststellen: 140.000 Euro (statt bisher 143.000 Euro)
subzentrale öffentliche Auftraggeber: 216.000 Euro (statt bisher 221.000 Euro)
Sektorenrichtlinie (Richtlinie 2014/25/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2025/2150 der Kommission vom 22.10.2025):

Bauleistungen: 5.404.000 Euro (statt bisher 5.538.000 Euro)

Liefer-/Dienstleistungen: 432.000 Euro (statt bisher 443.000 Euro)

Konzessionsrichtlinie (Richtlinie 2014/23/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2025/2151 der Kommission vom 22.10.2025): 5.404.000 Euro (statt bisher 5.538.000 Euro).

Die EU-Kommission hat außerdem eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie die EU-Schwellenwerte für Länder, die nicht den Euro als Währung haben, zusammenfasst (Gegenwerte der Schwellenwerte der Richtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für die Jahre 2026-2027 vom 23.10.2025).

Für den Bereich der Vergabe von Verteidigung und Sicherheit steht die Veröffentlichung noch aus, diese Schwellenwerte entsprechen aber den oben genannten für Sektorenauftraggeber.

B. Stand Vergabebeschleunigungsgesetz

Der Entwurf der Bundesregierung für ein Vergabebeschleunigungsgesetz wurde im Bundesrat behandelt, der Bundesrat hat am 26.09.2025 eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben (BR-Drs. 38/25 (B)). Seit dem 01.10.2025 hat der Entwurf den Bundestag erreicht, begleitet von einer Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates vor (vgl. BT-Drs. 21/1934).

Die Stellungnahme des Bundesrats und die Diskussion betreffen nicht zuletzt die Flexibilisierung des Losgrundsatzes und den vorgesehene Wegfall der aufschiebenden Wirkung zulasten der vor der Vergabekammer erfolglosen Antragsteller.

Zu § 97 Abs. 4 Sätze 3 bis 6 GWB hatte der Bundesrat vorgeschlagen, den derzeitigen § 97 Abs. 4 GWB um den Ausnahmetatbestand „zeitliche Gründe“ zu erweitern und statt des Merkmals „Erfordern“ auf ein „Rechtfertigen“ abzuschwächen. Diesem Vorschlag stimmte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung nicht zu. Regelungsvorschläge, die eine Ausweitung über die vorgesehenen Ausnahmen für das Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sowie den Bereich „Verteidigung und Sicherheit“ der allgemeinen Ausnahmetatbestände vom Losgrundsatz in § 97 Abs. 4 Satz 3 GWB vorsehen, würden aus Sicht der Bundesregierung dem vergaberechtlichen Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe nicht gerecht und somit aus mittelstandspolitischen Gründen abgelehnt.

Der Bundesrat hat einen neuen § 97 Abs. 4a GWB-E vorgeschlagen, der regeln soll, dass bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge für Einrichtungen des Zivilschutzes, des Katastrophen- und des Brandschutzes nicht die Regeln des § 97 Abs. 4 GWB zur Losvergabe gelten, sondern erleichterte Regelungen für militärische Aufträge entsprechende Anwendung finden. Diesem Vorschlag schließt sich die Bundesregierung nicht an.

Die deutliche Kritik des Bundesrates an der Verkürzung des Rechtsschutzes unterlegener Bieter weist die Bundesregierung mit der Begründung zurück, sie habe bereits alle Regelungen – auch mit Blick auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht – sorgfältig abgewogen. Anpassungsbedarf sieht sie nicht. Der Bundesrat hatte mehrere vorgesehene Änderungen als gravierende Einschränkungen des effektiven Primärrechtschutzes bewertet.

Als Alternative zum ausnahmslosen Entfall der aufschiebenden Wirkung einer sofortigen Beschwerde des vor der Vergabekammer erfolglosen Bieters hatte der Bundesrat vorgeschlagen, dem zuständigen Vergabesenat zwar eine Verlängerungsmöglichkeit hinsichtlich der aufschiebenden Wirkung zu belassen, die aber eindeutiger als bisher den gewünschten Ausnahmecharakter gewährleiste.

Die Bundesregierung hat die Vorschläge des Bundesrats abgelehnt. Zu effizienteren und beschleunigten Nachprüfungsverfahren gehöre, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, auch der Wegfall der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde.

Der Entfall der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde betreffe nur Fälle, in denen bereits die spezialisierten, gerichtsähnlich ausgestalteten Vergabekammern geprüft und das Vorbringen abgelehnt hätten. Der nach wie vor offenstehende Sekundärrechtsschutz biete – auch angesichts der weiten Auslegung durch den EuGH – hinreichenden Schutz für die unterlegenen Auftragnehmer, sollte das Oberlandesgericht anders entscheiden.

Der Entwurf für ein Vergabebeschleunigungsgesetz wird derzeit von den zuständigen Bundestagsausschüssen – federführend ist der Ausschuss für Wirtschaft und Energie, mitberatend sind der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Verteidigungsausschuss, der Verkehrsausschuss, der Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung, der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen sowie der Haushaltsausschuss tätig – beraten. Der Wirtschaftsausschuss hat am 10.11.2025 eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

C. Stand BwPBBG

Der Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr (BwPBBG) hatte zuletzt als BT-Drs. 21/1931, den Bundestag erreicht und ist an die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. Zuvor hatte der Bundesrat seine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben (BR-Drs. 432/25(B)).

Inzwischen liegt eine Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates vor.

In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat gebeten, die vergaberechtlichen Erleichterungen des Gesetzentwurfes über die Planung und Beschaffung für die Bundeswehr hinaus auf öffentliche Aufträge von Bund, Ländern und Kommunen für Zwecke der zivilen Verteidigung auszuweiten. Dies gelte insbesondere für den weiteren Ressourcenausbau im Bevölkerungsschutz und auch für Zivilschutzzwecke. Darauf entgegnet die Bundesregierung, sie habe den Zivilschutz bereits im Kontext des Vergabebeschleunigungsgesetzentwurfes mit ins Auge gefasst. So sei u.a. geplant, die erhöhten Direktauftragswertgrenzen wie für die Bundeswehr auch für die Zivilschutzbehörden anzuwenden. Zudem seien im Entwurf des Vergabebeschleunigungsgesetzes auch zahlreiche Erleichterungen für verteidigungs- und sicherheitsspezifische Aufträge geplant. Eine Aufnahme der Zivilschutzbehörden und -einrichtungen in das BwPBBG-E werde hingegen abgelehnt, weil das Gesetz auf die Bedarfe der Bundeswehr konzentriert sei.

Der Bundesrat hatte ferner darauf hingewiesen, dass einige Aspekte, wie die Abweichung von der Losvergabe oder die Ausweitung der Möglichkeiten zur Direktvergabe, die Beteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen, Start-ups sowie von Quereinsteigern im Verteidigungssektor erschweren. Dies gelte umso mehr, da der vorliegende Gesetzentwurf sich auf sämtliche Bedarfe der Bundeswehr erstrecke. Wettbewerbs- und vergaberechtliche Ausnahmen sollten mit Augenmaß angewendet werden, um KMU und Quereinsteiger im Verteidigungssektor nicht übermäßig zu benachteiligen. Die Bundesregierung sieht in ihrer Gegenäußerung die Beteiligung kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie von Start-ups und quereinsteigenden Unternehmen im Verteidigungssektor im Entwurf des BwPBBG hinreichend berücksichtigt. So werde etwa die Ausnahme vom Losgrundsatz zeitlich gegenüber dem sonstigen Gesetz beschränkt und damit der Abwägung zwischen beschleunigtem, unbürokratischem Hochlauf und wettbewerblichen Aspekten Rechnung getragen.

Der Bundesrat hatte zudem gebeten, eine Änderung von § 54 Abs. 3 Satz 1 BHO dahin gehend zu prüfen, ob der dort genannte Schwellenwert zumindest inflationsbedingt angepasst werden könne. Gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 BHO sind Verträge über Beschaffungsmaßnahmen und Entwicklungsvorhaben sowie Betreiberverträge, die im Geschäftsbereich des BMVg mit einem Schwellenwert von über 25 Mio. Euro geschlossen werden sollen, dem Haushaltsausschuss des Bundestags zur Billigung vorzulegen. Bis zur Billigung sind diese Verträge schwebend unwirksam. Nach Ansicht des Bundesrates müssten ohne eine Anpassung des Schwellenwertes künftig nahezu alle Beschaffungen das parlamentarische Verfahren durchlaufen, mit entsprechenden zeitlichen Implikationen. Die Bundesregierung ist der Ansicht, eine Reform des Vorlageverfahrens könne nur vom Parlament initiiert werden. Allerdings weist auch sie auf die erheblich gestiegene Anzahl der sog. 25 Mio. Euro-Vorlagen über die letzten Legislaturperioden, den hohen Bürokratieaufwand für jede einzelne Vorlage sowie darauf hin, dass die Wertgrenze im Jahr 2025 inflationsbereinigt bei rund 65 Mio. Euro liegen würde. Im Jahr 2024 hätten durch eine Wertgrenze bei 100 Mio. Euro rund 27% der 25 Mio. Euro-Vorlagen und bei einer Wertgrenze von 250 Mio. Euro rund 58% der 25 Mio. Euro-Vorlagen eingespart werden können.

Darüber hinaus regt der Bundesrat eine Ausweitung des Anwendungsbereiches des Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetzes in § 1 Abs. 1 BwBBG an. Ergänzt werden müssten Vorhaben im Zusammenhang mit verteidigungsrelevanter Infrastruktur, z.B. Straßenbauvorhaben, die einen Neubau oder eine Ertüchtigung im Hinblick auf die Nutzbarkeit durch militärische Fahrzeuge beinhalten, sowie Aufträge zur Deckung der Bedarfe der Nachrichtendienste des Bundes und der Länder. Dem erteilt die Bundesregierung eine Absage. Das BwPBBG sei ganz auf die Bedarfe der Bundeswehr konzentriert. Zwar sei auch weitere Infrastruktur für die Bundeswehr und verbündete Streitkräfte von besonderer Bedeutung. Entsprechende Leistungsgegenstände und Regelungen ließen sich jedoch kaum abgrenzen, der Anwendungsbereich des Gesetzes würde unscharf.

Der Entwurf für ein BwPBBG wird derzeit von den zuständigen Bundestagsausschüssen – federführend ist der Ausschuss für Wirtschaft und Energie, mitberatend sind der Verteidigungsausschuss sowie der Haushaltsausschuss tätig – beraten. Der Wirtschaftsausschuss hat am 10.11.2025 eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

D. Stand Bundestariftreuegesetz

Zu dem Entwurf der Bundesregierung für ein „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung von Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes – Tariftreuegesetz“ hat der Bundesrat eine Stellungnahme beschlossen (BR-Drs. 381/25 (B)).

Der Gesetzentwurf ist anschließend im Bundestag angekommen (vgl. BT-Drs. 21/1941 vom 01.10.2025). Die erste Lesung fand am 10.10.2025 statt. Der Entwurf wurde an die Ausschüsse überwiesen, die Federführung übernimmt der Ausschuss für Arbeit und Soziales.

In seiner Stellungnahme bittet der Bundesrat darum, im Gesetzestext klarzustellen, dass auf die in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 Tariftreuegesetz aufgeführten Auftraggeber das Tariftreuegesetz nicht anwendbar sein soll, falls die aufgeführten Auftraggeber ihrerseits als Bieter oder Auftragnehmer bei einer Vergabe eines Landes oder einer Kommune auftreten und während der Laufzeit eines solchen öffentlichen Auftrags eine Untervergabe an Nachunternehmen nach den einschlägigen Landesgesetzen mit eigenen Tariftreueregelungen erfolgt.

Ferner möchte der Bundesrat eine Klarstellung erreichen, dass für individuelle Ansprüche auf verbindliche Arbeitsbedingungen gemäß § 4 Tariftreuegesetz nach den Tariftreuegesetzen der Länder keine abschließende Regelung durch den Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und 12 GG) vorgenommen worden ist.

Darüber hinaus bittet der Bundesrat, eine Stärkung des Ermessens für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Entscheidung über Rechtsverordnungen auf Gewährung von verbindlichen Arbeitsbedingungen bei sich überschneidenden Geltungsbereichen der Tarifverträge zu prüfen. Dabei solle geprüft werden, ob insbesondere die §§ 5 Abs. 6 und 7 Abs. 1 Tariftreuegesetz nicht als Kann-Vorschrift auszugestalten seien.

Mit einer vorgeschlagenen Ergänzung in § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 15 SchwarzArbG möchte der Bundesrat klargestellt wissen, dass die Unterrichtungspflicht der Behörden der Zollverwaltung an die jeweils zuständigen Stellen bei Anhaltspunkten für Verstöße gegen die Vergabe- und Tariftreuegesetze der Länder auch Verstöße gegen die in den Ländern oftmals in untergesetzlichen Regelungen festgesetzten Mindestarbeitsbedingungen umfasst.

E. DVA: Erhöhung der Wertgrenzen in der VOB/A

In seiner Sitzung am 08./09.10.2025 hat der Hauptausschuss Allgemeines des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (HAA-DVA) beschlossen, die Wertgrenzen ab 01.01.2026 wie folgt anzuheben:

Direktaufträge auf 50.000 Euro netto (§ 3a Abs. 4 Satz 1 VOB/A)
Freihändige Vergaben auf 100.000 Euro netto (§ 3a Abs. 3 Satz 2 VOB/A)
Beschränkte Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb auf 150.000 Euro netto (§ 3a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A)

Die differenzierende Dreiteilung der Wertgrenzen für unterschiedliche Gewerke für die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb in § 3a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A wird gestrichen.

Die anschließende obligatorische Mitgliederbefragung wurde am 30.10.2025 beendet. Anschließend folgt Mitte November 2025 ggf. eine Bereinigungssitzung des HAA, bevor der Vorstand des DVA in seiner kommenden Sitzung am 19.11.2025 die Veröffentlichung der geänderten Fassung des § 3a VOB/A im Bundesanzeiger beschließen soll.

Die Änderungen sollen per Erlass ab dem 01.01.2026 in Kraft gesetzt werden.

F. Vergabestatistik: Bericht für das Gesamtjahr 2022

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat den Vergabestatistikbericht für das Jahr 2022 (Stand März 2025) herausgegeben. Damit liegen nun Berichte für die Jahre 2021 und 2022 vor.

Der Bericht über das Jahr 2022 liefert Angaben zum Beschaffungsvolumen von Bund, Ländern und Kommunen sowie dessen Verteilung auf Liefer-, Dienst- und Bauleistungsaufträge und gibt Aufschluss darüber, in welchen Bereichen z.B. Nachhaltigkeitskriterien bei den Vergabeverfahren eine Rolle spielen oder in welchem Umfang öffentliche Aufträge an kleine und mittlere Unternehmen erteilt werden.

Die Meldepflicht nach der VergStatVO umfasst öffentliche Aufträge von öffentlichen Auftraggebern mit einem Auftragswert über 25.000 Euro ohne Umsatzsteuer sowie öffentliche Aufträge/Konzessionen von Konzessions- und Sektorenauftraggebern oberhalb der zum Vergabe- und Meldezeitpunkt gültigen EU-Schwellenwerte. Freiwillige Meldungen können im Bereich von 1.001 bis 25.000 Euro abgegeben werden.

Die aggregierten Ergebnisse stehen auch über die GENESIS-Online-Datenbank https://www-genesis.destatis.de/datenbank/online (Suchbegriff: Vergabestatistik oder „79994“) zur Verfügung.

Insgesamt hätten über 5.700 Berichtsstellen Datenmeldungen zu knapp 190.000 Vergabefällen geliefert. Gegenüber dem Bericht von 2021 gibt es einige Konstanten, auch wenn Interpretationen weiterhin zurückhaltend erfolgen sollten: Danach werden die meisten Aufträge auf kommunaler Ebene und unterhalb der EU-Schwellenwerte vergeben. Großvolumige Aufträge entfallen eher auf Bund und Länder. Die Bieter kommen überwiegend aus dem Inland. Am häufigsten werden Bauleistungen beauftragt. Viele Vergabeverfahren verlaufen wettbewerblich, d.h. es gehen mehrere Angebote ein. Die Mittelstandsbeteiligung ist weiterhin hoch, die Berücksichtigung nachhaltiger Kriterien immer noch sehr zurückhaltend.

Gegliedert ist der Bericht erneut in die neun inhaltlichen Kapitel:

Überblick: Öffentlicher Einkauf in Deutschland
Öffentliche Aufträge und Konzessionen ab Erreichen der EU-Schwellenwerte (Oberschwelle)
Öffentliche Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwelle)
Öffentliche Aufträge und Konzessionen in den Ländern und Kommunen
Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an Vergabeverfahren
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in der öffentlichen Auftragsvergabe
Zuschlagskriterien in Vergabeverfahren
Auftragnehmer mit Sitz außerhalb Deutschlands
Die häufigsten Auftragsgegenstände.

Für die Interpretation der Daten weist das BMWK einschränkend darauf hin, dass die Daten des Berichtsjahres 2022 weiterhin einer gewissen grundlegenden Unsicherheit unterlägen und die Meldungen nach wie vor teilweise einer Nachbearbeitung bedürften. Zudem seien im Berichtszeitraum noch nicht alle Vergabestellen Deutschlands über Berichtsstellen registriert gewesen. Anhand der nach wie vor noch eingehenden Rückfragen und Unsicherheiten der Berichtsstellen zeige sich, dass weiterhin die Meldepraxis noch nicht überall etabliert sei. Pro Monat registrierten sich ca. 50 neue Berichtsstellen bei der Vergabestatistik. Von 10.207 registrierten Berichtsstellen hätten im Berichtsjahr 2022 insgesamt 5.758 Berichtsstellen Daten gemeldet. Zu berücksichtigen sei ferner, dass nicht alle Angaben – so z.B. für Unterschwellenvergaben – meldepflichtig seien.

Hinzu komme eine im Betrachtungszeitraum noch uneinheitliche Qualität der Daten – insbesondere mit Blick auf Vollzähligkeit und Vollständigkeit der Meldungen. Die im Bericht veröffentlichten Daten bildeten daher noch kein vollständiges Bild aller Vergaben in Deutschland ab.

Das 1. Kapitel gibt einen Überblick über die wesentlichen Kennzahlen des öffentlichen Einkaufs in Deutschland. Für das Jahr 2022 seien insgesamt 188.916 Vergaben (Ober- und Unterschwelle) (gegenüber rund 182.000 im Jahr 2021) mit einem Auftragsvolumen von 131,6 Mrd. Euro (gegenüber knapp 104 Mrd. Euro im Jahr 2021) gemeldet worden. Damit sei der Zuwachs beim Auftragsvolumen (knapp 27%) gegenüber dem Berichtsjahr 2021 deutlich höher als der Zuwachs bei der Anzahl der gemeldeten Vergaben (plus 3,8%). Grund seien deutlich mehr Großaufträge (mehr als 100 Mio. Euro) in 2022 (98 Großaufträge mit 46,5 Mrd. Euro) als in 2021 (67 Großaufträge mit 30,1 Mrd. Euro).

Anzahlmäßig erfolgten die meisten Vergaben durch öffentliche Auftraggeber bei den Kommunen (rd. 51%; 2021: 52%), gefolgt von den Ländern (rd. 30%; 2021: 27%) und dem Bund (rd. 12%; 2021: 11%). Der Rest (knapp 8%; 2021: 10%) stamme von sonstigen Auftraggebern. Bauaufträge hätten mit knapp 49% den größten prozentualen Anteil. Allerdings seien im Baubereich überproportional häufig Einzellose als eigene Vergaben gemeldet worden. Dienstleistungs- und Lieferaufträge machten jeweils rund ein Viertel der Gesamtvergaben aus.

Das Auftragsvolumen sei über die Ebenen hinweg relativ gleichmäßig verteilt. Jeweils etwa 31 bis 38 Mrd. Euro entfielen auf die Auftraggeber der Landes-, Kommunal- oder der Bundesebene, die restlichen 21% (knapp 28 Mrd. Euro) auf sonstige Auftraggeber. Die großvolumigen Aufträge seien erneut insbesondere auf Bundesebene (33 Aufträge mit Auftragswerten über 100 Mio. Euro, mit insgesamt rund 17 Mrd. Euro), z.T. auch auf Landesebene (23 Aufträge mit Auftragswerten über 100 Mio. Euro, d.h. 7,4 Mrd. Euro) vergeben worden. Am Auftragsvolumen hätten die Dienstleistungen mit knapp 49 Mrd. Euro (2021: 28 Mrd. Euro) den größten Anteil, gefolgt von Lieferaufträgen mit ca. 41 Mrd. Euro und Bauaufträgen mit ca. 40 Mrd. Euro. Auf Dienstleistungskonzessionen entfielen ca. 1,3 Mrd. Euro des Gesamtauftragsvolumens.

Nahezu unverändert gegenüber 2021 seien zahlenmäßig rd. 88% der Aufträge unterschwellig vergeben worden. Dagegen seien gut drei Viertel des Gesamtauftragsvolumens und damit ca. 100 Mrd. Euro im Berichtszeitraum in oberschwellige Aufträge geflossen.

Im Berichtszeitraum sei in etwa 20-27% keine Angabe zur Anzahl der Angebote gemacht worden. Hierbei sei zu beachten, dass bei der Meldung von Vergaben im Unterschwellenbereich (ca. 88% der Gesamtmeldung) die Angabe, wie viele Angebote zugrunde lagen, optional sei. Dies mindere die Aussagekraft der verfügbaren Daten.

Im Vergleich zu 2021 sei im Berichtsjahr 2022 etwas häufiger eine geringere Anzahl an Angeboten je Vergabeverfahren eingegangen. Bei den Ländern, Kommunen und sonstigen Auftraggebern nähmen „4 oder mehr Angebote“ je Vergabeverfahren ab, mit Tendenz eher zu „2-3 Angeboten“. Auf Ebene des Bundes sowie bei sonstigen Auftraggebern sei „ein Angebot“ am häufigsten angegeben worden. Gründe für das Vorliegen nur eines Angebotes könnten durchaus in Besonderheiten des jeweiligen Vergabeverfahrens liegen, beispielsweise in Fällen, in denen der Anbietermarkt aufgrund des Auftragsgegenstandes sehr eingeschränkt sei.

22.099 öffentliche Aufträge und Konzessionen im Bereich oberhalb der EU-Schwellenwerte (Oberschwelle) seien mit einem Auftragsvolumen von insgesamt 100,3 Mrd. Euro gemeldet worden, wie aus Kapitel 2 hervorgeht. Dabei vereinten Bund und Länder mit jeweils rund 25% etwa die Hälfte aller Vergaben auf sich, die Kommunen knapp 34% der Aufträge und sonstige Auftraggeber rd. 13% (2021: 16%).

Mit Blick auf das Auftragsvolumen entfalle der größte Anteil auf den Bund mit ca. 34,4 Mrd. Euro, gefolgt von den sonstigen Auftraggebern mit etwa 25,5 Mrd. Euro, der Landesebene mit rund 21,9 Mrd. Euro und den Kommunen mit rund 18,5 Mrd. Euro. Der deutliche Zuwachs des Auftragsvolumens auf Bundesebene sei auf die Vergabe von Einzelaufträgen mit sehr großen Volumina zurückzuführen.

Erneut lägen Dienstleistungsaufträge bei der Anzahl der Vergaben (ca. 58%) und beim Auftragsvolumen (ca. 45%) vorn. Bei über 12.800 Vergaben seien mehr als 45,4 Mrd. Euro investiert worden. Lieferaufträge hätten ein Gesamtauftragsvolumen von etwa 39,1 Mrd. Euro (inklusive Großaufträge) erreicht, die die annähernde Verdopplung des Auftragsvolumens der Lieferaufträge im Vergleich zu 2021 erklären. 785 Vergaben (Gesamtmaßnahmen) hätten Bauaufträge mit einem Auftragsvolumen von knapp 14,4 Mrd. Euro betroffen.

In über 63% aller Fälle (2021: 70%) seien mindestens zwei Angebote abgegeben worden, bei knapp 32% (2021: 40%) sogar vier oder mehr. Bei gut einem Drittel (2021: 28%) habe hingegen nur ein Angebot vorgelegen. Dies könne an verfahrens- oder sachbezogenen Gründen liegen. Zu einer möglicherweise vermehrten Nutzung von Dringlichkeitsvergaben ließen sich keine Aussagen treffen. Auf kommunaler Ebene seien bei gut 69% aller Vergaben zwei oder mehr Angebote abgegeben worden; bei knapp 36% der Vergaben vier Angebote oder mehr. Auch hier sei gegenüber dem Berichtsjahr 2021 ein Rückgang in der Angebotsvielfalt zu beobachten.

Für 2022 seien insgesamt 166.817 unterschwellige öffentliche Aufträge mit einem Auftragsvolumen von 31,4 Mrd. Euro gemeldet worden, vgl. Kapitel 3 „Öffentliche Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte (Unterschwelle)“. Damit kämen unterschwellige Vergaben wie auch in 2021 häufiger vor, verfügten aber naturgemäß über jeweils deutlich kleinere Auftragsvolumina. Wie bereits 2021, seien die meisten Aufträge von Kommunen vergeben worden (88.552, d.h. über 50%) mit einem Auftragsvolumen von rund 16,2 Mrd. Euro (ebenfalls über 50%). Auf die Landesebene entfielen wie im Vorjahr je 30% auf Anzahl und Gesamtauftragsvolumen, auf die Bundesebene erneut rund 10 bis 11% der Gesamtvergaben bzw. des -auftragsvolumens. Sonstige Auftraggeber hätten einen Anteil von rund 7% bei Anzahl und Auftragsvolumen (2021: jeweils um 10%).

In der Unterschwelle überwögen bei den Leistungsarten erneut deutlich die Bauaufträge mit 91.045 Vergaben (über 50%) mit einem Auftragsvolumen von gut 25,6 Mrd. Euro (82%). Durch die teilweise Durchführung und Meldung einzelner Lose als eigenständiger Auftrag stelle sich die Anzahl an Aufträgen jedoch zumindest in Teilen als überhöht dar. 41.621 Dienstleistungsaufträge (etwa 25% aller Unterschwellenvergaben) hätten ein Auftragsvolumen von knapp 3,4 Mrd. Euro (ca. 11% des Auftragsvolumens der Unterschwelle). 34.151 Lieferaufträge (etwa 20% aller Unterschwellenvergaben) hätten ein Auftragsvolumen von rund 2,3 Mrd. Euro (ca. 8% des Auftragsvolumens der Unterschwelle). Der starke Anstieg des Gesamtauftragsvolumens in der Unterschwelle, ein Plus von fast 15% gegenüber 2021, sei mit dem Anstieg des durchschnittlichen Auftragswertes für Bauaufträge in der Unterschwelle zu begründen. Die Aussagekraft der Daten sei jedoch stark eingeschränkt, weil 26% aller Meldungen aufgrund der Freiwilligkeit die Anzahl nicht angegeben hätten. Mit der gebotenen Zurückhaltung lasse sich ableiten, dass auch im Unterschwellenbereich am häufigsten zwei oder mehr Angebote eingegangen seien (insg. rund 50% aller Vergaben; bei rund 22% „vier oder mehr“ Angebote). In gut 23% der Vergaben (2021: 16%) habe nur ein Angebot vorgelegen.

Das 4. Kapitel befasst sich mit „öffentlichen Aufträgen und Konzessionen in den Ländern und Kommunen“. Deren Gesamtzahl belaufe sich auf 152.024 mit einem Auftragsvolumen von 66 Mrd. Euro. Die „vergabestärksten“ Auftraggeber stammten erneut aus den Flächenländern Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Auf Landesebene entfielen auf diese vier Bundesländer fast die Hälfte aller Vergaben und auf Kommunalebene sogar knapp zwei Drittel. Bei den Stadtstaaten stammten die meisten Aufträge wie im Vorjahr aus Berlin.

Im 5. Kapitel wird die Beteiligung von KMU an öffentlichen Aufträgen und Konzessionen dargestellt. Die Daten ließen weiterhin auf eine ausgeprägte Mittelstandsfreundlichkeit der Vergabepraxis in Deutschland schließen. In gut 123.069 Vergaben (von insgesamt knapp 189.000), d.h. bei 65,3% aller Vergaben, sei der Zuschlag an ein KMU gegangen. Das Gesamtauftragsvolumen betrage ca. 45,5 Mrd. Euro, d.h. rd. 36%. Die Werte seien gegenüber 2021 insgesamt vergleichbar. Auffällig sei ein Zuwachs des Auftragsvolumens auf Landesebene von über einem Drittel, das an zwei Großaufträgen liege.

Besonders häufig hätten Kommunen öffentliche Aufträge und Konzessionen an KMU vergeben, sowohl bei der Anzahl der Vergaben (rd. 56%) als auch beim Auftragsvolumen (rd. 42%). Auf die Landesebene entfielen knapp 30% aller an KMU vergebenen Aufträge und ca. ein Drittel des an KMU vergebenen Auftragsvolumens, auf den Bund etwa 9% aller an KMU vergebenen Aufträge mit etwa 15% des Auftragsvolumens. 6% der Vergaben und ca. 10% des an KMU vergebenen Auftragsvolumens hätten sonstige Auftragnehmer vergeben.

Auf Bauaufträge entfalle rund 35% aller gemeldeten KMU-Vergaben mit knapp 18% des gemeldeten Gesamtauftragsvolumens. Es folgten Dienstleistungsaufträge mit fast 19% der Gesamtzahl und knapp 14% des Gesamtauftragsvolumens. Gut 11% aller Vergaben seien Lieferaufträge mit ca. 5% des Gesamtauftragsvolumens.

Innerhalb der Vergaben an KMU-Auftragnehmer entfalle wiederum der mengenmäßig größte Anteil mit etwa 54% auf Bauaufträge, mit gut 28% auf Dienstleistungsaufträge und mit ca. 17% auf Lieferaufträge.

Von insgesamt knapp 92.000 Bauaufträgen in 2022 gingen mit knapp 67.000 sogar über 70% an KMU mit einem Auftragsvolumen von etwa 56%. Gegenüber 2021 sei dies ein Anstieg beim Auftragsvolumen mit KMU von knapp 17%. Bei Lieferaufträgen hätten KMU-Vergaben einen Anteil von ca. 50% an der Gesamtvergabezahl und von ca. 16% am Auftragsvolumen. Im Vergleich zum Vorjahr habe sich das Auftragsvolumen damit um fast 20% verringert. Bei Dienstleistungsaufträgen betrage der Anteil von KMU-Vergaben an der Gesamtvergabezahl knapp 65% mit ca. 38% des Gesamtauftragswerts, was gegenüber 2021 um 15% angestiegen sei.

Der Bund habe im Oberschwellenbereich ca. 38% aller Aufträge (2.085 von 5.464) an KMU vergeben, im Unterschwellenbereich ca. 55% (9.039 von 16.377). Die Länder hätten im Oberschwellenbereich mit 2.994 Vergaben die Hälfte der Aufträge an KMU vergeben (von insgesamt 6.052), im Unterschwellenbereich mit 32.090 Aufträgen (von 49.966) sogar rund 64%. Auf der Kommunalebene seien bei Oberschwellenvergaben ca. 56% (4.195 von 7.406) an KMU und fast drei Viertel (rd. 73%) der Unterschwellenvergaben an KMU vergeben worden (64.680 von 88.551). Bei den sonstigen Auftraggebern seien sowohl bei ober- als auch bei unterschwelligen Aufträgen gut 42% an KMU vergeben worden.

Die „Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in der öffentlichen Auftragsvergabe“ sei laut dem 6. Kapitel vergleichbar mit dem Vorjahr. So seien Nachhaltigkeitskriterien bei 24.107, d.h. in 12,8% aller gemeldeten Aufträge berücksichtigt worden. Dies bleibe weiterhin deutlich hinter den Möglichkeiten der strategischen Beschaffung zurück.

Die meisten nachhaltigen Vergaben fänden mit ca. 19% auf Landesebene statt. Bund, Kommunen und sonstige Auftraggeber kämen auf je ca. 10%. Beim Auftragsvolumen seien 2022 Bund und sonstige Auftraggeber am stärksten mit einem Anteil je über bzw. rund 30%. Im Berichtszeitraum belaufe sich der Landesanteil auf gut 20%. Kommunal betrage der Auftragswertanteil nachhaltiger Vergaben gut 11%.

Mit rund 11.500 Vergaben bzw. knapp 48% an allen Vergaben mit Nachhaltigkeitskriterien seien Nachhaltigkeitskriterien erneut bei Bauaufträgen am häufigsten berücksichtigt worden, gefolgt von 7.113 Dienstleistungsaufträgen und 5.500 Lieferaufträgen. Dies entspreche je rund 30 bzw. 23% aller Vergaben mit Nachhaltigkeitskriterien.

Während im Jahr 2021 Dienstleistungen beim Auftragsvolumen vorn lagen, entfalle 2022 der größte Anteil mit rund 16,5 Mrd. Euro / über 50% auf Lieferleistungen. In Dienstleistungsaufträge und -konzessionen mit Nachhaltigkeitskriterien seien ca. 9,4 Mrd. Euro investiert worden (ca. 30%), in entsprechende Bauaufträge etwa 5,6 Mrd. Euro (knapp 18%).

Bei den Oberschwellenvergaben seien bei ca. 22.100 Vergaben / in rund 83% der Fälle keine Nachhaltigkeitskriterien zugrunde gelegt worden. Deren Berücksichtigung in der Oberschwellenvergabe bleibe damit weiterhin deutlich hinter den Möglichkeiten zurück.

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien erfolge den Daten zufolge bezogen auf die Anzahl der Aufträge vornehmlich in der Leistungsbeschreibung (knapp 10%), gefolgt von den Ausführungsbedingungen (knapp 6%) und der Eignung und dem Zuschlag (jeweils rund 5 bzw. 4%). Am häufigsten seien umweltbezogene Kriterien berücksichtigt worden, am seltensten innovative Kriterien.

Von den 166.817 Vergaben im Unterschwellenbereich seien in fast 88% aller Fälle keine Nachhaltigkeitskriterien gemeldet worden. Deren Berücksichtigung bleibe damit auch hier noch deutlich hinter den Möglichkeiten der strategischen öffentlichen Beschaffung zurück. Auch hier seien am häufigsten umweltbezogene Kriterien berücksichtigt worden, am seltensten innovative Kriterien.

Das 7. Kapitel geht darauf ein, welche „Zuschlagskriterien in Vergabeverfahren“ herangezogen wurden. Zu berücksichtigen sei, dass mit 27% besonders häufig das Auswahlfeld „keine Angabe“ gewählt oder auf die Antwort verzichtet worden und die Aussagekraft hier stark eingeschränkt sei. Wie auch 2021 sei in fast 61% aller Fälle nur der Preis Zuschlagskriterium gewesen. Er sei erneut von allen Auftraggebern (Bund, Länder, Kommunen, sonstige Auftraggeber) am häufigsten als Zuschlagskriterium gemeldet worden. In etwa 11% der Vergaben seien preisliche und qualitative Kriterien kombiniert worden.

Im Oberschwellenbereich sei der Preis in ca. der Hälfte der Fälle als Zuschlagskriterium angelegt gewesen. Auch preisliche und qualitative Kriterien in Kombination seien mit ca. 41% häufig gemeldet worden. Im Unterschwellenbereich sei der Preis als Zuschlagskriterium bei ca. 62% der Vergaben und bei rund 70% in Bezug auf das Gesamtauftragsvolumen zugrunde gelegt worden.

Das 8. Kapitel „Auftragnehmer mit Sitz außerhalb Deutschlands“ stellt dar, an wie vielen öffentlichen Aufträgen und Konzessionen ausländische Unternehmen beteiligt waren und in welchen Staaten sie ihren Sitz haben. Es wird u.a. angegeben, dass europäische Unternehmen bei 8.147 Vergaben insgesamt 23.014 Angebote abgegeben und 1.711-mal den Zuschlag erhalten hätten.

Etwa 90% der Aufträge und Konzessionen im Oberschwellenbereich und gut 63% im Unterschwellenbereich seien innerhalb Deutschlands vergeben worden, an Auftragnehmer eines anderen EU-Mitgliedstaats oder eines Drittstaats jeweils nur einige hundert. Internationale Vergaben seien also rein mengenmäßig wie im Vorjahr auch nur in sehr geringem Maße erfolgt. Dabei sei in rund 35% der Vergaben im Unterschwellenbereich keine Angabe zum Herkunftsland der Auftragnehmer getroffen worden, was die Aussagekraft der Zahlen relativiere. Angebote aus der EU seien dabei vornehmlich auf Landes- und kommunaler Ebene abgegeben worden. Zu den Auftragnehmern mit Sitz im Ausland seien keine statistisch belastbaren Aussagen möglich.

2.893 Vergaben für ca. 4,5 Mrd. Euro seien an Auftragnehmer mit Sitz im Ausland vergeben worden. Mit Blick auf das Auftragsvolumen habe sich der Wert im Vergleich zu 2021 damit mehr als verdoppelt, sei jedoch stark von großvolumigen Einzelvergaben beeinflusst. Mit der gebotenen Zurückhaltung lasse sich jedoch konstatieren, dass europäische Herkunftsländer stärker vertreten seien als außereuropäische Herkunftsländer. Dabei hätten Auftragnehmer aus Österreich, Spanien und den Niederlanden in Bezug auf das Auftragsvolumen am erfolgreichsten auf deutsche Aufträge geboten. In Bezug auf die Anzahl seien Österreich und die Niederlande ebenfalls mit am häufigsten vertreten (wiederum Österreich auf Platz 1 und die Niederlande auf Platz 3). Den 2. Platz belegten erneut die Vereinigten Staaten.

Gegenstand des 9. Kapitels sind „Die häufigsten Auftragsgegenstände“. Bei Betrachtung der besonders häufig angegebenen Produkt- bzw. Leistungsbereiche dominierten erneut Bauleistungen mit 103.011 Nennungen, gefolgt von Planungsleistungen mit gut 22.014 Nennungen. Weitere häufig genannte Bereiche, z.B. Transport, Labor, Abwasser und Abfall, aber auch IT-Leistungen und Dienstleistungen für Unternehmen wie bspw. Consulting (Unternehmensdienstleistungen) seien häufig genannt worden. Gegenüber dem Vorjahr sei das Ranking im Wesentlichen stabil geblieben.

G. Statistische Meldungen der Nachprüfungsinstanzen

Die Vergabekammern und OLG-Vergabesenate haben auch für 2024 die statistischen Meldungen nach § 184 GWB abgegeben, die vom Bundeswirtschaftsministerium zusammengefasst veröffentlicht wurden. Auf der Seite des forum vergabe e.V. werden sowohl die Tabellen des BMWE als auch eine vom forum vergabe e.V. erstellte und jährlich fortgeschriebene Tabelle veröffentlicht.

Mit 756 Eingängen sind bei den Vergabekammern weniger Anträge als im Vorjahr und nur knapp über dem (von 1999 abgesehen) historisch niedrigsten Wert von 2022 mit 702 eingegangen. Die Zahl der Erledigungen liegt mit 768 über den Eingängen.

In nur 3% der Fälle wurden die Anträge nach § 163 Abs. 2 GWB nicht zugestellt, der niedrigste bisher ermittelte Wert.

Mit 647 Verlängerungen wurde bezogen auf alle Nachprüfungsverfahren in 85,6% aller Verfahren eine Verlängerung beschlossen, der bisher höchste Wert. Allerdings ist dieser Wert trügerisch, denn allein die VK Berlin B1 hat bei 91 Verfahrenseingängen 288 Entscheidungen über Verfahrensverlängerungen gemeldet. Hier ist offensichtlich eine besondere Situation zu berücksichtigen: Die beiden VK Berlin hatten in 2024 insgesamt 105 Eingänge, davon die VK B1 91, deutlich mehr als im Vorjahr 2023, in dem von beiden Kammern nur 40 gemeldet wurden. Nimmt man die VK Berlin B1 aus der Berechnung heraus, verbleibt mit 359 Verlängerungsentscheidungen, bezogen auf 665 Verfahren bei den anderen Vergabekammern, ein Wert von 54%, der sogar unter dem Vorjahreswert von 57% liegen würde.

Beim Verfahrensausgang wurde in 58,1% der Antrag zurückgenommen oder zugunsten des Auftraggebers entschieden, was sehr genau im langjährigen Mittel von 58,01% liegt. Der seit einigen Jahren zu beobachtende Trend zu „sonstigen Erledigungen“ hat sich fortgesetzt, dieser ist seit 2019 beginnend bei 21,6% fast durchgängig angestiegen und liegt 2024 bei 30,6%.

Bei den Oberlandesgerichten sind insgesamt 122 Beschwerden eingegangen, nur wenig mehr als auf dem auch insoweit in 2023 liegenden historischen Tiefstwert mit 110 (wieder von 1999 abgesehen) und weit entfernt vom langfristigen Mittel von 187,2 Beschwerden. Es wurden etwas mehr Verfahren beendet als eingegangen sind, insgesamt 128.

Die meisten Beschwerden wurden von den Antragstellern eingereicht, 90,2%, deutlich über dem langjährigen Mittel von 70,83% und der höchste bisher gemeldete Wert.

Auch bei den überwiegend oder ganz erfolgreichen Beschwerden wurde ein Höchstwert erreicht, mit 33,6% bei einem langjährigen Mittel von 23,77%. Im Zusammenspiel mit der hohen Zahl von Beschwerden, die Antragsteller eingereicht haben, waren die Rechtsmittel der Antragsteller also in erheblicher Zahl erfolgreich.

Vergleiche, die seit Jahren eine untergeordnete Rolle spielen, wurden im Jahr 2024 nicht erfasst.

Vorlagen zum BGH oder EuGH gab es durch die OLG-Vergabesenate im Jahr 2024 nicht.

Es ist auch für die mit den Werten für das Jahr 2024 fortgeschriebene Statistik darauf hinzuweisen, dass diese Schwächen enthält. So haben die Vergabekammern seit 1999 insgesamt 24.689 Nachprüfungsanträge gemeldet, aber nur 23.476 Erledigungen. Bei den Oberlandesgerichten ist die absolute Differenz geringer, bei 4.868 Beschwerden seit 1999 wurden 4.274 Erledigungen gemeldet.

Nicht aus sich heraus nachvollziehbar ist bei der Meldung des BayObLG für 2024, dass ein Antrag nach § 176 GWB zurückgewiesen wurde, da weder für 2023 noch für 2024 die Stellung eines solchen Antrags gemeldet wurde.

Soweit vorstehend das langjährige Mittel angesprochen ist, bezieht sich dies auf die vom forum vergabe ermittelten Durchschnittswerte der Jahre 1999 bis 2024.

H. EU-Richtlinien: Evaluation

Die Europäische Kommission hat am 14.10.2025 das Ergebnis der Evaluation der drei Vergaberichtlinien Richtlinie 2014/24/EU, Richtlinie 2014/23/EU und Richtlinie 2014/25/EU veröffentlicht (Dokument SWD(2025) 332 final vom 14.10.2025). Über Eur-Lex ist eine deutschsprachige Zusammenfassung als Dokument „SWD(2025) 333 final“ zu finden.

Die Kommission sieht in der Bewertung einen ersten Schritt zur Überarbeitung der Vergaberichtlinien. Die Bewertung beruht auf einer Mehrzahl von Instrumenten und Informationen, die in Anlage II dargestellt sind, u.a. auf einem Bericht der Weltbank, Auswertungen in TED und den Ergebnissen mehrerer Konsultationen.

Der Bericht hat einen Umfang von gut 290 Seiten, wobei der Textteil etwa 65 Seiten umfasst. In den Anlagen finden sich neben der genannten Darstellung der angewandten Methodik (Anhang II) z.B. auch eine Übersicht über bezifferte Kosten und Vorteile von Vergabeverfahren für Auftraggeber, Wirtschaftsteilnehmer, Verwaltungen der Mitgliedstaaten sowie der EU-Bürger (Anhang IV) sowie eine Zusammenstellung der zu den Richtlinien ergangenen EuGH-Entscheidungen (Anhang VII).

In ihren Schlussfolgerungen stellt die Kommission fest, dass die Richtlinien ihre angestrebten Ziele teilweise erreicht haben.

Insbesondere wurde festgestellt, dass die Richtlinien von 2014 nicht zu mehr Rechtsklarheit geführt hätten, angesprochen wird beispielsweise die vereinfachte Regelung zum Anwendungsbereich. In Bezug auf Konzessionen habe sich jedoch die Rechtssicherheit erhöht. Die neu eingeführten Verfahrensarten hätten nicht zu der erwarteten Flexibilität geführt. Dies habe die Fähigkeit, sich an unvorhersehbare Situationen anzupassen oder die besten Ergebnisse für öffentliche Aufträge auszuhandeln, nicht erhöht. Auch die Zunahme von sektorspezifischen Beschaffungsbestimmungen in andere EU-Rechtsvorschriften führt zu mehr Komplexität.

Die Richtlinien hätten sich teilweise als wirksam erwiesen, den Wettbewerb zu erhöhen. Zwar sei die durchschnittliche Anzahl der Angebote von mehr als fünf auf über drei zurückgegangen. Die Nutzung offener Verfahren stieg jedoch und die Lieferantenbasis blieb diversifiziert. Insbesondere KMU hätten einen besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen erhalten.

Die grenzüberschreitende Beteiligung in Bezug auf den Marktanteil blieb relativ stabil. Es werden zwar weniger als 5% der Aufträge direkt an Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern vergeben, die indirekte grenzüberschreitende Beschaffung liegt aber bei etwa 2%.

Auch hinsichtlich der Förderung strategischer öffentlicher Beschaffung (umweltfreundlich, sozial, innovativ) waren die Richtlinien nach den Feststellungen der Kommission teilweise wirksam. Die uneinheitliche Umsetzung in der EU wird als ein Schwachpunkt genannt.

Bezogen auf die Gesamteffizienz kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Verwaltungskosten im Vergleich zum Zeitraum vor der Reform gesunken sind, von ca. 1,4% des Auftragswerts auf 0,9%.

Die Bewertung bestätigt in der Zusammenfassung der Kommission, dass die mit den Richtlinien verfolgten Ziele nach wie vor von großer Relevanz sind, insbesondere angesichts der heutigen Herausforderungen im Bereich der Wettbewerbsfähigkeit.

Nach den Feststellungen der Kommission in der abschließenden Zusammenfassung deuten die Erkenntnisse darauf hin, dass der derzeitige Rahmen für das öffentliche Beschaffungswesen nicht flexibel, kohärent und strategisch ausgerichtet genug ist, um sowohl auf aktuelle als auch auf neue Herausforderungen wirksam reagieren zu können.

In diesem Zusammenhang ist auch auf eine Äußerung der Kommissionspräsidentin Frau von der Leyen hinzuweisen. Nach der letzten Sitzung des Europäischen Rates kündigte sie an, dass beabsichtigt sei, in einigen strategischen Sektoren ein „Made in Europe“-Kriterium für die öffentliche Auftragsvergabe einzuführen.

I. EP: Entschließung zum Vergaberecht

Das Europäische Parlament hat am 09.09.2025 eine Entschließung zum Vergaberecht beschlossen (Entschließung des Europäischen Parlaments vom 09.09.2025 zum öffentlichen Auftragswesen (2024/2103(INI)).

In der Entschließung legt das Europäische Parlament seine Erwartungen an eine Reform des Vergaberechts dar. Dies erfolgt in einer großen Anzahl von Erwägungen (von A bis AL) und weiteren 92 Punkten, im englischen Original umfasst der Beschluss 27 Seiten.

Die Entschließungen enthalten durchgängig grundsätzliche Feststellungen, die sich teils ergänzen und überschneiden.

Wiederholt angesprochen werden die Einschränkungen der öffentlichen Auftraggeber durch insgesamt unverhältnismäßige Verwaltungslasten (z.B. in EW B sowie Ziff. 4, 17). Im Erwägungsgrund B wird darauf hingewiesen, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die größten Investoren und Auftraggeber in der EU sind, aber durch komplexe rechtliche Anforderungen, aber auch einem anhaltenden Mangel an finanziellen Mitteln, an qualifiziertem Personal und an technischem Fachwissen herausgefordert sind. Betont wird die Bedeutung von Vereinfachung und Standardisierung, um eine größere Einheitlichkeit der Vergabeverfahren zu erreichen und so den Verwaltungsaufwand zu verringern. Dies könne erheblich zur Verwaltungseffizienz und zur Senkung von Transaktionskosten beitragen (Ziff. 52).

Das Europäische Parlament betont mehrfach die vorzugswürdige Vergabe an das wirtschaftlich günstigste Angebot anstelle an das billigste Angebot (most economically advantageous tender - MEAT – z.B. in EW E sowie Ziff. 19, 26, 38). Dies führe zu suboptimalen langfristigen Ergebnissen, die nicht im Einklang mit den Interessen der Bürger stehen. Dieses Vorgehen könne auch unlauteren Wettbewerb begünstigen und zulasten von Qualität, Nachhaltigkeit und sozialen Standards gehen. Das EP spricht an, dass trotz der Reform von 2014 in zehn Mitgliedstaaten mehr als 80% der Aufträge allein nach dem Preis vergeben werden. Dies führt das Europäische Parlament auch auf unzureichende Schulungen sowie unzureichende finanzielle und personelle Ressourcen zurück.

In EW N wird die Freiheit der öffentlichen Auftraggeber angesprochen, den Beschaffungsgegenstand zu bestimmen.

Das EP sieht es als erstrebenswert an, dass die Möglichkeit besteht, Angebote, bei denen die Wertschöpfung zu erheblichen Teilen in der EU erfolgt (z.B. in EW P sowie Ziff. 7), oder lokale Angebote (Ziff. 60) zu bevorzugen.

Die Digitalisierung soll genutzt werden, um den Verwaltungsaufwand zu verringern, die Effizienz und die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, die Transparenz zu erhöhen und den Zugang für KMU und grenzüberschreitende Bieter zu verringern (z.B. in EW AE sowie Ziff. 30, 76).

Aber auch die Vorteile von Schulung und Professionalisierung (Ziff. 37, 89) und Standardisierung (Ziff. 52) sowie die Risiken von Korruption (Ziff. 39) werden angesprochen.

Das EP ist dabei grundsätzlich offen in der zukünftigen Rechtsform und fordert die Kommission auf, das am besten geeignete Rechtsinstrument zu prüfen, also die Form von Richtlinie oder Verordnung (Ziff. 9).

Das EP fordert die Kommission auf, die Möglichkeit einer Aktualisierung der Schwellenwerte auf internationaler Ebene zu prüfen (Ziff. 22).

Vereinzelt stellt das EP konkret Verfahren wie die Innovationspartnerschaft (Ziff. 23) oder die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (Ziff. 31) infrage. Vergleichsweise konkret sind auch die Forderungen nach der Möglichkeit, geringfügige Unregelmäßigkeiten in Angeboten bereinigen zu können (Ziff. 26), nach einer digitalen Datenbank mit qualifizierten KMU und kleineren Akteuren auf EU-Ebene (Ziff. 78) oder die Verlängerung der Laufzeit von Rahmenverträgen (Ziff. 87). Auch durch die Aufteilung von Aufträgen in kleinere Lose sollen KMU unterstützt werden können (Ziff. 79), dem dient auch der Vorschlag von Direktzahlungen an Nachunternehmer (Ziff. 91).

J. Konsultation zur Vergaberechtsreform

Die Europäische Kommission hat eine Konsultation eröffnet, um Beiträge und Belege für die Überarbeitung der EU-Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen zu sammeln. Die Initiative zielt darauf ab, die Vergaberegeln zu modernisieren und zu vereinfachen und sie an die strategischen Prioritäten der EU, darunter strategische Autonomie und Nachhaltigkeit, anzupassen.

Die Kommission bittet Interessengruppen, darunter Behörden, Unternehmen, Zivilgesellschaft, Sozialpartner und Wissenschaft, um Beiträge dazu, wie die EU-Vergabevorschriften verbessert werden können. Auf dem Portal „Have Your Say“ steht ein öffentlicher Fragebogen zur Verfügung, der sowohl allgemeine als auch technische Aspekte abdeckt, sowie ein Aufruf zur Einreichung von Daten, Studien und anderen Arten von Belegen.

Die Konsultation läuft bis zum 26.01.2026, und alle gesammelten Rückmeldungen werden nach Ankündigung der Kommission in die Ausarbeitung eines für das zweite Quartal 2026 angekündigten Legislativvorschlags einfließen.

K. Foreign Subsidies Regulation – Konsultation

Die Europäische Kommission hat am 12.08.2025 eine umfangreiche Konsultation zur Evaluierung der Verordnung über drittstaatliche Subventionen (Foreign Subsidies Regulation – FSR) – oft auch als Foreign Subsidies Instrument (FSI) bezeichnet – eröffnet. Die Frist zur Beteiligung endete am 18.11.2025.

Ziel der FSR ist es, die Berücksichtigung von drittstaatlichen Subventionen u.a. bei der Durchführung von Vergabeverfahren zu ermöglichen. Auf dieser Grundlage gab es bereits erste Überprüfungen.

Nach Art. 52 Abs. 2 FSR muss die Kommission ihre Praxis zur Durchführung und Durchsetzung der Verordnung über drittstaatliche Subventionen bis zum 13.07.2026 und danach alle drei Jahre überprüfen. Damit verbunden ist eine Pflicht, dem Europäischem Rat und Europäischem Parlament einen entsprechenden Bericht zu übergeben. In diesem Bericht soll es insbesondere um die in Art. 52 Abs. 2 FSR genannten Aspekte gehen, dies sind:

die Feststellung von Verzerrungen im Binnenmarkt gemäß Art. 4 FSR;
die Kategorien von drittstaatlichen Subventionen, bei denen mit größter Wahrscheinlichkeit eine Verzerrung des Binnenmarkts stattfindet, vgl. Art. 5 FSR;
die Anwendung der Abwägungsprüfung nach Art. 6 FSR;
die Durchsetzung der Prüfung drittstaatlicher Subventionen von Amts wegen gemäß Art. 9 FSR;
die Schwellenwerte für die Anmeldung von Zusammenschlüssen gemäß Art. 20 FSR und die Schwellenwerte für die Meldung im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren gemäß Art. 28 Abs. 1, 2 FSR.

L. Beschaffung von Medizinprodukten: Kommission schränkt chinesische Beteiligung ein

Die Europäische Kommission hat beschlossen, bei öffentlichen Aufträgen chinesische Unternehmen von den Käufen von Medizinprodukten ab einem Wert von mehr als 5 Mio. Euro auszuschließen. Dies ist Gegenstand der Durchführungsverordnung (EU) 2025/1197 der Kommission vom 19.06.2025, ABl. L vom 20.06.2025.

Der Schritt der Kommission folgt den Schlussfolgerungen der ersten Untersuchung im Rahmen des Internationalen Beschaffungsinstruments (IPI). Damit dürfen für erfolgreiche Angebots nicht mehr als 50% der Leistungen aus China stammen.

Die Kommission sieht dies als verhältnismäßige Konsequenz der Diskriminierung von EU-Unternehmen und in der EU hergestellten Medizinprodukten. Diese haben nach den Feststellungen der Kommission in China nicht die gleichen Marktchancen wie chinesische Unternehmen und Produkte. Ziel der Maßnahme ist es, diese Diskriminierung zu beenden.

Die Einschränkungen sollen sicherstellen, dass alle notwendigen Medizinprodukte für das Gesundheitssystem der EU zur Verfügung stehen. Ausnahmen von den Beschränkungen sind zulässig, wo es keine alternativen Anbieter gibt. Die Maßnahmen stehen nach Einschätzung der Kommission im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der EU, auch im Rahmen der WTO, da die EU gegenüber China keine verbindlichen Beschaffungsverpflichtungen eingegangen ist.

Nach einem Bericht der Kommission aus dem Jahr 2025 waren 87% der öffentlichen Aufträge für Medizinprodukte in China Gegenstand von ausschließenden und diskriminierenden Maßnahmen und Praktiken gegenüber in der EU hergestellten Medizinprodukten und Lieferanten aus der EU. Der Bericht war das Ergebnis der ersten Untersuchung der Kommission im Rahmen der IPI-Verordnung.

Die Kommission hat diese Frage nach ihrer Mitteilung erfolglos wiederholt bei den chinesischen Behörden zur Sprache gebracht und nach einer konstruktiven und fairen Lösung gesucht, die EU-Unternehmen einen vergleichbaren Zugang zum chinesischen Markt bieten, wie ihn chinesische Unternehmen in der EU genießen.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://tinyurl.com/dx5229bh, zuletzt abgerufen am 08.12.2025.

M. Studie zur Umsetzung der sozial verantwortlichen öffentlichen Vergabe in der EU

Am 26.03.2025 hat die Kommission eine in ihrem Auftrag erstellte Studie zur Umsetzung der sozial verantwortlichen öffentlichen Vergabe (SRPP) veröffentlicht. Der genaue Titel der nur in englischer Sprache vorgelegten Ausarbeitung lautet: „Wie man sozial verantwortliche öffentliche Beschaffung umsetzt – Ein wirkungsorientierter Rahmen mit Indikatoren und praktischen Beispielen“. Die rund 50 Seiten umfassende Studie wurde im Auftrag der Kommission von der Organisation „Lokale Verwaltungen für Nachhaltigkeit“ (ICLEI Europe) und PWC-EU Services erstellt. Vorsorglich verweist die Kommission darauf, dass die Studie zwar im Auftrag der Kommission erstellt wurde, die Ausführungen der von den externen Partnern erstellten Studie die Kommission allerdings nicht binden.

Die Ausarbeitung enthält eine Analyse einer Reihe von Stichproben öffentlicher Vergabeverfahren in der gesamten EU anhand von Indikatoren zur Messung der sozialen Auswirkungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Untersucht wurden insgesamt 75 Vergabeverfahren in der gesamten EU. In der Studie werden unter anderem auch „Best-Practice-Verfahren“ genannt und gemeinsame Erfolgsfaktoren sowie Herausforderungen im Zusammenhang mit der Messung der sozialen Auswirkungen im öffentlichen Beschaffungswesen identifiziert. Auf Basis der Ergebnisse der Untersuchung werden ferner Empfehlungen für eine EU-weite Einführung gegeben, womit den Mitgliedstaaten dabei geholfen werden soll, soziale Erwägungen besser in ihre Beschaffungspraxis zu integrieren.

Das primäre Ziel der Studie ist, einen umfassenden Rahmen für die Messung der sozialen Auswirkungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu entwickeln und zu bewerten. Die Studie umfasst die Analyse der Vergabepraktiken in der gesamten EU anhand des vorgeschlagenen Rahmens.

Die Ausarbeitung beinhaltet vor allem vier Hauptfallgruppen bzw. Hauptindikatoren zu SRPP in Anlehnung an Ausführungen in den bereits existierenden Guidelines der Kommission zu „Buying Social“ von 2021. Danach werden folgende Hauptindikatoren unterschieden:

(1) Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten und sozialer Inklusion,

(2) Unterstützung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen einschließlich fairer Löhne, unter anderem auch unter Berücksichtigung der Vorgaben von Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO),

(3) Unterstützung von Zugänglichkeit („Accessibility“) und „Design for all“ sowie

(4) Förderung von nachhaltigen Praktiken, z.B. unter Berücksichtigung der Richtlinie zu Corporate Sustainability Due Diligence (CSDDD) sowie der Fairness in der Lieferkette und des Verbots der Zwangsarbeit.

Im Rahmen der Studie wird ermittelt, dass die darin vorgenommene Prüfung von Vergabeverfahren in allen Mitgliedstaaten der EU große Unterschiede hinsichtlich der Anwendung und der Wirksamkeit des Einsatzes von SRPP offenbart. In der Prüfung hätten sich Trends, Stärken und Schwächen und damit auch Bereiche für Verbesserungen gezeigt. Insofern wird zwischen verschiedenen Graden der Wirksamkeit unterschieden, die von „nicht wirksam“, „gering wirksam“, „mittelmäßig wirksam“ und „hoch wirksam“ bis hin zu „transformativ“ reichen. Dabei habe sich gezeigt, dass bei den meisten untersuchten Vergabeverfahren hinsichtlich des Einsatzes von SRPP nur eine niedrige Wirksamkeit (31 von 75 Verfahren) oder eine mittelmäßige Wirksamkeit (28 von 75) ermittelt worden sei. Nur wenige Verfahren hätten eine „hohe Wirksamkeit“ (10 von 75) oder die höchste Bewertung „transformativ“ (nur 4 von 75) erkennen lassen.

Unter allen untersuchten Vergabeverfahren hätten die Vergaben auf nationaler Ebene (24 Verfahren) eine nur geringe Wirksamkeit im Hinblick auf soziale Auswirkungen erwiesen: Die meisten davon (11 von 24) hätten nur eine „geringe Wirksamkeit“ erkennen lassen und nur ein Verfahren habe die Bewertung „transformativ“ erreicht. Vergabeverfahren auf regionaler Ebene – mit einer allerdings nur geringen Anzahl (11 von 75 untersuchten Vergaben) – hätten eine eher ausgeglichene Wirksamkeit gezeigt. Bei den lokalen Vergaben (40 von 75 untersuchten Vergaben) habe sich zumeist eine Einstufung von „mittelmäßiger Wirkung“ (18 von 40 Vergaben) bzw. „geringer Wirkung“ (15 von 40 Vergaben) gezeigt. Insgesamt lassen diese Ergebnisse erkennen, dass die Wirksamkeit von SRPP in den untersuchten Vergabeverfahren überwiegend wohl nur gering oder mittelmäßig eingestuft werden kann. Dementsprechend wird ausgeführt, dass auf allen Ebenen noch Potenzial für eine höhere Wirksamkeit durch verstärkte Verpflichtungen und strategische Anstrengungen hinsichtlich SRPP zu erkennen sei.

Im Übrigen sei ein gewisser Trend zur Integration der Vorgaben von umweltorientierten und sozialen Aspekten zu erkennen. Das lege den Schluss nahe, dass offenbar von einem eher gesamtheitlichen Ansatz der Anwendung beider Aspekte der Nachhaltigkeit auszugehen sei. Allerdings bestehe immer noch erheblicher Raum für Verbesserungen hinsichtlich einer konsistenten Anwendung von sozialen Kriterien im öffentlichen Auftragswesen.

Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass die Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe für soziale Ziele zu „transformativen gesellschaftlichen Vorteilen“ führen kann. Das gilt z.B. für die Förderung von Beschäftigung, sozialer Inklusion, menschenwürdigen Arbeitsbedingungen, Zugänglichkeit und Nachhaltigkeit. In der Studie wird ein analytischer Rahmen zur Messung der sozialen Auswirkungen im öffentlichen Auftragswesen entwickelt.

Auf der Basis der Ergebnisse der Untersuchungen werden in der Studie folgende Empfehlungen gegeben:

Verfolgung eines ganzheitlichen Ansatzes: Damit sollten alle Ansätze von SRPP integriert werden, um die „soziale Wirksamkeit“ zu stärken. Insoweit sollten klare und eindeutige soziale Ziele vorgegeben werden. Außerdem sollte die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen, Auftragnehmern und der Zivilgesellschaft verbessert werden, um Praktiken in der gesamten EU zu standardisieren.
Umformung der öffentlichen Auftragsvergabe im Hinblick auf soziale Verbesserung: Insoweit werden strategische Politiken empfohlen, die die Bedeutung sozialer Aspekte im Hinblick auf alle Vergabeformen hervorheben. Dabei sollten besonders wirksame und transformative Verfahren priorisiert werden. Insofern sollten Strategien zur Stärkung besonders wirksamer Verfahren für eine nachhaltige soziale Verbesserung geschaffen werden.
EU-weite Standardisierung von „Best Practices“ bezüglich SRPP: Es wird empfohlen, einheitliche Standards im Hinblick auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen, Zugänglichkeit, Nachhaltigkeit und soziale Folgenabschätzung anzusetzen; Standardisierung erleichtere auch die Einhaltung der Vorgaben und das Monitoring.
Implementierung umfassender Mechanismen für Monitoring und Berichtswesen:

Insoweit sollten Lücken hinsichtlich der Annahme von SRPP mit detaillierten Protokollen für Audits, Überprüfungen und für das Berichtswesen thematisiert werden.

Auftragnehmer sollten aufgefordert werden, regelmäßig aktualisierte Mitteilungen zur Einhaltung von sozialen und Umweltstandards unter Nutzung einer nationalen, zentralisierten Datenbank für ein entsprechendes „Tracking“ und Transparenz vorzulegen.

Adressierung kritischer Lücken bezüglich der Verfügbarkeit von Daten und Transparenz:

Die Verfügbarkeit von Daten und Transparenz in der Vergabe-Dokumentation des europäischen elektronischen Ausschreibungsjournals TED (Tenders Electronic Daily) sollte verbessert werden. Ferner wird die Einführung von Protokollen für regelmäßige Audits und unabhängige Prüfungen zur Stärkung der Verantwortlichkeit und der Transparenz empfohlen.

Ausdehnung und Stärkung der Nutzung eines Rahmens zur Messung der sozialen Wirkungen: Es wird empfohlen, einen analytischen Rahmen zur Messung sozialer Wirkungen im öffentlichen Auftragswesen zu entwickeln und in der Praxis einzusetzen. Ferner wird geraten, Vorlagen für ein Reporting, Checklisten für Compliance und Protokolle für Fortschrittsberichte zu schaffen. Zudem sollten die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten erleichtert und „Awareness-Kampagnen“ zu Bedeutung und Vorteilen des erwähnten Rahmens gestartet werden.

Mit den vorgenannten Empfehlungen soll darauf abgezielt werden, das öffentliche Auftragswesen EU-weit in ein „kraftvolles Werkzeug“ zur Förderung sozialer Gerechtigkeit ebenso wie auch umweltorientierter Nachhaltigkeit und ökonomischer Widerstandfähigkeit zu verwandeln. Öffentliche Stellen sollen mittels der Studie dabei unterstützt werden, Auftragsvergaben für eine bessere Erreichung sozialer Ziele zu nutzen und so zu mehr Nachhaltigkeit und Inklusion beizutragen.

N. Bericht des Europäischen Rechnungshofes für 2024

Der Europäische Rechnungshof hat seinen Jahresbericht zu den Ausgaben aus dem EU-Haushalt in 2024 vorgelegt.

Die Prüfer haben mit dem Bericht im sechsten Jahr in Folge ein „versagtes“ Prüfungsurteil zu den Ausgaben der EU abgegeben. Auch dieses Mal war die geschätzte Gesamtfehlerquote erneut in erster Linie auf fehlerhafte Zahlungen bei den Ausgaben der EU-Kohäsionspolitik zurückzuführen. In diesem Bereich lag die Fehlerquote 2024 bei 5,7% (2023: 9,3%). Am häufigsten hängen Fehler innerhalb des EU-Haushalts nach wie vor mit nicht förderfähigen Projekten und Kosten sowie mit Verstößen gegen die Vergabevorschriften bei öffentlichen Aufträgen zusammen.

Die Prüfer weisen in ihrem Bericht auch auf die Risiken hin, die sich aus der zunehmenden Belastung durch die Verschuldung und deren Auswirkungen auf künftige Haushalte und den Handlungsspielraum der EU ergeben.

Die Änderung der Direktauftragswertgrenze erfolgt vor dem Hintergrund des Auslaufens der befristeten Erhöhung der Wertgrenzen im 1. Abschnitt der VOB/A am 31.12.2025 und des Inkrafttretens des Vergabebeschleunigungsgesetzes voraussichtlich zum 01.04.2026. In diesem Zuge hatte das Bundeswirtschaftsministerium bereits die Anhebung der Wertgrenzen für Direktaufträge im Liefer- und Dienstleistungsbereich auf 50.000 Euro auf den Weg gebracht. Der Baubereich vollzieht die Anhebung nach. Infolgedessen waren auch die Wertgrenzen für Freihändige Vergaben und Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb anzupassen.


Immer auf dem aktuellen Rechtsstand sein!

IHRE VORTEILE:

  • Unverzichtbare Literatur, Rechtsprechung und Vorschriften
  • Alle Rechtsinformationen sind untereinander intelligent vernetzt
  • Deutliche Zeitersparnis dank der juris Wissensmanagement-Technologie
  • Online-First-Konzept

Testen Sie das juris Portal 30 Tage kostenfrei!

Produkt auswählen

Sie benötigen Unterstützung?
Mit unserem kostenfreien Online-Beratungstool finden Sie das passende Produkt!